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Fachartikel, 07.10.2008
Verhandlungstaktik
In der Preisverhandlung kuscheln, tricksen oder was?
Im Vertrieb zählt unterm Strich nur eines: das Ergebnis - und die Frage, ob man das erreicht hat, was man wollte. Während jedoch Verkäufer täglich über alle Medien hinweg mit mehr oder weniger hilfreichen Ratschlägen vermeintlicher Experten überschüttet werden, was man in Verhandlungen so alles tun und lassen sollte, helfen diese Tipps und Tricks meist wenig, wenn es zum Moment der Wahrheit kommt: der Preisverhandlung.
Gut verhandeln ist überlebenswichtig und bei schwankender Konjunktur noch angesagter als ohnehin. Dies gilt vor allem für die Preisverhandlung und damit den Verhandlungsabschluss. Schließlich geht in dieser Phase um die Höhe des Gewinns, der dem Unternehmen, das verkauft, am Ende bleibt. Ein Prozentpunkt Rabatt sind schnell 100.000 oder 500.000 Euro Reingewinn mehr oder weniger.

Zur optimalen Verhandlungsführung kursieren in den Medien allerlei Ratschläge von selbsternannten Experten. Vereinfacht gesagt stehen sich in der Welt der Verhandlungsratgeber zwei Seiten gegenüber: Die eine empfiehlt „Kuscheln!“, die andere schreit „Tricksen!“. Die Vertreter der ersten Gruppe konzentrieren sich auf die vermuteten Interessen der Verhandlungspartner und suchen nach kreativen Verhandlungslösungen jenseits festgefahrener Positionen. Doch Verhandlungen im Geschäftsleben sind einfacher gestrickt als der Nahost-Konflikt, für den diese Methode entwickelt wurde. Im Kern dreht es sich meistens um die Standardsituation: „Du willst nicht soviel zahlen, wie ich haben will“. Da hilft Kreativität nur eingeschränkt weiter.

Die zweite Gruppe der Ratgeber unterstellt Lug, Betrug und Manipulation. Diese Fraktion spricht von Verhandlungsgegnern, nicht von –partnern und sucht den Erfolg mit psychologischen Tricks. Doch Verhandlungen im Geschäftsleben sind eben keine Geiselnahme. Jeder Profi weiß, dass man mit solchen Tricks die Grundproblematik („Du willst nicht soviel zahlen, wie ich haben will“) selten übertünchen kann.

Der Moment der Wahrheit

Egal, welche Tricks angewandt werden und egal, wie kreativ die Verhandlungslösungen sein mögen: Alle Preisverhandlungen, die diesen Namen verdienen, kommen irgendwann zu dem Punkt, wo der Kunde signalisiert „Zu diesem Preis wird es sehr schwierig.“ Dann müssen Sie als Anbieter entscheiden, ob Sie einknicken oder hart bleiben und den Bluff des Kunden offen legen.
Diese Entscheidung ist der eigentliche Moment der Wahrheit der Preisverhandlung. Weder die „Kuschler“ noch die „Trickser“ können helfen, diese Entscheidung immer wieder richtig zu treffen. Im Gegenteil, sie lenken nur vom Kern der Sache ab und verleiten dazu, die Zeit mit Beiwerk zu vergeuden.

Was ist also der wichtigste Schritt, um die 500.000 Euro Reingewinn einstreichen zu können? Die systematische Aufarbeitung der zwei wesentlichen Verhandlungstreiber:

  • die Machtbalance und
  • die Erwartung an das Verhandlungsergebnis

Im Kern steht eine Einschätzung der Machtbalance: Mit welchem Preis komme ich durch, mit welchem nicht? Ist meine Leistung aus Sicht des Kunden gut genug im Vergleich zum Wettbewerb, um diesen Preis zu rechtfertigen? Was ist die bestmögliche Alternative für mich und was die beste Alternative für den Verhandlungspartner? Nur wer das sauber analysiert, kann gewinnen. Für diese Selbsterkenntnis ist es zum Beispiel wichtig, das Gespräch mit den Kunden außerhalb der Verhandlungssituation zu suchen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Schon nach kurzer Aufwärmphase tendieren Kunden dazu, auszupacken. Dann fallen Sätze wie „Mit Euch ist ziemlich einfach zu verhandeln.“ Für das Kundeninterview sollte jemand aus der Organisation gewonnen werden, der nicht im Alltag mit dem jeweiligen Key Account zu tun hat. Dies sichert den notwendigen Abstand / die notwendige Objektivität.

Eine weitere Perspektive auf die Machtbalance liefert eine tiefgreifende Analyse bereits durchgeführter Verhandlungen. Bei welchen Situationen gab es eine vergleichbare Machtbalance? Mit welcher Preisposition kamen wir dort zum Erfolg oder eben nicht? Dabei ist weniger wichtig, ob der Kunde und die verhandelte Leistung vergleichbar waren, sondern allein die vergleichbare Machtverteilung zählt. Ob nun Apple sein neues iPhone einem Mobilfunkbetreiber andient oder man bei einem Platzregen der einzige Schirmverkäufer auf der Wall Street ist, die Machtverteilung ist ähnlich und in beiden Fällen können die Anbieter einen massiven Preisaufschlag durchsetzen.

Zweiter wesentlicher Verhandlungstreiber sind die internen Erwartungen an das Verhandlungsergebnis. Es muss glasklar sein, wo für sie die Grenze liegt, sonst zieht Sie jeder geschickte Partner über den Tisch: „Ab wann machen wir nicht mehr mit?“ Dieser Schritt ist so intuitiv, dass es erstaunlich ist, wie häufig er vernachlässigt wird.. Was ist unser Ziel? Marktanteil verteidigen oder ausbauen oder höchstmögliche Marge realisieren? Erst die klare Zielvorgabe und der Rückhalt durch die Unternehmensführung schafft das Rückgrat, dass der Anbieter für die Verhandlung braucht und die Gegenseite nachweislich früher zum Einlenken bringt. Zusätzlich zu diesen zwei strategischen Verhandlungstreibern gibt es noch zwei weitere interessante Aspekte: Die Art der Verhandlungsinteraktion und das Erstgebot.

In Verhandlungen zu kuscheln bringt nichts

Was die Interaktion selber angeht, so bestätigt die Praxis, was die Wissenschaft in Experimenten gezeigt hat: „Kuscheln“ nützt nichts. Es schadet nicht, aber es hilft auch nicht. Eine allzu aggressive Verhandlungsweise dagegen kann sehr wohl schaden und zum Abbruch der Verhandlung führen. Beharrt ein Anbieter nämlich mit unverschämter Geste auf seiner vielleicht überlegenen Machtposition, fordert er die Gegenseite zur irrationalen Trotzreaktion heraus. Ergebnis: Beide Seiten verlieren. Rationales Verhalten und der Austausch von Argumenten steigert dagegen nachweislich die Verhandlungseffizienz.

Die Erwartung an die Verhandlung muss unternehmensintern durchgeführt werden, d.h. Ziele müssen definiert werden: „Ab wann machen wir nicht mehr mit?“ Dieser Schritt ist so intuitiv, dass es erstaunlich ist, wie häufig dieser Punkt vernachlässigt wird.. Für die Verhandlungsteilnehmer muss klar sein: Was ist unser Ziel? Marktanteil verteidigen oder ausbauen oder höchstmögliche Marge realisieren? Erst die klare Zielvorgabe und der Rückhalt durch die Unternehmensführung schafft das Rückgrat, dass der Anbieter für die Verhandlung braucht und die Gegenseite nachweislich früher zum Einlenken bringt.

Den ersten Anker in der Preisverhandlung setzen

Letzter und nicht zu unterschätzender Aspekt ist das Erstangebot. Eine populäre Empfehlung, die leider immer wieder von bereits erwähnten (selbsternannten) Experten genannt wird, lautet, in einer Preisverhandlung niemals das erste Angebot zu machen, damit sich die Gegenseite zuerst aus der Deckung wagt und ihre Zahlungsbereitschaft offenbart.

Dieser Rat ist in den üblichen Verhandlungssituationen nachweislich falsch. In mehreren Studien und Experimenten haben Wissenschaftler (u.a. der Kölner Sozialwissenschaftler Thomas Mussweiler) gezeigt, dass man sich in einer Verhandlung durch ein geschickt gewähltes erstes Angebot erhebliche Vorteile verschaffen kann. Grund dafür ist der sog. „Ankereffekt“: Je höher das erste Angebot, desto höher ist auch der Abschlusspreis (und umgekehrt)! Die Wirkung des Ankereffekts ist so mächtig, dass sich auch erfahrene Verhandlungsführer ihm nur selten entziehen können. Natürlich funktioniert er dann am besten, wenn das erste Angebot nicht völlig aus dem Rahmen fällt, sachlich vorgetragen und begründet wird. Die beste Gegenstrategie ist übrigens zu versuchen, einen aggressiven Gegenanker zu setzen.

Bei der Frage der richtigen Verhandlungstaktik lässt sich aus unterhaltsamen Tipps rund um das Tricksen oder Kuscheln durchaus etwas lernen, Geld wird aber vor allem durch ernsthafte und systematische Vorbereitung verdient, die deutlich über das hinausgeht, was die Mehrheit an Unternehmen heute umsetzt.

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