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Fachartikel, 02.10.2007
Wirtschaft
Erfolgsabhängige Sonderzahlungen statt Investivlohn
Wenn die Wirtschaft wächst und Unternehmen kräftige Gewinne erzielen, möchten die Arbeitnehmer dies auch auf ihrem eigenen Konto spüren. Ihr Wunsch, daran zu partizipieren, wenn Unternehmen schwarze Zahlen schreiben, geht mittlerweile immer häufiger ganz automatisch in Erfüllung: Die leistungs- und erfolgsabhängigen Sonderzahlungen sind im Laufe der vergangenen zehn Jahre quer durch die Branchen kräftig gestiegen. Die Diskussion um Investivlöhne scheint deshalb eher überflüssig.
Metallindustrie, Baugewerbe, Bahn – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen: Kaum laufen in Deutschland nach langer Durststrecke wieder positive Konjunkturmeldungen über die Nachrichtenticker, übertreffen sich die Gewerkschaften gegenseitig in ihren Lohnforderungen. Die Arbeitnehmer sollen an den Erfolgen und der verbesserten Ertragslage der Unternehmen teilhaben. Doch um das zu erreichen, gibt es probatere Mittel, als allein auf pauschale Gehaltserhöhungen zu setzen. Die Arbeitgeber würden mit dem Feuer spielen, ließen sie sich auf überzogene Lohnforderungen ein. Beruhen doch die florierenden Geschäfte der Unternehmen vor allem darauf, dass sich ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert hat – auch dank eher moderater Tarifabschlüsse in den zurückliegenden Jahren.

Werden die Saläre nun zu kräftig angehoben, leiden darunter als Erste die Geringqualifizierten, die nur für einfache Tätigkeiten eingesetzt werden können. Ihre Dienste rechnen sich schnell nicht mehr und werden eingespart – spätestens, wenn die Wirtschaftsentwicklung die nächste Schwächephase durchmacht. Eine Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter ist für alle Seiten die bessere Variante: Wenn das Geschäft brummt, freuen sich von der Sekretärin über den Kranführer bis zum Justiziar alle Angestellten und Arbeiter einer Firma über ein höheres Einkommen. Ist die Auftragslage dagegen eher flau, drücken keine übermäßig hohen Arbeitsentgelte zusätzlich auf die Erträge oder mindern die Konkurrenzfähigkeit. Viele Firmen haben daher in den vergangenen Jahren leistungs- und erfolgsabhängige Sonderzahlungen eingeführt beziehungsweise ausgebaut. Im Einzelnen:

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Industrie
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Im westdeutschen Produzierenden Gewerbe beliefen sich die von der Mitarbeiterleistung und dem Unternehmenserfolg abhängenden Lohnextras je Vollzeitbeschäftigten 2006 auf gut 1.400 Euro – das war fast dreimal so viel wie zehn Jahre zuvor und machte immerhin 3,4 Prozent des Bruttojahresverdienstes aus. Die fest vereinbarten Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sind im selben Zeitraum hingegen kaum noch gestiegen. Auch in der ostdeutschen Industrie haben sich die Prämien im Laufe der vergangenen Jahre kräftig erhöht – sie fallen aber allein schon aufgrund des niedrigeren Lohnniveaus mit durchschnittlich 600 Euro wesentlich geringer aus als im Westen.

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Handel
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Die Großhändler zahlen im Mittel mit 1.600 Euro inzwischen gut zwei Fünftel der gesamten Sonderzahlungen leistungs- und erfolgsbezogen aus. Im Einzelhandel lagen die Sonderzahlungen 2006 insgesamt unter dem Stand von 1996, und die flexiblen Prämien haben daran – obwohl sie aufgestockt wurden – mit 664 Euro nur einen Anteil von einem Drittel.

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Finanzdienstleister
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Banken und Versicherungen zählen seit jeher zu den Branchen, bei denen die Extrazahlungen üppig sprudeln. Mittlerweile haben sie einen Anteil von 16 Prozent am Jahreseinkommen. Die Kreditinstitute zahlen im Schnitt 4.000 Euro an Leistungs- und Erfolgsboni – das ist mehr als Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammen.

Die Debatte um einen Investivlohn ist damit eigentlich überholt. Zwar hat die Idee einen gewissen Charme, den Mitarbeitern Kapitalbeteiligungen am Unternehmen zukommen zu lassen, um ihre Identifikation mit dem Arbeitgeber und die Motivation zu stärken. Doch dieses Ziel ist auch mit Boni und Prämien zu erreichen – zumal der Investivlohn Nachteile hat. Gerät der Betrieb in die Krise, trägt der Arbeitnehmer das doppelte Risiko: Er könnte seinen Job verlieren und muss zugleich den Wertverlust seiner Unternehmensanteile befürchten.

Weitere Argumente sprechen gegen den Investivlohn: Möglicherweise bieten andere Anlagen am Kapitalmarkt höhere Renditechancen oder sind weniger riskant. Kleinere Unternehmen werden sich zudem ohnehin schwer tun, ihren Beschäftigten im Rahmen von Beteiligungsmodellen auch gewisse Mitspracherechte abzutreten.

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