Fachartikel, 10.07.2006
Perspektive Mittelstand
Exportwirtschaft
Deutsche Exporte - das Gros geht nach Europa
Für deutsche Unternehmen ist die Europäische Union der wichtigste Absatzmarkt im Ausland. Geringe Transportkosten und ein zollfreier Warenverkehr treiben die Geschäfte innerhalb der Union an.
Der Handel mit den europäischen Nachbarn ist mittlerweile so bedeutend, dass Deutschland ohne diese Ausfuhren nur noch der fünftgrößte Exporteur der Welt wäre – statt Exportweltmeister.

Die Konjunktur rund um den Globus läuft und läuft. In diesem Jahr werden weltweit real schätzungsweise fast 5 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen verkauft als 2005. Angetrieben von dieser soliden Wirtschaftsleistung erklimmt der Welthandel stetig neue Höhen. So wurden 2005 Produkte im Wert von 10,4 Billionen Dollar über Landesgrenzen hinweg exportiert – gegenüber 2004 ist das ein Plus von 13 Prozent. Die guten Auslandsgeschäfte zahlen sich auch für die hiesige Wirtschaft aus: Mit einem Wert von 786 Milliarden Euro erreichten Deutschlands Warenexporte im Jahr 2005 eine historische Höchstmarke.

Die Absatzmärkte für Produkte „made in Germany“ teilen sich in zwei Lager: Auf der einen Seite stehen die schwergewichtigen Industriestaaten wie etwa Frankreich und die USA, die beide die Rangliste der wichtigsten Exportziele Deutschlands anführen. In diese zwei Länder gingen 2005 gut 10 beziehungsweise knapp 9 Prozent der deutschen Ausfuhren.

Auf der anderen Seite gewinnen die Wachstumsmärkte in Asien und Osteuropa an Stellenwert. Zu den 15 bedeutendsten Exportländern Deutschlands zählen mit Polen, Tschechien und Ungarn bereits drei osteuropäische Staaten, die seit kurzem in der Europäischen Union sind. Die Ausfuhren in diese Regionen klettern zum Teil mit zweistelligen Wachstumsraten.

Damit wird der Binnenmarkt für deutsche Unternehmen noch wichtiger. Schon heute ist die EU der Hauptabsatzmarkt:

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Im Jahr 2005 verkaufte Deutschland 63 Prozent seiner Exporte in die Mitgliedsländer der Europäischen Union.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Andere EU-Staaten haben sich noch stärker auf die Kunden in Europa spezialisiert – allen voran die Newcomer: Tschechien, die Slowakei und Estland etwa lieferten im Jahr 2004 über 80 Prozent ihrer Ausfuhren in die EU-25.

Der starke Fokus auf Europa zeigt sich auch auf der Importseite. Österreich etwa bezog 2004 über 80 Prozent seiner Einfuhren aus der Europäischen Union, in Deutschland waren es gut 59 Prozent.

Die Gründe für eine solch enge Verflechtung sind vielfältig: Wegen der geographischen Nähe trennen die Handelspartner keine allzu großen kulturellen Unterschiede. Auch die Transportkosten halten sich in Grenzen. Zudem sorgt der gemeinsame Binnenmarkt dafür, dass die Geschäfte nicht durch Zölle oder andere Handelshemmnisse ausgebremst werden.

All diese Pluspunkte erleichtern langjährige Kundenkontakte. Zusätzliche Dynamik in das Zusammenwachsen bringen die steigenden Einkommen in der EU. Sie wecken bei den Europäern den Wunsch, sich ein Stück vom ausländischen Lebensgefühl zu gönnen – die Deutschen greifen daher zu italienischen Schuhen, die Franzosen zu deutschen Autos.

Von den immer engeren Verbindungen in der EU wird Deutschland sicherlich weiterhin profitieren. Denn die heimischen Unternehmen sind in der Europäischen Union hervorragend aufgestellt.

Gerade in den osteuropäischen Staaten – aber auch in etablierten EU-Ländern wie Österreich und Frankreich – ist die Bundesrepublik derzeit Warenlieferant Nummer eins. Die Österreicher etwa erstanden 2004 rund die Hälfte ihrer Einfuhren in Deutschland, die Tschechen ein Drittel.

Wie wichtig diese Geschäftsbeziehungen für die deutsche Wirtschaft sind, verdeutlicht auch eine hypothetische Rechnung: Falls Europa eines Tages wirtschaftlich so zusammenwächst wie die USA, würden die Lieferungen innerhalb der EU nicht mehr in der Exportstatistik aufgelistet. Ohne seine Ausfuhren in die EU wäre Deutschland dann unter den größten Exporteuren der Welt nur noch auf Rang fünf. Die anderen EUStaaten kämen nicht mal mehr in die Top Ten.
ZUM AUTOR
Über Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist das führende private Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland. Das Institut vertritt eine klare marktwirtschaftliche Position und will das Verständnis wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse in Politik und Öffentlichkeit festigen und verbessern. Dazu analysiert das IW Köln Fakten, zeigt Trends, ergründet Zusammenhänge – über die es auf vielfältige Weise informiert.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Postfach 101942
50459 Köln

+49-221-49810
WEITERE ARTIKEL VON INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT (IW) KÖLN E.V.
Über Perspektive Mittelstand

Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de