Die Frage lautet also: Was wollen wir erreichen, wenn der Kunde sich mehrere Angebote einholt? Wir wollen erreichen, dass der Kunde die Angebote inhaltlich genau vergleicht und nicht nur auf den Preis schaut. Vielleicht befürchten wir auch, dass ein Wettbewerber nicht alles oder unfair anbietet und wir somit mit unserem Angebot preislich deutlich höher liegen werden. Die Lösung hierfür lautet „vorgezogene Verunsicherung“.
Vorgezogen deshalb, weil die Verunsicherung als Werkzeug häufig erst in der Angebotsverfolgung eingesetzt wird. Vorgezogen Verunsichern bedeutet, dem Kunden zu verdeutlichen, dass es in Ihrer Branche Unterschiede geben kann, was Qualität, Ausstattung, Leistungsfähigkeit und Ähnliches anbelangt. Wenn Sie das schaffen, erhöhen Sie die Chance, dass Ihr Kunde die Angebote inhaltlich genauer vergleicht oder Ihnen im besten Fall die Möglichkeit gibt, die Angebote gemeinsam zu vergleichen.
Bei der vorgezogenen Verunsicherung gibt es einen Punkt, der in Bezug auf die konkrete Formulierung besonders wichtig ist. So macht es einen Unterschied, ob ich es mit einem Kunden zu tun habe, der etwas zum ersten Mal kauft oder vielmehr einen Kunden, der sich bereits sehr gut auskennt. Die folgenden Formulierungen habe ich in vielen Branchen getestet, sie funktionieren hervorragend.
Kunde: „Gut, dann schicken Sie mir ein Angebot über die besprochenen Produkte! Ich weise Sie der Fairness halber noch darauf hin, daß ich mir noch weitere Angebote von zwei Wettbewerbern einholen werde.“
Verkäufer: „Das kann ich gut verstehen Herr Kunde, es geht ja immerhin um eine größere Investition. „Herr Kunde, ich bitte Sie nur zu berücksichtigen und genau darauf zu achten, dass es gerade im Bereich... zum Teil erhebliche Unterschiede geben kann was die... und die... anbelangt.“
Diese erste Reaktion ist absolut professionell, da Sie damit klar zum Ausdruck bringen, dass Sie Vergleiche mit dem Wettbewerb in keiner Weise fürchten. Ersetzen Sie einfach die Pünktchen durch Ihr Produkt und die entsprechenden Kriterien und Sie haben eine Formulierung die in der Praxis sehr gut funktioniert. Wichtig ist, dass diese Aussage nicht in einem belehrendem Tonfall kommt, sondern eher beiläufig informativ.
Ich verspreche Ihnen keine Wunder, aber Sie können sicher sein, dass Ihr Kunde, so gebrieft, die Angebote wesentlich kritischer vergleichen wird. Er wird auch eventuelle hohe Preisunterschiede besser zu gewichten wissen und Ihnen eher die Chance geben in einem weiteren Gespräch die Preisunterschiede zu relativieren. Diese Formulierung können Sie allerdings nur bei Kunden anwenden, die nicht über umfangreiches Fachwissen oder Erfahrungen im Einkauf Ihrer Produkte und Dienstleistungen verfügen.
Bei einem echten Profi müssten Sie folgende Reaktion befürchten: „Ich arbeitet seit 10 Jahren in dieser Branche, wollen Sie mir unterstellen, dass ich inkompetent bin?!“ Wenn Sie es mit einem Kunden zu tun haben, der über Ihren Produktbereich bereits informiert ist, müssen Sie die Verunsicherung natürlich etwas anders formulieren. Formulieren Sie die Verunsicherung so, dass Ihnen sonnenklar ist, dass Ihr Kunde weiß, dass es Unterschiede bei verschiedenen Kriterien geben kann, und Sie dies ja eigentlich gar nicht erwähnen müssten.
Kunde: „Gut, dann schicken Sie mir ein Angebot über die besprochenen Produkte! Ich weise Sie der Fairness halber noch darauf hin, dass ich mir noch weitere Angebote einholen werde.“
Verkäufer: „Das kann ich gut verstehen Herr Kunde, es geht ja immerhin um eine größere Investition.“ Und ganz beiläufig: „Sie wissen ja selbst, daß es gerade im Bereich... zum Teil erhebliche Unterschiede geben kann was die... und die... anbelangt.“
Kunde: „Ja, das weiß ich.“
Mit diesem kleinen Zusatz verhindern Sie, dass der Kunde Ihre Verunsicherung als Belehrung empfindet. Natürlich spricht der Kunde nicht immer offen aus, dass er sich noch weitere Angebote einholen wird. Wenn es in Ihrer Branche in 99,9% der Fälle allerdings üblich sein, dass weitere Angebote eingeholt werden, dann und nur dann können Sie die vorgezogene Verunsicherung installieren, auch wenn der Kunde es nicht von allein anspricht. Sie signalisieren damit Ihrem Kunden, dass Sie Wettbewerbsangebote nicht „fürchten“ und selbstbewusst zu Ihrem Angebot stehen.
Verkäufer: „Ich kann mir vorstellen, dass Sie bei diesem Investitionsumfang noch weitere Angebote einholen werden?!“
Kunde: Ja, das werde ich in jedem Fall tun!
Verkäufer: „Wie ja selbst sicherlich wissen, kann es im Bereich... zum Teil erhebliche Unterschiede geben.“
Probieren Sie diese Vorgehensweise bei Ihren nächsten Vorangebotsgesprächen einmal aus. Sie verbessern damit Ihre Chancen erheblich. Zum einen wird die Reaktion: „Sie sind zu teuer!“ in der weiteren Angebotsverfolgung häufiger weniger massiv kommen, zum anderen werden Sie öfter die Chance bekommen Ihren Preis richtig zu erklären und eventuelle Preisdifferenzen zu relativieren. Die vorgezogene Verunsicherung ist eines der wichtigen Werkzeuge von überdurchschnittlich erfolgreichen Verkäufern.
Kunde verweigert einen Wiedervorlagetermin
Es gibt Kunden, die sich nicht auf einen festen Termin zur Wiedervorlage bzw. zum Nachfassen des Angebotes einlassen möchten und dies beispielsweise über Aussagen wie „Schicken Sie mir das Angebot zu, ich melde mich, wenn ich soweit bin!“ auch deutlich signalisieren. Man kann das akzeptieren. Auch gibt es sicher den einen oder anderen Kunden, der tatsächlich anruft bevor die Entscheidung fällt. Unabhängig davon jedoch sollte man, nicht zu schnell aufgeben und zumindest versuchen einen Termin zu bekommen.
Beide Male fragt der Verkäufer nach einem Zeitpunkt. Die letztgenannte Variante funktioniert jedoch besser. Warum? Im ersten Beispiel fragt der Verkäufer den Kunden nach dem Schema: Sag Du mir Kunde, wann Du aktiv wirst. Im zweiten Beispiel fragt der Verkäufer nach dem Schema: Sag Du mir Kunde, was ich machen soll. In ca. 7 von 10 Fällen bekommen Sie einen Zeitpunkt genannt. Notieren Sie den genannten Termin und fassen Sie nach.
Es gibt auch Kunden, die über Antworten wie beispielsweise „Kann ich Ihnen nicht sagen, am besten heften Sie das Angebot ab, ich melde mich, wie gesagt!“ klar zu verstehen, dass sie keinen konkreten Entscheidungstermin nennen können. Hier bietet sich der Einsatz eines Entscheidungsbeschleunigers an, wenn man den Bedarfstermin kennt.
Verkäufer: „Herr..., Sie sagten vorhin, das Sie die Produkte bis spätestens Ende des Monats benötigen. Wenn das konkret ist, müssen wir spätestens Anfang nächster Woche noch einmal sprechen, damit wir Ihren Wunschtermin halten können.“
Wie kann ich verhindern, dass der Kunde sich bis zum nächsten Gespräch bereits für einen Wettbewerber entschieden hat?
Zu den frustrierndsten Erlebnissen im Verkäuferleben gehören ganz sicher Angebotsverfolgungen mit der Auskunft des Kunden:„Ich habe mich bereits gestern für einen Wettbewerber von Ihnen entschieden!“ Eine Möglichkeit dies immer zu vermeiden, gibt es natürlich nicht. Dennoch haben Sie im Vorangebotsgespräch die Chance dieser Situation vorzubeugen.
Der wirklich konkrete Wiedervorlagetermin macht es dem Kunden tatsächlich schwerer, sich bereits vorher für einen Wettbewerber zu entscheiden. Wenn Sie mit dem Kunden fest vereinbart haben am Tag X noch einmal über das Angebot zu sprechen, dann werden viele Kunden auch bis dahin ihre Kaufentscheidung offen halten. Noch besser werden Ihre Chancen allerdings, wenn Sie den konkreten Wiedervorlagetermin mit einem weiteren verkäuferischen Werkzeug verknüpfen.
Im Vorangebotsgespräch kann man normalerweise nur sehr sanften Druck auf den Kunden ausüben, gerade wenn man den Kunden noch nicht genau kennt und seine Reaktionen noch nicht abschätzbar sind. Beobachten wir unseren Verkäufer.
Verkäufer: „Gut Herr..., dann melde ich mich am... um... bei Ihnen, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen!“
Kunde: „Machen Sie das!“
Verkäufer: „Und bis ... können Sie Ihre Entscheidung auch noch offen halten!?“
Kunde: „Bis ... halte ich mir die Entscheidung offen!“
Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass der Kunde sich nicht vorher entscheidet, aber es wird ihm nach dieser Aussage zumindest schwerer fallen.
Umgang mit Alibianfragen
Kennen Sie das, Sie bekommen eine Anfrage auf den Tisch und denken: „Bei dieser Firma haben wir schon so viele Angebote abgegeben und noch nie einen Auftrag erhalten.“ Wie geht man mit Alibianfragen um? Wenn ich Verkäufer zu diesem Punkt befrage kommen die unterschiedlichsten Antworten. Beispiele:
Andere wiederum geben immer weiter Angebote ab, und hoffen irgendwann mal einen Zuschlag zu erhalten. Zum Thema Alibiangebote gehören allerdings immer zwei, einer der es versucht und einer der mitspielt. Die oben genannten Reaktionen berücksichtigen dies nicht, darüber hinaus vergisst der Verkäufer, dass auch eine Alibianfrage eine Umsatzchance ist. Versuchen Sie es einmal mit diesem Gesprächsansatz:
Verkäufer: „Vielen Dank für Ihre erneute Anfrage, ich habe vorab noch eine Frage. Sie haben von uns bereits eine Reihe von Angeboten erhalten. Bisher konnten wir leider keinen Auftrag für Sie ausführen. Woran liegt das?“
Kunde: „ Sie waren immer zu teuer!“
Verkäufer: „Und mal ganz abgesehen vom Preis. Woran hat es noch gelegen?“ oder „Was müssen wir diesmal besonders beachten, um einmal einen Auftrag zu erhalten?“
Entscheiden Sie anhand der Antwort, ob Sie:
Ich kenne X Beispiele aus fast jeder Branche, wo allein ein Ansprechen der Thematik nach dem gerade aufgezeigten Muster zu Aufträgen geführt hat, weil Kunde diesen Anbieter nicht verärgern/verlieren wollte. Wie zum Anfang des Kapitels bereits gesagt, wir sollten mehr mit unseren Kunden sprechen, BEVOR wir ein Angebot erstellen.
Informieren Sie sich in Kürze im fünften Teil, wie Sie Ihre Angebote kunden- und verkaufsorientiert gestalten können.
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Teil 1: Die Telefonakquise
Teil 2: Zielgespräche
Teil 3: Anfragemanagement
Teil 4: Kritische Situationen in der Vorangebotsphase
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Buchtipp
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