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Fachartikel, 08.02.2007
Vertrieb und Verkauf
Auch Verkaufen ist ein Handwerk und braucht Phantasie
Nichts fällt Selbstständigen und Gewerbetreibenden in der Regel schwerer als sich selbst, ihr Unternehmen oder ihre Dienste und Produkte zu verkaufen. Und dass, obschon es oftmals doch so leicht wäre, lukrative Aufträge an Land zu ziehen – wenn man mit offenen Augen durchs Leben und etwas Fantasie zu Werke geht.
Winterloch und Sommerflaute. Jahr für Jahr kämpfen viele Handwerksbetriebe mit diesen auftragsschwachen Phasen. Doch nur wenige Handwerker ziehen hieraus Konsequenzen. Etwas, indem sie schon im Herbst Aufträge akquirieren, die das Loch im Winter „stopfen“. Stattdessen vertrauen sie auf den Zufall. „Vielleicht kennt mein Kumpel jemanden, der sein Bad modernisieren möchte.“ Oder: „Vielleicht stößt jemand, der eine neue Schrankwand braucht, auf meine Anzeige in den Gelben Seiten.“ In guten Zeiten ist eine Akquise nach dem Zufallsprinzip kein Problem. Dann sind die Kunden schon froh, wenn überhaupt ein Handwerker kommt. In wirtschaftlich flauen Zeiten ist die Situation eine andere. Dann müssen die Handwerker selbst auf Kundenfang gehen.

Verkaufen will gelernt sein

Die meisten Handwerker wissen das. Doch im Betriebsalltag verhalten sie sich anders. Dann räumen sie lieber tagelang die Werkstatt auf, als gezielt Neukunden anzusprechen und Angebote per Telefon nachzufassen. Denn dies widerspricht ihrem Selbstverständnis. So etwas machen vielleicht Versicherungsvertreter – Klinkenputzer, die nichts Ordentliches gelernt haben. Aber ein Handwerker, der sein Fach versteht – der überzeugt seine Kunden durch die Qualität der Arbeit. Das Problem ist nur: Wie gut ein Handwerker ist, wissen dessen Kunden erst, wenn er seinen Job erledigt hat. Ohne Auftrag kann er nicht mit seinem Können glänzen.

Vielen Handwerkern fällt das Verkaufen schwer, weil sie es nie gelernt haben. Es stand weder während ihrer Lehre im Ausbildungsplan noch im Programm des Meisterkurses. Deswegen sind sie unsicher, wenn sie – statt nur auf Anfragen zu reagieren – selbst auf Kunden zugehen müssen. Dabei kann das Akquirieren von Aufträgen ganz einfach sein – vor allem bei Kunden, für die der Handwerker schon gearbeitet hat, und die wissen: Der Mann oder die Frau ist Spitze. Ein Beispiel: Ein Handwerker fliest das Badezimmer eines Kunden. Ihm fällt auf, dass auch die Gästetoilette eine Etage höher 50er-Jahre-Charme ausstrahlt. Was liegt näher, als den Wohnungsbesitzer zu fragen: „Soll ich die Toilette gleich mitmachen? Dann haben Sie den Dreck nicht zwei Mal ...“ Und wenn der Eigentümer antwortet: „Dafür haben wir zurzeit kein Geld“? Auch kein Problem. Dann sagen Sie, wenn ohnehin der auftragsschwache Januar vor der Tür steht, zum Beispiel: „Wissen Sie was: Wir machen die Toilette mit, aber ich berechne ihnen jetzt nur das Material. Die Rechnung für meine Arbeit schicke ich Ihnen erst in drei Monaten.“ Verlieren können Sie dabei nichts – aber einen Auftrag gewinnen.

Noch ein Beispiel: Ein Maler streicht eine Hausfassade. Dabei sieht er, dass auch das Treppenhaus einen neuen Anstrich vertragen könnte. Warum nicht den Hauseigentümer darauf ansprechen? Wenn dieser zögert, weil er weiß: „Das Streichen dauert zwei Tage und in dieser Zeit ist das Treppenhaus nur schwer benutzbar“? Auch kein Problem. Dann fragen Sie einfach: „Wann fahren Sie in Urlaub?“ „Ach, im Juli. Wie wär’s, wenn wir dann das Treppenhaus neu streichen?“ Auch hier gilt: Verlieren können Sie nichts. Sie können aber einen Auftrag gewinnen, der einen Teil Ihres Sommerlochs stopft.

Solche Aufträge gewinnen Handwerker nur, wenn sie mit offenen Augen durchs Leben gehen. Das tun viele Handwerker nicht. Sie erledigen zwar ihren Job, sehen aber nicht, wie viele Aufträge beim Kunden (und dessen Nachbarn) noch zu holen sind. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter hierfür. Machen Sie ihnen zum Beispiel folgende Vorgabe: Wenn ihr von dem Auftrag zurückkommt, will ich von euch zwei Tipps, welche Arbeiten wir im kommenden Jahr bei dem Kunden oder seinen Nachbarn machen können. Notieren Sie diese Tipps, wenn Sie ausgelastet sind, in einem Buch. Im November, wenn das nächste Januarloch droht, können Sie es hervorholen und die Kunden anrufen: „Frau Mayer, wir haben im Sommer die Fassade Ihres Hauses gestrichen. Dabei habe ich gesehen ... Was halten Sie davon ...?“ Mit dieser Strategie haben Sie vermutlich nach kurzer Zeit mehrere Aufträge in der Tasche. Unter einer Bedingung: Der Kunde war mit Ihrer bisherigen Arbeit zufrieden.

Den richtigen Riecher für Kundenbedürfnisse

Eine weitere Voraussetzung, um (kurzfristig) Aufträge zu akquirieren: Sie müssen den Mut haben, Kunden anzusprechen und sie etwas zu fragen. Denn jeder Verkaufsprozess beginnt mit dem Sammeln von Infos über den Kunden und das, was er möchte. Dabei geht es nicht nur um technische Informationen, etwa ob der Kunde Holz- oder Plastikfenster wünscht, sondern auch: Wie wichtig ist ihm zum Beispiel

::: der Preis,

::: dass ein bestimmter Termin eingehalten wird, oder

::: dass die Nachbarn sagen: „Oh, das sind aber schöne Sprossenfenster“.

Wenn Sie dies wissen, ist das Verkaufen oft ein Kinderspiel. Denn nun können Sie Ihr Angebot genau auf die Bedürfnisse des Kunden zuschneiden – sofern Sie beim Formulieren Ihres Angebots eine gewisse Phantasie entfalten. Ein Beispiel: Viele Privatleute klagen, Handwerker seien Schmutzfinken, die „ihren“ Dreck nur notdürftig wegmachen. Dies führt regelmäßig zu Ärger mit Kunden; aber auch zu Ärger zwischen dem Chef und seinen Mitarbeitern, weil diese nur widerwillig zum Putzlappen greifen. „Schließlich sind wir ja Handwerker und keine Putzfrauen.“

Was spricht dagegen, eine „Putzfee“ zu engagieren, die die „Baustelle“ säubert, sobald der Auftrag erledigt ist? Ihr Unternehmen kostet das nicht viel, aber ihr Auftraggeber ist glücklich. Und Sie ersparen sich viel Ärger – mit Ihren Kunden und Ihren Mitarbeitern. Und was mindestens ebenso wichtig ist: Wenn einem Kunden mehrere vergleichbare Angebote vorliegen, liefern Sie ihm einen Grund, sich für Sie zu entscheiden. „Bei denen kommt eine Putzfrau, die ...“ Welche Hausfrau freut dies nicht?

Nicht der Preis ist heiß – sondern Ihre Leistungen

All diese „Tricks“ befreien Sie nicht von der Last, Ihren Kunden (bei größeren Aufträgen) ein Angebot zu schreiben. Wie wunderbar, denn darin können Sie Ihren Kunden plastisch vor Augen führen, dass Sie der beste Anbieter sind. Nur wenige Handwerker nutzen diese Chance. Meist gleichen ihre Angebote technischen Datenblättern. Für Architekten mögen solche Angebote angemessen sein; nicht aber bei Privatkunden, die noch nie etwas von Kupfer- und Kunststofffallrohren gehört haben. Entsprechend flüchtig lesen sie meist die Angebote, bevor ihr Auge an einer Zahl hängen bleibt: den Gesamtkosten. Für sie konzentriert sich alles auf diese eine Zahl. Das können Sie vermeiden, indem Sie Kunden in Ihren Angeboten zunächst signalisieren: „Ich habe dir zugehört. Ich habe dich verstanden und nehme deine Wünsche ernst.“ Dies können Sie tun, indem Sie vor Ihrem eigentlichen Angebot beispielsweise schreiben:

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„Danke für die Zeit, die Sie sich für unser Gespräch genommen haben. Ihren Aussagen entnahm ich, dass Sie die Fenster an der Vorderseite Ihres Hauses durch Sprossenfenster ersetzen möchten, die

::: den Villencharakter Ihres Hauses unterstreichen,

::: den Verkehrslärm der Straße soweit wie möglich dämmen,

::: Ihre Wohnräume wärmeisolieren,

::: ...

Außerdem wünschen Sie, dass

::: der Einbau bis zum 15. Mai erfolgt, damit Sie das Haus Anfang Juli beziehen können, und

::: das beauftragte Unternehmen nach dem Fenstereinbau auch die nötigen Gipserarbeiten erledigt, so dass anschließend die Wände tapeziert werden können.

Basierend auf diesen Wünschen unterbreite ich Ihnen folgendes Angebot ...“

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Ein solches Angebot signalisiert dem Kunden: Dieser Handwerker hat mich verstanden. Der weiß, was mir wichtig ist. Bei ihm bin ich in guten Händen. Diesen Eindruck verstärken Sie, wenn Sie nach Ihrem eigentlichen Angebot zum Beispiel schreiben. „Wir garantieren Ihnen:

::: Der Auftrag wird bis zum 10. Mai ausgeführt, so dass wir am 11. Mai den Einbau gemeinsam begutachten können und eventuell von Ihnen gewünschte Nacharbeiten bis zum 15. Mai ausgeführt sind.

::: Nach dem Einbau reinigt eine Putzfrau die Räume ...“

Hier können Sie alles auflisten, von dem Sie annehmen: Dies ist dem Kunden wichtig. Dadurch verstärken Sie den Eindruck, dass Sie ein guter Dienstleister sind. Sie erreichen außerdem, dass die Gesamtkosten nicht der zuletzt angeführte Punkt auf Ihrem Angebot ist. Vielmehr führen Sie dem Kunden zu guter Letzt nochmals Ihre Vorzüge vor Augen.

Nach dem Angebot beginnt der Verkauf

Mit solch einem Angebot heben Sie sich positiv von Ihren Mitbewerbern ab. Entsprechend leicht wird es Ihnen fallen, beim Kunden ein-zwei Wochen später anzurufen, um das Angebot nachzufassen. Das tun viele Handwerker nicht. Der Grund: Jetzt erst beginnt das eigentliche Verkaufen. Alles, was zuvor geschah, war nur das Vorspiel. Nun gilt es, vom Kunden den Auftrag zu bekommen – und dies, obwohl Ihr Preis einige hundert, wenn nicht gar tausend Euro teurer ist, als das des günstigsten Mitbewerbers. Das heißt: Nun müssen Sie sich und Ihre Leistung verkaufen. Viele Handwerker drücken sich deshalb vor dem Nachfassen ihrer Angebote, denn sie wissen: Wenn der Kunde sagt, „Ihr Preis ist höher“, stecke ich in der Bredouille. Dann kann ich eigentlich nur noch Preiszugeständnisse machen, weil mir Argumente für den höheren Preis fehlen.

Anders geht es Ihnen, wenn Sie die Bedürfnisse Ihres Kunden sauber erkundet und ihm ein Angebot wie das oben skizzierte unterbreitet haben. Dann können Sie auf den Einwand des Kunden gelassen erwidern: „Es überrascht mich nicht, dass wir etwas über den Preisen einiger Mitbewerber liegen. Aber dafür bauen wir in Ihr Haus Fenster ein, die ... Außerdem garantieren wir Ihnen, dass ...“ Sie diskutieren mit dem Kunden also nicht über den Preis, sondern führen ihm nochmals die Vorzüge Ihres Angebots vor Augen. Wenn Sie so vorgehen, ist die Chance groß, dass Sie (trotz des höheren Preises) den Auftrag bekommen.

Eine Hand wäscht die andere

Und wenn Ihr Kunde dabei bleibt, dass Sie zu teuer sind? Dann können Sie erwidern: „Kein Problem! Ich mache Ihnen denselben Preis wie unsere Mitbewerber. Dann müssen wir aber statt der vorgeschlagenen Fenster, die die optimale Dämmung haben, andere einbauen, bei denen sie, wenn schwere LKWs vorbeifahren, noch ein leises Brummen hören.“ Oder: „Dann müssen wir nur noch einmal darüber sprechen, wer nach dem Einbau der Fenster die Wände verputzt.“ Plötzlich ist vielen Kunden die Preisdifferenz nicht mehr so wichtig, weil Sie auf die Vorzüge Ihres Angebots nicht verzichten möchten. Auf keinen Fall sollten Sie einem Kunden aber einen Preisnachlass gewähren, ohne dass er hierfür auf einen Punkt Ihres Angebots verzichtet oder Ihnen einen anderen Ausgleich anbietet – zum Beispiel eine Vorauszahlung. Sonst entsteht beim Kunden das Gefühl: Der hat’s probiert. Der wollte mich über den Tisch ziehen. Und zerstört sein Vertrauen zu ihnen.
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