Fachartikel, 05.07.2007
Perspektive Mittelstand
Demographischer Wandel
Arbeitgeber in Europa noch nicht gewappnet
Der demographische Wandel zeigt immer deutlicher sein Gesicht: Fachkräftemangel, weil es an Nachwuchs fehlt, die Menschen werden immer älter, das Renteneintrittsalter steigt. Eine Herausforderung, die zu meistern, es für die Wirtschaft in Europa schon heute entsprechende Weichen zu stellen gilt. Nur wenige Arbeitgeber in Europa haben jedoch bisher die Zeichen der Zeit erkannt und ihre Personalpolitik entsprechend ausgerichtet, wie eine Umfrage des Adecco Instituts verdeutlicht.
Europas Bevölkerung wird immer älter, die jungen Menschen sind in der Minderheit. Als Folge dessen werden auch die Unternehmen in Zukunft mehr angegraute Mitarbeiter in ihren Reihen haben. Für die Personalpolitik der Betriebe ist das schon heute eine Herausforderung: Es gilt, Leistung und Wissensstand hoch zu halten, auch wenn weniger frische Kräfte mit anpacken. Noch sind viele Firmen aber nicht demografiefest genug, wie eine Unternehmensbefragung des Adecco Instituts in acht europäischen Ländern ergab.

Büroalltag im Jahr 2050: Gesprächsthema Nummer eins in der Kaffeeküche sind die Enkel – und nicht der neueste Wochenendflirt. Der demografische Wandel lässt grüßen. Im Laufe der kommenden Jahrzehnte steigt nicht nur das Durchschnittsalter der Bevölkerung, auch die Belegschaften werden älter.

Schon heute müssen die Unternehmen die personalpolitischen Weichen für diese Herausforderung stellen, zumal sich auch die Suche nach passenden Fachkräften aufgrund des ausbleibenden Nachwuchses schwieriger gestaltet. Daher hat das in London ansässige Adecco Institut einen Index entwickelt, der acht europäischen Ländern – Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz, Spanien und Großbritannien – auf Basis von Umfrageergebnissen ein Attest über die demografische Fitness der Betriebe ausstellt. Der Index soll jährlich aktualisiert werden.

Für die erste Ausgabe befragte das Institut in jedem Land 500 Unternehmen aller Branchen und Größenordnungen. Zu erreichen waren zwischen 100 und 400 Punkte. Die meisten Zähler sammelten die britischen Unternehmen – sie kamen durchschnittlich auf 189 Demografie-Fitness-Punkte. Doch das ist zum einen nicht viel, denn als einigermaßen gut für den demografischen Wandel aufgestellt gelten kann eine Firma erst, wenn sie die 300er-Marke übertrifft. Und zum anderen sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern nicht groß.

Am schlechtesten schnitt Frankreich mit 172 Punkten ab, die deutschen Betriebe liegen mit 181 Punkten auf dem fünften Platz. Auf den ersten Blick ein eher unrühmlicher Rang, gleichwohl sind hierzulande etwas mehr Unternehmen als anderswo gut für ein steigendes Belegschaftsalter
gewappnet: So sammelten 11 Prozent der befragten Betriebe über 300 Punkte im Demografie-Index. In Großbritannien waren es lediglich 4 Prozent und in Frankreich sogar nur 1 Prozent. Bewertet werden für den Index fünf personalpolitische Handlungsfelder:

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1. Ein gezielter Mix der Generation
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In diesem Bereich sind viele Unternehmen in Deutschland schon deutlich weiter als die europäische Konkurrenz: Zwei Drittel der hiesigen Betriebe setzen auf Arbeitsteams, in denen die Erfahrung lang gedienter Mitarbeiter und das aktuelle Know-how von Berufseinsteigern kombiniert werden. Im Durchschnitt der acht Länder trifft das nur auf knapp die Hälfte der Firmen zu, und in den Niederlanden kommen altersgemischte Arbeitsgruppen nicht einmal in jedem dritten Betrieb vor.

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2. Lebenslanges Lernen
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Das die betriebliche Weiterbildung ein Schlüssel zum Erfolg ist, scheint in den meisten Führungsetagen angekommen: Arbeitsplatzbezogene Schulungen etwa finden hierzulande in vier von fünf Unternehmen statt, der Umfrageschnitt liegt sogar bei 84 Prozent.

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3. Wissensmanagement
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Wissen über das eigene Wissen: Im Umgang mit dem Know-how der Mitarbeiter liegen hingegen unausgeschöpfte Potenziale für den Unternehmenserfolg. So verfügt in Deutschland gerade ein Viertel der befragten Firmen über ein Verzeichnis der Wissensträger.

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4. Betriebliches Gesundheitsmanagement
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In Deutschland bieten 60 Prozent der Arbeitgeber regelmäßig Gesundheitschecks für die Belegschaft an. Beim Thema Ernährung endet jedoch die Sensibilität für das körperliche Kapital: Gesunde Verpflegung ist gerade in einem Drittel der Häuser zu bekommen.

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5. Karrieremanagement und Laufbahnplanung
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Auf dem Gehaltszettel zahlen sich gute Leistungen in hiesigen Unternehmen dank darauf ausgerichteter Vergütungssysteme häufig aus. Jenseits finanzieller Anreize könnte die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter jedoch besser gefördert werden – beispielsweise über Mentorenprogramme: In deren Rahmen begleiten erfahrene Kollegen das berufliche Fortkommen ihrer Schützlinge mit Rat und Tat. Für hiesige Betriebe ist eine solche Karrierebetreuung eher ungewöhnlich, während sie in Großbritannien in jedem zweiten Unternehmen gang und gäbe ist.

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