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Fachartikel, 10.11.2005
Lohn-Dumping
Viele Firmen lassen Unterbezahlte für saubere Büros sorgen
Wer es sich leisten kann, Zuhause gegen Bezahlung putzen zu lassen, weiß, was dieser Luxus kostet.
Das saubere Büro, die glänzende Dienst-Toilette, der geputzte Schreibtisch aber sind für viele eine Selbstverständlichkeit. Die Kosten dafür hat schließlich der Arbeitgeber zu zahlen. Die Reinigungskräfte kommen vor oder nach dem Dienst - und zu wissen, dass ihr Verdienst nicht richtig hoch ist, reicht den meisten sicherheitshalber. Denn würden sie genauer hinsehen, müssten sie feststellen, dass ihr Büro unter zunehmend inhumanen und rechtswidrigen Bedingungen so schön rein gehalten wird. Prof. Dr. Claudia Gather von der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen hat jetzt im Rahmen eines Forschungsprojektes die Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung öffentlicher Einrichtungen untersucht. Das Ergebnis ist niederschmetternd.

Angesichts knapper Kassen leistet sich kaum ein öffentlicher Arbeitgeber noch eigene, angestellte Reinigungskräfte. Private Reinigungsfirmen bekommen den Auftrag zu putzen. Die Tariflöhne im privaten Gebäudereinigerhandwerk liegen ohnehin schon niedriger als die im öffentlichen Dienst. Das noch größere Problem ist aber, dass viele Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge die tariflichen und rechtlichen Standards ihren Arbeitskräften gegenüber weit unterschreiten.

„Die Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten der dort Beschäftigten lagen bisher weitgehend im Dunkeln”, beschreibt Gather den Ausgangspunkt des empirischen Forschungsprojektes des Harriet Taylor Mill Institutes an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin (FHW) in Kooperation mit der Johann-Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main. Die Holzmindener HAWK-Professorin Claudia Gather hat das von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Ute Gerhard von der Johann-Wolfgang Goethe Universität geleitet. Zum Forschungsteam gehörten die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Heidi Schroth und Lena Schürmann.

Unter dem Titel „Vergeben und Vergessen? Gebäudereinigung im Spannungsfeld zwischen kommunalen Diensten und Privatisierung” sind die Ergebnisse jetzt als Buch im VSA-Verlag Hamburg erschienen. Empirisch untersucht worden sind die Fragen, welche Folgen die Privatisierung der kommunalen Reinigungsdienste für die Arbeitsbedingungen von Reinigern und Reinigerinnen hat und was die Beschäftigungssituation in privatwirtschaftlichen Gebäudereinigungsunternehmen kennzeichnet. Das Forschungsteam hat in zwei deutschen Ballungsgebieten in exemplarisch ausgewählten großen und kleineren Reinigungsbetrieben Betriebsfallstudien durchgeführt und beschreibt die Strategien dieser Betriebe, in Zeiten knapper Kassen zu überleben. Auch die Auswirkungen dieser Strategien auf die beschäftigten Gebäudereinigerinnen sowie die kommunale Vergabepraxis werden unter die Lupe genommen.

Zentrale Schlüsse der zweijährigen Untersuchung aus sozialwissenschaftlicher Perspektive sind: Die Arbeitsbedingungen der Reinigerinnen und Reiniger haben sich in privaten Unternehmen deutlich verschlechtert. Öffentliche Auftraggeber fragen Tariftreue - wenn überhaupt - nur formal ab. Ihre Einhaltung wird aber nicht kontrolliert. „Kommunen vergeben die Aufträge und vergessen die Menschen”, sagt Gather. Tarifunterschreitungen werden durch die Preis- und Vergabepolitik der Kommunen in Kauf genommen oder sogar forciert.

„Die Gebäudereinigung hat eine problematische Vorreiterfunktion für die Ausweitung des Niedriglohnsektors wie Mini-Jobs oder Leiharbeit und verdeutlicht die Schwierigkeiten politischer und gewerkschaftlicher Gegenstrategien in einem klassischen Feld gering qualifizierter Frauenerwerbstätigkeit und geringer gewerkschaftlicher Organisation”, fasst Gather zusammen.
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