VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 21.09.2006
Wirtschaft/Mittelstand (allgemein)
Real Estate Investment Trusts (REITs) - geplantes Gesetz birgt Stolpersteine
Die baldige Zulassung der so genannten REITs (Real Estate Investment Trusts) brächte dem Finanzplatz Deutschland zweifelsohne neuen Schwung, wie das Beispiel Frankreich zeigt.
Viele rechtliche Fragen zur Ausgestaltung der steuerbegünstigten Immobilien-AGs sind mittlerweile geklärt, doch in einigen Punkten besteht Korrekturbedarf. Sinnvoll wäre es zudem, die ermäßigte Besteuerung von stillen Reserven bei Immobilienverkäufen an REITs auf alle Investoren auszudehnen.

Real Estate Investment Trusts, oder kürzer: REITs, sind eine besondere Form von Unternehmen, die sich auf das Geschäft mit Immobilien spezialisiert haben. International erfreuen sich REITs seit einiger Zeit der Gunst der Anleger – hierzulande sind sie dagegen noch nicht einmal zugelassen. Doch das soll sich bald ändern. Zumindest arbeitet das Bundesfinanzministerium mit Hochdruck an einem Referentenentwurf für ein REITGesetz, damit die Immobilienunternehmen ab dem kommenden Jahr an den Start gehen können. REITs sind für Immobilieninvestoren deshalb so interessant, weil sie sich in einigen Punkten von den bisher in Deutschland geläufigen Anlagemöglichkeiten unterscheiden:

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Offene Immobilienfonds
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Anders als herkömmliche Fondsgesellschaften, die häufig unter dem Dach einer Bank operieren, sind REITs meist börsennotiert. Sie unterliegen nicht den Regularien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und können sich daher stärker spezialisieren.

Zudem stehen die Real Estate Investment Trusts nicht – wie es von Zeit zu Zeit bei Immobilienfonds vorkommt – vor dem Problem massiver Kapitalzu- oder -abflüsse, und damit einer angespannten Liquiditätslage oder dem Zwang, kurzfristig investieren zu müssen.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Immobilien-Aktiengesellschaften
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Börsennotierte AGs, die sich auf die Immobilienbewirtschaftung und deren Finanzierung spezialisiert haben, sind auch hierzulande nicht neu. REITs genießen ihnen gegenüber aber gewisse – mit Auflagen verbundene – steuerliche Vorteile. So müssen sie das Gros der erwirtschafteten Erträge an die Aktionäre ausschütten, und zugleich haben diese Erträge im Wesentlichen aus dem Immobiliengeschäft zu stammen. Dafür unterliegen die Gewinne der REITs weder der Körperschafts- noch der Gewerbesteuer, sondern werden ausschließlich auf Seiten des Anlegers mit dessen persönlicher Einkommenssteuer belastet.

Für Deutschland sind REITs aus verschiedenen Gründen gut:

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
1. Professionalisierung der Immobilienbranche
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Mit den REITs tritt ein neuer potenzieller – und vermutlich zahlungskräftiger – Immobilienkäufer in Erscheinung. Für Unternehmen und Kommunen wird es dadurch leichter, sich von Gebäuden zu trennen, deren Bewirtschaftung nicht zu ihrer Hauptaufgabe gehört. Vom professionellen Immobilienmanagement der REITs würden letztlich auch die Mieter profitieren – etwa dadurch, dass die Bausubstanz besser instand gehalten wird und der verbesserte Zugang zum Kapitalmarkt mögliche Mieterhöhungen dämpft.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
2. Erweiterung der Anlagemöglichkeiten
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Im Rahmen der Geldanlage für die Altersvorsorge oder die Vermögensbildung ist mithilfe der REITs als zusätzlicher Anlagemöglichkeit eine bessere Risikostreuung möglich.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
3. Belebung des Finanzstandorts Deutschland
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Frankreich hat bereits im Jahr 2003 Immobilientrusts zugelassen, die so genannten sociétés d´investissements immobilières cotées (SIIC), und erlebt derzeit einen ausgesprochenen Boom am Immobilienmarkt. In Großbritannien sollen REITs zwar wie in Deutschland erst 2007 eingeführt werden, trotzdem gibt es auf der Insel längst eine Vielzahl großer börsennotierter Aktiengesellschaften, die sich auf das Immobiliengeschäft konzentrieren:

Insgesamt befanden sich im April dieses Jahres in Großbritannien Immobilienaktien im Wert von umgerechnet 56 Milliarden Euro im freien Umlauf – Deutschlands wenige Immobilien- AGs kamen dagegen gerade auf einen Streubesitz von 4 Milliarden Euro.

Daran lässt sich ablesen, welches Potenzial das Finanzmarktsegment des Immobilieninvestments hierzulande noch hat. Die Investoren stehen schon eine Weile in den Startlöchern – am 1. Januar 2007 soll nun der Schuss fallen.

So scheint nach viel hin und her endlich eine Lösung für die Besteuerung ausländischer Anleger gefunden. Zunächst befürchtete man, dass diese sich aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen der Steuerzahlung in Deutschland gänzlich entziehen könnten. Jetzt dürfen Ausländer maximal einen direkten Anteil von 10 Prozent an den REITs erwerben. Dadurch lässt sich in den meisten Fällen eine Quellenbesteuerung von 15 Prozent durchsetzen. Trotzdem wird es für ausländische Investoren auf dem Umweg über Tochterfirmen möglich sein, maßgebliche Anteile zu erwerben.

Auch andere Bestimmungen des geplanten REIT-Gesetzes, die bisher an die Öffentlichkeit gedrungen sind, stimmen großteils hoffnungsfroh für die positive Entwicklung des Markts. Der Gesetzgeber orientiert sich an den gängigen internationalen Standards. So sollen die Immobilientrusts verpflichtet sein, 90 Prozent ihrer Gewinne an die Anleger auszuschütten. Zudem müssen 75 Prozent der Erträge aus dem Immobiliengeschäft stammen, und ein ebenso großer Teil des Vermögens soll in Immobilien gebunden sein. Verletzt ein REIT diese Kriterien, droht eine Strafbesteuerung oder sogar der Entzug des Status.

Eine weitere Auflage sieht vor, dass die Immobilien-AGs spätestens drei Jahre nach ihrer Gründung an der Börse notiert sein müssen. Das ist deshalb sinnvoll, weil die Börsennotierung gewährleistet, dass die Aktien jederzeit handelbar sind und die Publizitätsstandards eingehalten werden. Doch ein Börsengang erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Zudem muss das Marktumfeld stimmen. Daher spricht viel dafür, den Zeitraum für den Börsengang auf fünf Jahre zu verlängern.

Geklärt ist auch die steuerliche Behandlung von stillen Reserven beim Immobilienverkauf: Bisher wurde die Differenz zwischen Verkaufspreis und Buchwert des Objekts als realisierte stille Reserve mit 40 Prozent besteuert, was den Verkauf unattraktiv machte. Künftig soll nur noch eine so genannte Exit-Tax von 20 Prozent fällig werden. Das ist jedoch keine Steuersubvention, sondern der Abbau einer Doppelbelastung. Denn der Marktwert einer Immobilie ergibt sich im Wesentlichen aus den zu erwartenden – abgezinsten – Mieteinnahmen, die ohnehin der normalen Einkommens- oder Gewinnbesteuerung unterliegen.

Die verringerte Steuerbelastung des Immobilienverkaufs an REITs kann dazu führen, dass wesentlich mehr Immobilien den Besitzer wechseln werden. Ein Beispiel:

Der Verkauf eines völlig abgeschriebenen Mietshauses mit einem Gegenwartswert von 100.000 Euro rechnet sich bei einem Steuersatz von 40 Prozent für den Besitzer erst ab einem Preis von 167.000 Euro, bei einer Exit- Tax von 20 Prozent immerhin bereits ab 125.000 Euro.

Je niedriger der Verkaufspreis, umso leichter ist es, einen Käufer zu finden. Denn dieser muss die Rendite des Objekts nicht ganz so stark erhöhen, um den Steueraufschlag zu kompensieren – im Beispiel statt von 4 auf 9 Prozent nur auf 6 Prozent.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass allein die 65 größten deutschen Unternehmen einer Schätzung der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. zufolge noch auf einem Immobilienvermögen von über 192 Milliarden Euro sitzen und zu 70 Prozent eigene Gebäude und Grundstücke nutzen. Diese Quote liegt in den USA lediglich bei 25 Prozent. Es ist daher durchaus überlegenswert, die für REITs vorgesehene Steueränderung auf alle Immobilienverkäufe, auch an geschlossene Fonds und andere Immobilien-AGs, auszudehnen.

Die geplante Begrenzung der Kreditfinanzierung der REITs auf 60 Prozent des Kapitaleinsatzes erscheint indes wenig sinnvoll. Denn dadurch können günstige Finanzierungsbedingungen für Investitionen nur unzureichend ausgeschöpft werden, worunter die Eigenkapitalrendite leidet. Dies ist ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber den angelsächsischen Beteiligungsgesellschaften.

Fragwürdig ist auch die angedachte Streubesitzquote, derzufolge sich 15 Prozent der Anteile auf Anleger verteilen müssen, die jeweils weniger als 3 Prozent halten. In einem jungen Markt, zu dem die Investoren erst Zutrauen fassen müssen, könnte sich diese Auflage als Stolperstein entpuppen.
ZUM AUTOR
Über Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Postfach 101942
50459 Köln

+49-221-49810
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Studie zur gesellschaftlichen Mitte
Vom Facharbeiter bis zum Gymnasiallehrer – die Mittelschicht in Deutschland ist bunter und ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG