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Fachartikel, 05.09.2007
Teamführung
Wirkungsvolle Teamentwicklung mit Theatralik
In einer zunehmend vernetzten, internationalisierten und von Projektarbeit geprägten Arbeits- und Wirtschaftwelt können Einzelkämpfer nicht bestehen. Teamarbeit ist unabdingbar, und die Entwicklung schlagkräftiger Teams einer der zentralen Aufgabenstellungen der Führungs- und Personalarbeit. Ein Best-Practice-Beispiel zeigt auf, wie Teamentwicklung ganz spielerisch von statten gehen kann.
Für ein internationales Leadership-Qualifizierungsprogramm braucht Johnson Controls, Verantwortlicher der Sektion Power Solutions Europe, ein besonderes Workshop-Modul. Die Programmteilnehmer sind Führungskräfte aus neun verschiedenen Ländern der EU. Ziel des Workshops soll sein, die Manager, die nun für die Dauer eines Jahres regelmäßig zusammenarbeiten werden, miteinander bekannt zu machen und trotz der weiten Entfernung und kulturellen Unterschiede eine vertrauensvolle Basis für alle weiteren Programm-Module entstehen zu lassen. Ein weiterer Bestandteil des Workshops sollen Führungsthemen sein. Die Wahl von Ursula Seckler-Meineke, Director Human Ressources Development, fällt auf ein Angebot zur kriminalistische Teamentwicklung. Für die Personalentwicklerin bedeutet diese Wahl ein Experiment, an dessen Gelingen nicht zuletzt der Erfolg des gesamten Leadership-Programms gemessen wird.

Ein Kloster als Tatort

Fünf Wochen später: Die vierzehn teilnehmenden Führungskräfte befinden sich gemeinsam mit uns in einem Seminarraum im altehrwürdigen Kloster Wennigsen. Eben haben sich alle darüber unterhalten, auf welche Arten ein Mensch aus dem Leben scheiden kann. Jetzt sieht man sie sich röchelnd auf dem Boden wälzen, sich gegenseitig guillotinieren oder aus einem brennenden Flugzeug springen. Neben der Spielfreude ist bei vielen Teilnehmern der Wunsch stark ausgeprägt, die Aufgabe glaubhaft umzusetzen. Sie verblüffen sich gegenseitig, mit welcher Vehemenz sie in die Rollen gehen. An dieser Stelle zeigt sich, dass auch die Führungskräfte nicht davor zurückscheuen, zu übertreiben und drastische Darstellungen zu zeigen. Es wird sehr viel gelacht und die Scheu den anderen gegenüber sehr schnell abgelegt. Grundlage für die krimininalistische Teamentwicklung ist das speziell für diesen Workshop konzipierte Theaterstück „Die ewigen Jagdgründe von Schloss Blackmore“, das den gestandenen Männern und Frauen aus internationalen oder deutschen Teams die Schweißperlen auf die Stirn treibt.

Kreative Teamentwicklung – Übertreibung ist Pflicht

Effiziente und effektive Arbeit von Teams und Arbeitsgruppen ist einer der Eckpfeiler erfolgreicher Unternehmen. Produktive Teamarbeit kann man aber nicht verordnen, sie muss sich entwickeln. Diese Entwicklung kann man beschleunigen und unterstützen, z.B. durch Unternehmenstheater. Die Teilnehmer dieses Leadership-Program haben sich vor mehreren Wochen schon kennen gelernt, jetzt soll die Grundlage für einen intensiveren Austausch und die Netzwerkbildung untereinander gelegt werden. Manchmal bildet unser Workshop auch den Abschluss einer solchen Maßnahme oder wird als reine Teamentwicklung gebucht. Angenehmer Nebeneffekt: in der englischen Variante wird ein lockerer Umgang mit der englischen Sprache geübt. Inhalt des ein- bis zweitägigen Teamtrainings und Events ist die gemeinsame Erarbeitung, Aufführung und Auflösung des Stückes im Team und die Reflexion der hier gemachten Erfahrungen auf dem Hintergrund von Themen wie z.B. Zusammenarbeit, Führung o.ä..

Im Kloster Wennigsen hat sich eine international zusammengesetzte Gruppe von Führungskräften zusammengefunden. Sie kommen aus Finnland, den Niederlanden, Spanien, Ungarn, der Schweiz, Polen, Tschechien, Frankreich und Deutschland. Das Team befindet sich gerade im Schauspieltraining, welches am ersten Vormittag alle Teammitglieder gemeinsam erleben. In der Regel sind die Teilnehmer Menschen, die noch nie Theater gespielt haben. Aber da sie keinen festgelegten Text auswendig lernen müssen und alles von Anfang sehr spielerisch gestaltet wurde, fallen die Hemmungen schnell weg. Dass auch die späteren Coaches beim Schauspieltraining mitmachen ist wichtig, damit eine kreative Atmosphäre entsteht, in der es sich alle erlauben, aus der Rolle zu fallen. Übertreibung ist Bedingung, die Teilnehmer sollen die Scheu davor verlieren, ins Extreme zu gehen. Nur so können die Charaktere herausgearbeitet werden und auch Laien als Schauspieler überzeugen.

Nach dem Schauspieltraining werden die Teilnehmer auf zwei Gruppe aufgeteilt: die eine Gruppe markiert die Schauspieler, die Lust am Darstellen und Spielen haben, die andere die Coaches, die die Schauspieler bei der Rollenentwicklung unterstützen. Die Schauspieler bekommen Informationen über den Charakter und die Beziehungen der Figuren untereinander. Sie können ansonsten die Rolle sehr frei ausgestalten. Anhand eines Leitfadens kann der Schauspieler zusammen mit seinem Coach die gewählte Rolle mit besonderen Merkmalen ausstatten, z.B. mit einer Eigenart oder einem Tick. Der Coach entwickelt mit dem Schauspieler gemeinsam Ideen, gibt ihm Feedback und spornt ihn an. Eine weitere Rolle der Coaches ist am Abend die der Gäste von Lady Jane und Lord Mortimer. Sie werden nach dem Mord als Detektive eingespannt und müssen gemeinsam im Team den kniffligen Fall auflösen. Hier können also unterschiedliche Vorlieben ausgelebt werden – ja nachdem ob man sich eher spielerisch ausprobieren möchte oder ob es einem eher liegt, als Coach zu agieren und mit anderen gemeinsam Lösungssuche zu betreiben.

Aus der Rolle fallen

Unter den Teilnehmern herrscht beim Mittagessen ausgelassene Stimmung: Selbst die ruhigeren Führungskräfte haben lebhaft beim Schauspieltraining mitgemacht, sind als frisch Verliebte oder zutiefst Bekümmerte durch den Seminarraum geschlurft, haben verschiedene Todesarten simuliert oder Grimassen schneidend finnische und polnische Zungenbrecher geübt. Hier zeigen sie einmal Seiten, die bisher im Arbeitsalltag nicht immer zum Zuge kommen. Dies ist für Führungskräfte eine wichtige Erfahrung, weil es darum geht, sich zu zeigen, sich zu trauen, nach vorn zu treten und das persönliche Verhaltensrepertoire zu erweitern. Für Teams ist es wichtig, sich gegenseitig mit allen Facetten kennen zu lernen und sich auch mal zu trauen, aus der Rolle zu fallen.

Die Rollenverteilung hat problemlos geklappt. Dabei sind in der Regel mehr Männer als Frauen unter den Teilnehmenden, so dass auch Frauenrollen mit Männern besetzt werden. Mit Begeisterung hatten alle Darsteller im Requisitenkoffer gewühlt und passende Accessoires ausgewählt. Ein Teilnehmer äußerte an dieser Stelle leises Bedauern, dass er die Rolle des Coaches gewählt hat. Doch er freut sich auch schon auf die knifflige Herausforderung am Abend.

Eine besondere Spannung entsteht dadurch, dass bis kurz vor der Aufführung selbst den Schauspielern nicht bekannt ist, wer von ihnen das Opfer sein wird. Auch die Identität des Mörders klärt sich für die Schauspieler erst nach dem ersten Teil der Aufführung. Die Teilnehmer, die die Rolle der Coaches bzw. die der Detektive übernommen haben, werden selbstverständlich darüber komplett im Unklaren gelassen. Zahlreiche verschiedene Spuren führen sie in die Irre. Um den Mord aufzuklären sind Kombinationsgeschick und Teamgeist erforderlich. Und dann ist da auch noch dieses Dienstmädchen, das immer wieder alles durcheinander bringt...

Die Führungskraft als Coach

Reflexionsrunde am nächsten Tag: „Good morning Jane, how are you today?“, „Mortimer, my dear, do you feel better now?“ begrüßen sich die Teilnehmer. Reflektiert wird zuerst über den Verlauf des gestrigen Abends. Nach den Proben am Nachmittag begann das Detektivdinner abends mit einem erlesenen Menü, bei dem der hinterhältige Mord stattfand. Bei der anschließenden Tatortuntersuchung und Zeugenbefragung kamen die Detektive der Lösung des Falls immer näher. Am Ende des Abends wurde in einem dramatischen Show-down der Täter gestellt.

„Wir hatte eine Menge Spaß, es hat die Gruppe zusammengeschweißt“, lautet die Rückmeldung eines der schauspielernden Teilnehmer. „Wir hatten zwar Vorgaben, aber auch viel Raum für Improvisation.“ Genauso wie die Teilnehmer im Stück ihre Rolle individuell ausfüllen konnten, haben sie auch im Job die Möglichkeit, ihre Führungsrolle mit viel eigenen Persönlichkeitsanteilen auszugestalten. Dabei steht ihnen oft mehr Spielraum zur Verfügung als sie denken, stellen sie jetzt fest. Und obwohl sie auch im Job oft eine bestimmte Rolle spielen, können sie ihre Wirkung in dem Maße erhöhen, wie sie sie authentisch ausfüllen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir allesamt als Theaterlaien es so gut hinkriegen, den ganzen Abend über in unserer Rolle zu bleiben.“, äußert ein anderer. „Es hat mir sehr geholfen, dass mich mein persönlicher Coach so gut in der Entwicklung meiner Rolle unterstützt hat.“ Einige Teammitglieder betonen, wie viel Spaß es ihnen gemacht hat, die anderen als Coach in ihrer Rollenfindung zu unterstützen und wie stolz sie auf die gute Performance „ihres“ Schauspielers während der Aufführung waren. „Die Führungskraft als Coach ihrer Mitarbeiter ist eine Anforderung, mit der wir im Berufsalltag immer stärker konfrontiert werden.“, ist die einhellige Meinung.

In ihrer Rolle als Detektive sehen sie sich jedoch selbstkritisch: „Wir hätten den Fall eher gelöst, wenn wir alle angedachten Lösungstheorien konsequenter verfolgt hätten.“ Die Organisation und der Informationsfluss untereinander hätte besser sein können. „Ich frage mich, warum keiner von uns die Führung übernommen hat“, äußert ein Teilnehmer, „ich habe mich selbst zu sehr zurückgehalten.“ Wir geben die Frage an die Teilnehmer zurück. Und haken außerdem nach, ob den Führungskräften ihr Harmoniebedürfnis im Wege gestanden hat. Das eröffnet die Diskussion über das Verständnis von Führung – ein Thema, welches die Teilnehmer am heutigen Tag noch weiter mit einer anderen Trainerin bearbeiten werden.

Der Abschied nach zwei Tagen fällt herzlich aus: man ist sich nahe gekommen, hat sich einander geöffnet, hervorragend gegessen und intensiv gearbeitet. Perücken, Gehstock und Pelzstola werden wieder in ihrem Requisitenkoffer verstaut, die Teilnehmer verlassen den klösterlichen Tatort. Ein Jahr später, Frühsommer 2007: die gesamte Maßnahme ist beendet, Ursula Seckler-Meineke kehrt vom Abschlussfeedback zurück in ihr Büro. Wie hat sich die kriminalistische Teamentwicklung auf den weiteren Verlauf des Programms ausgewirkt?

„Ich wollte gleich zu Anfang des Programms in eine interaktive Teambuilding-Maßnahme investieren. Es sollte etwas sein, an das sich die Teilnehmer auch in ein paar Jahren noch gern erinnern. Das Feedback der Teilnehmer war durchgängig positiv, auch noch ein Jahr später. Der Workshop hat die Teilnehmer vor allem als Team zusammengebracht und eine produktive Grundlage geschaffen. Das Fazit: Experiment gelungen – eine Neuauflage ist geplant!“

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Weitere Informationen zur kriminalistischen Teamentwicklung finden Sie hier.

ZUM AUTOR
Über Dr. Gabriela Teichmann
Dr. Teichmann Coaching
Dr. Gabriela Teichmann ist PR-Beraterin, Journalistin und Coach. Mit ihrem Unternehmen unterstützt sie Führungskräfte, Selbstständige, Teams oder Organisationen bei Veränderungsprozessen, der Umsetzung von Zielen und der ...
Dr. Teichmann Coaching
Hahnemannweg 8
30655 Hannover

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