Es geht um die Faktoren, die wirksames Führen und effektives Entscheiden unter Unsicherheit ermöglichen! Ein Projektleiter kann durch seinen Umgang mit komplizierten Führungsfragen, Interessenskonflikten, Demotivation und Abweichungen von der Planung das Projektmanagement jenseits der Planwirtschaft zum Gelingen bringen. Dazu braucht es wirksames Führen und effektives Entscheiden unter Unsicherheit! Denn die formale „Planwirtschaft“ in der Projektleitung, die versucht die reale Komplexität durch Prozesse, Methoden und Tools „wegzumanagen“, macht Projekte zunichte, noch bevor sie sich erfolgreich entwickeln können.
Was Führung im Projekt besonders macht
1. Inhaltliche und zeitliche Begrenzung
Das Projektteam startet zu einem bestimmten Inhalt und arbeitet zeitlich begrenzt an einer konkreten Aufgabe. Das magische Dreieck aus Qualität, Kosten und Terminen unter Zeitdruck zu steuern erfordert eine besondere Ergebnisorientierung – und ein Projektschiff steuert sich bei rauer See noch schwerer als bei ruhiger.
2. Organisationsübergreifende Zusammensetzung
Der Projektkapitän hat eine bunt gemischte Mannschaft: Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kompetenzen aus verschiedenen Abteilungen mit ihren ganz eigenen Kulturen treffen aufeinander; hinzu kommen nicht selten große Hierarchieunterschiede. Dann sitzen dort Sachbearbeiter neben Entwicklern, der Abteilungsleiter der Buchhaltung neben dem persönlichen Referenten des Marketingvorstandes.
In Linie gibt es Stellenbeschreibungen, Regeln und definierte Prozesse. Doch im Projekt ist vieles neu – schließlich gibt es nur wenige definierten Schnittstellen, Regeln und Prozessanweisungen. Der Projektkapitän muss also in der Lage sein, die Erfordernisse der jeweiligen Situation zu erkennen, seiner Mannschaft aktiv beizustehen und das Projektschiff mit einigen sanften Ruderbewegungen an den zwangsläufig auftretenden Klippen und unvorhersehbaren Untiefen vorbeizusteuern.
3. Teilzeitbeschäftigung im Projekt
Teammitglieder arbeiten unter Umständen parallel in weiteren Projekten und/oder in der Linienorganisation. So wird es zu einem Kampf um Ressourcen kommen, weil die „klugen Köpfe“ nicht nur im Projekt, sondern auch im Tagesgeschäft gebraucht werden.
4. Laterale Führung
Der Projektkapitän steuert auch die Gremien des Projekts. Er muss nach oben führen und dafür sorgen, vom Projektauftraggeber die erforderlichen Entscheidungen zu bekommen. Dazu bedarf es politischen Gespürs, intensiver Arbeit im Vorfeld (Stakeholder-Management) und effektiver Kommunikationstaktiken.
Auf der anderen Seite wirkt die Führungskraft im Projekt nach unten; sie muss das Team lenken und motivieren. Das ist ein Balanceakt zwischen manchmal gegenläufigen Interessen. Projektmanager sind in der Regel nicht mit den gleichen disziplinarischen Führungsinstrumenten ausgestattet wie Führungskräfte in der Linie. Sie führen als „Fachvorgesetzte“, also zeitlich und inhaltlich begrenzt auf die Projektaufgabe. Damit steht ihnen nur ein sehr eingeschränktes Repertoire zur Verfügung.
Insbesondere der letzte Punkt wird von unerfahrenen Projektleitern häufig beklagt. Am Ende sei die Hierarchie immer mächtiger, weil sie Belohnungen verteilen und Sanktion verhängen könne. Komme es zu strittigen Situationen, unterliege man in den meisten Fällen. Erfahrene Projektkapitäne wissen allerdings, dass sie die fehlende disziplinarische Macht nicht beklagen müssen, wenn sie auf aktive Führung mit Persönlichkeit setzten.
Es braucht es eine aktive Führung mit der Persönlichkeit eines Kapitäns, die durch fünf Merkmale gekennzeichnet ist: seemännische Gelassenheit, ein variantenreicher Führungsstil, der Unterschiede aktiv nutzt, einflussreiches Verhalten, ein Management, welches das Ohr auf der Schiene hat und eine Kommunikation, die Interessen aktiv aufspürt, statt unter Konflikten zu leiden.
Interessen des Projekt-Auftraggebers aktiv angehen
Es braucht mehr Selbstbewusstsein bei der Auftragsklärung und keine Furcht vor dem Auftraggeber. Effektive Projektlenker kennen die häufigsten Fehler in der Praxis:
Hier ist es wichtig, dass der Projektleiter den Auftraggeber mit seinem Verhalten konfrontiert und das Projekt von Anfang an auf die belastbare Schienen bringt. Mikropolitik, das „Ohr auf der Schiene“ zu haben und ein bewusstes taktisches Vorgehen sind Erfolgsgaranten für ein „Management meines Auftraggebers“. An Land hat der Reeder das sagen, auf See der Kapitän!
Wie Team-Motivation gelingt
Kernelement aller Projektteam Führung ist eine sinnvolle Struktur. Ein verständlicher Terminplan und SMARTe Ziele zeigen jedem einzelnen Mitarbeiter, wie das „Uhrwerk“ aussieht, in dem er für sein wichtiges Rädchen die Verantwortung trägt. Ein guter Projekt-Leader macht den Zusammenhang erkennbar, in dem jedes Teammitglied eigenverantwortlich handelt, statt die Führungsenergie in immer ausgefeiltere Anreizsysteme zu stecken. Die Beantwortung vier zentraler Fragen bringt Vorgesetzte zu den ungenutzten Quellen der Mitarbeitermotivation:
Auf diese Weise werden die individuellen Motivatoren und Demotivatoren des Mitarbeiters aufgespürt und sie können feststellen, welches Rädchen im Gesamtgetriebe des Projektes für ihn das richtige ist.
Wenn das Team dann zur Kickoff-Veranstaltung zusammentrifft und die Beteiligten sich zum ersten Mal gemeinsam treffen, geht es im Wesentlichen darum, ihnen Sinn und Zusammenhang aufzuzeigen: Welche Bedeutung hat das Projekt? Und Rolle spielen die einzelnen Teammitglieder darin? Jeder soll erkennen, welches Rädchen er dreht – und wie sein Rädchen mit allen anderen zusammenspielt, damit das Ganze einen Sinn ergibt.
Heldentaten überflüssig machen: kluge statt tapfere Projektführung
Erfolgreiches Projektmanagement benötigt keinen tapferen Helden mehr, der die im Projekt auftretenden Überraschungen und unvermeidlichen Widerstände niederkämpft. Stattdessen versteht es der Projektkapitän, sein Schiff auch bei Gegenwind mit seemännischer Gelassenheit zu steuern und in den Zielhafen einzulaufen.
Ein solcher Projektleiter verzichtet auf die Vorgaben einer „Planwirtschaft“, wie sie im Projektmanagement noch immer gelehrt werden. Anstatt sich den Blick durch lineare Methoden einzuengen, nimmt er aufmerksam alle Ereignisse und Signale auf, die er im Zusammenhang mit seinem Projekt beobachtet. Dabei unterscheidet er sich vor allem in vier Punkten von seinem Kollegen, der immer noch Heldenkämpfe ficht: