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Fachartikel, 14.01.2008
Studienwahl
Bachelor– oder Diplom-Abschluss?
Noch vier, fünf Monate - dann bewerben sich wieder zahlreiche frischgebackene Abiturienten um Studienplätze. Doch die Studien- und Studienortwahl fällt den Schulabgängern zunehmend schwer – weil sich die Hochschullandschaft im Umbruch befindet. Deshalb sind die Erfahrungen von Eltern, Verwandten und Bekannten oft nur noch wenig wert. Hinzukommt: Ob man sich nun für einen Bachelor- oder Diplom-Abschluss entscheidet, bedeutet die Studienwahl eine entscheidende Weichenstellung.­
Was soll ich studieren? Und: Wo soll ich studieren? Diese Fragen brennen schon vielen Generationen angehender Abiturienten auf den Nägeln. Leicht zu beantworten waren sie auch in der Vergangenheit nicht; vor allem weil mit der Wahl des Studiengangs eine berufliche Festlegung einhergeht – bei gleichzeitiger Unsicherheit: Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt? Hinzu kommt: An den Gymnasien werden die Schüler der Abgangsklassen traditionell kaum bei der Studienwahl unterstützt. Zwar werden ihnen vereinzelt Broschüren von der Agentur für Arbeit überreicht, doch mehr Hilfe gibt es zumeist nicht.

Dies war lange kein brennendes Problem, weil sich die Hochschullandschaft kaum änderte. Deshalb konnten sich die Abiturienten bei der Studien- und Studienortwahl auf den Rat von Verwandten und Bekannten stützen – auch weil die Curricula der Studiengänge an den verschiedenen Hochschulen weitgehend identisch waren. Zumindest unter fachlichen Gesichtpunkten war es zumeist relativ egal, ob ein Student BWL in München, Mannheim oder Hamburg studierte.

Reformprozess ist noch in Gang

Diese Zeiten sind vorbei, seit im Zuge des Bologna-Prozesses an allen deutschen Hochschulen die „Reformitis“ ausgebrochen ist und neben den Abschlüssen auch die Konzepte aller Studiengänge umgestaltet werden. Seitdem herrscht bei vielen Abiturienten absolute Ratlosigkeit bei der Studienwahl. Auch weil der Reformprozess noch in Gang ist. Zwar sind mittlerweile die meisten Studiengänge auf Bachelor-Abschlüsse umgestellt, aber speziell bei den ingenieur- und rechtswissenschaftlichen Studiengängen an den Universitäten blieb bisher noch weitgehend alles beim alten. Deshalb steht wer heute ein Studium dieser Fächer beginnt noch vielfach vor der Frage: Soll ich mich für einen Bachelor- oder einen Diplom-Abschluss entscheiden?

Die Studienpläne sind sehr verschieden

Und bei den weitgehend bereits auf Bachelor-Abschlüsse umgestellten Studiengängen? Bei ihnen stehen die Abiturienten vor der Frage: An welcher Hochschule soll ich studieren? Denn die Inhalte ihrer Studiengänge sind verschieden – selbst wenn auf ihnen das gleiche Label klebt. Aus folgendem Grund: Im Zuge der Umstellung ihrer Studiengänge überarbeiteten die Hochschulen auch deren Curricula – vor allem, weil die Bachelor-Studiengänge die Studierenden in zumeist drei Jahren zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen sollen. Deshalb mussten die vier- und fünfjährigen Diplom-Studiengänge inhaltlich „gestrafft“ werden. Das führte an vielen Hochschulen zu heftigen Debatten darüber: Was sind die Kerninhalte unseres Studiums und worauf kann verzichtet werden? Entsprechend unterschiedlich sind die Curricula der Bachelor-Studiengänge an den verschiedenen Hochschulen – unabhängig davon, ob das Studienfach nun Betriebswirtschaftslehre, Informatik oder Psychologie heißt.

Für die Abiturienten bedeutet dies: Sie müssen sich intensiv mit den Inhalten und dem Profil der Studiengänge befassen, um zu erkunden, inwieweit diese ihren (Ziel-)Vorstellungen entsprechen – zum Beispiel weil sie eher anwendungs- oder eher forschungsorientiert sind. Sich mit dieser Frage zu befassen, ist auch für alle Studierenden wichtig, die nach dem Bachelor-Studium eventuell noch ein Master-Studium absolvieren möchten. Denn mit der Wahl eines Bachelor-Studiums geht unter Umständen das Aus für manche Master-Studiengänge einher – obwohl es grundsätzlich heißt: Wer den Bachelor in den Tasche hat, kann bei einem überdurchschnittlichen Abschluss ein Master-Studium beginnen. Stimmt! Aber nicht jedes.

Stolperstein: Übergang zum Master-Studium

In der Hochschullandschaft zeichnet sich folgende Entwicklung ab: Etwa zwei Drittel der Master-Studiengänge sind konsekutiv. Sie bauen also auf einem Bachelor-Studium auf und vertiefen oder erweitern das dort erworbene Wissen. Solche Studiengänge werden speziell von Universitäten gern konzipiert, weil sie so die tradierten Inhalte des Diplomstudiums ins neue europäische Abschlusssystem hinüber retten können. Außerdem müssen die Studierenden für diese Master-Studiengänge keine Studiengebühren entrichten. Anders ist es bei den nicht-konsekutiven Master-Studiengängen, die das im Bachelor-Studium erworbene Wissen nicht vertiefen oder erweitern, sondern verbreitern. Zum Beispiel, indem sie einem Ingenieur mit dem Bachelor in der Tasche noch betriebswirtschaftliches Know-how vermitteln. Sie gelten sozusagen als „Zweitstudium“ und kosten Geld.

Für die Studierenden birgt dieses System folgende Falle: Selbst wenn sie ein fachlich einschlägiges Bachelor-Studium erfolgreich absolviert haben, können sie sich für viele, vor allem konsekutive Master-Studiengänge nicht einschreiben. Denn jede Hochschule kann für ihre Master-Studiengänge eigene (fachliche) Zugangsvoraussetzungen formulieren – zum Beispiel, dass der Absolvent eines ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiums bestimmte Kenntnisse im Bereich Elektrotechnik mitbringt. Oder dass der Bewerber sich in seinem Psychologiestudium in einem vorgegebenen Umfang mit diagnostischen Verfahren befasste. Erfüllt ein Bewerber – zum Beispiel weil er den Bachelor in Frankfurt statt München erwarb – diese Voraussetzungen nicht, erhält er eine Absage.

Relativ problemlos dürfte künftig der Wechsel ins Master-Studium in den Studiengängen sein, in denen die einzelnen Fachgebiete in sich abgeschlossene Lehreinheiten bilden – wie in den Rechtswissenschaften, wo man nicht im Strafrecht fit sein muss, um einen Kurs in Verwaltungsrecht zu absolvieren. Notfalls müssen die Studierenden noch ein, zwei Brückenkurse besuchen, in denen sie sich das fehlende Wissen aneignen. Dann werden auch sie zum Master-Studium zugelassen.

Schwieriger wird sich der Wechsel in allen Studiengängen gestalten, in denen die Lernmodule zumeist aufeinander aufbauen – wie bei den Ingenieurwissenschaften oder im Bereich Informatik. Wer hier ein eher anwendungsorientiertes Bachelor-Studium absolviert hat, dem zum Beispiel aufgrund seiner Ausrichtung auf bestimmte Branchen oder Funktionsbereiche in Unternehmen die nötige inhaltliche Breite fehlt, dürfte bei vielen konsekutiven, aber auch manchen nicht-konsekutiven Master-Studiengängen die Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen.
Kein Problem ist dies bei Abiturienten, die zum Beispiel schon vor Beginn ihres Chemie-Studiums genau wissen: „Ich will als Chemiker nicht in die Forschung, sondern in der Produktion eines Pharmaunternehmens arbeiten.“ Bei den meisten angehenden Studenten ist dies nicht der Fall. Sie entwickeln erst im Studium für sich eine so konkrete berufliche Perspektive. Diese Abiturienten sollten sich genau informieren, welches Berufsfeld ein bestimmter Bachelor-Studiengang ihnen eröffnet und in welchen Master-Studiengängen danach eine Verbreiterung oder Vertiefung des Wissens möglich ist.

Sich früh und umfassend informieren

Um sich richtig zu entscheiden, müssen die angehenden Studenten zunächst die Studienmöglichkeiten und die Curricula der Studiengänge kennen. Dies ist oft nicht der Fall. Das legt eine Untersuchung des Hochschulinformationssystems (HIS) nah. Sie kam zum Ergebnis: Von den Schülern, die im Herbst 2006 ihr Studium aufnahmen, fühlten sich nur 27 Prozent ausreichend auf die Studienentscheidung vorbereitet. Und die meisten sagten: Weder unsere Eltern und Bekannten, noch unsere Lehrer können uns hierbei „zielführend helfen“.
Diese Situation hat sich nicht verbessert. Im Gegenteil! Denn der Reformprozess an den Hochschulen ist inzwischen fortgeschritten. Deshalb hat auch das Erfahrungswissen der „älteren Ratgeber“ weiter an Wert verloren. Folglich kann die Empfehlung an künftige Abiturienten nur lauten: „Beginnt früh damit, euch über die Studienangebote zu informieren – möglichst bereits in der 12. Klasse.“ Zudem sollten sie die Studienberatungsangebote der Hochschulen nutzen. Bewährt hat sich auch, vor der Entscheidung Lehrveranstaltungen der relevanten Studiengänge zu besuchen und mit bereits Studierenden über deren Erfahrungen zu sprechen.

Verstärkt sollten aber auch die Gymnasien den angehenden Abiturienten Strategien vermitteln, wie sie sich über die Studienangebote der Hochschulen informieren können; des Weiteren sollten sie gegebenenfalls mit ihnen Entscheidungskriterien entwickeln. Denn ohne eine solche Unterstützung sind viele Abiturienten mit der Studienentscheidung überfordert. Gerade weil an den Hochschulen noch vieles im Fluss ist – und alle Beteiligten noch wenig Erfahrungswissen mit dem neuen System haben.

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