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Fachartikel, 13.12.2007
Private Altervorsorge
Rentenlücke wird häufig unterschätzt
Viele Deutsche werden im Alter ihren Lebensstandard nicht halten können. Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge legt jeder zweite bundesdeutsche Haushalt, dessen Hauptverdiener zwischen 1959 und 1973 geboren wurde, im Rahmen der privaten Altersvorsorge zu wenig für den Ruhestand zurück, um diesen sorgenfrei genießen zu können. Ihre Rentenlücke ist zu groß.
In den vergangenen Jahren wurde die gesetzliche Rentenversicherung mehrfach reformiert. Das war auch nötig, denn sonst hätte eine immer größere Abgabenlast den Arbeitsmarkt und die Beitragszahler zu sehr in Mitleidenschaft gezogen. So ist inzwischen ist es beispielsweise im Gesetzt verankert, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung bis 2020 höchstens auf 20 Prozent und bis 2030 maximal auf 22 Prozent angehoben werden darf.

Die größte Veränderung ist sicherlich die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters – die so genannte Rente mit 67: Das reguläre Renteneintrittsalter steigt bis 2029 sukzessive von 65 auf 67 Jahre an: Ab 2012 müssen Arbeitnehmer jedes Jahr einen Monat länger arbeiten, bevor sie in den Ruhestand gehen können. Von 2024 an verschiebt sich der Rentenbeginn jährlich um zwei Monate nach hinten. Wer allerdings 45 Versicherungsjahre angesammelt hat, darf weiterhin abschlagsfrei mit 65 in Rente gehen.

Anlass hierfür gibt die demographische Entwicklung in Deutschland: Immer weniger Beitragszahler stehen immer mehr Rentenempfängern gegenüber, die auch noch immer älter werden. Die Rentenreformen bedeuten jedoch auch, dass die gesetzliche Ersatzquote, also der Anteil der Rente am früheren Erwerbseinkommen, sinken wird. Im Jahr 2030 bekommen Ruheständler, die im Idealfall 45 Jahre gearbeitet und durchschnittlich verdient haben, nur noch rund 40 statt wie derzeit etwa 50 Prozent ihres früheren Bruttoeinkommens vom Staat überwiesen.

Private Vorsorge tut also Not: Beschäftigte müssen zunehmend Vermögen aufbauen, um ihre gesetzliche Rente zu ergänzen. Einerseits ist das natürlich begrüßenswert. Statt in der großen Rentenkasse zu verschwinden, fließt das Geld auf Sparkonten und in andere Anlagemöglichkeiten. Andererseits bedeutet sparen natürlich auch, während des Erwerbslebens weniger Euros in den Konsum zu stecken. Aber es lohnt sich, denn im gesetzlichen Rentensystem fällt das Ruhegeld künftig recht bescheiden aus. Der Sachverständigenrat hat es in seinem aktuellen Gutachten einmal so ausgerechnet:

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Ein Erwerbstätiger, der 2030 in Rente geht, muss 30 Jahre gearbeitet und durchschnittlich verdient haben, um das gegenwärtige Niveau der Grundsicherung – rund 660 Euro monatlich – zu erreichen; aktuell genügen dafür 25 Jahre in Lohn und Brot.
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Die privaten Altersvorsorge hingegen folgt dem Grundgedanken: Sparen fürs Einkommen nach dem Einkommen. Im weiteren Sinn gehören dazu die betriebliche und die geförderte Vorsorge, beispielsweise durch Riesterverträge und die Vermögensbildung in Form von Immobilien. Wer spart, erhöht sein Vermögen, wird mit Zins und Zinseszins belohnt und kann damit seine gesetzliche Rente aufbessern. Diese Logik gilt im Prinzip auch für den Immobilienbesitz; hier bestehen die „Einnahmen aus Vermögen“ aus der gesparten Miete. Welche Summen dazu erforderlich sind, macht eine Beispielrechnung deutlich:

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Ein 35-Jähriger möchte mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen. Er hat ausgerechnet, dass seine gesetzliche Rente um 250 Euro monatlich zu niedrig ist, um seinen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Also beginnt der 35-Jährige zu sparen, damit er ab 65 die fehlenden 250 Euro pro Monat aus eben diesem Ersparten beziehen kann. Zusätzlich möchte der Beschäftigte noch lange Zeit Zinsen – im Alter real 2,5 Prozent – kassieren, deswegen will er das zurückgelegte Kapital im Alter erst innerhalb von 30 Jahren aufbrauchen. Unter diesen Umständen müsste der Sparer mit 65 Jahren ein Vermögen von 78.354 Euro zusammen haben, um seine Rentenlücke zu füllen.
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Nach diesem Muster hat das IW mit den Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 2003 die Ausgangslage in deutschen Haushalten untersucht. Dabei wurden Haushalte betrachtet, in denen ein Arbeiter oder Angestellter der Hauptverdiener ist und nach 1943 und vor 1979 geboren wurde. Um herauszubekommen, wie viel angespart werden muss, um daraus im Alter regelmäßige Einnahmen zu beziehen, wurde unterstellt, dass die Haushalte später einen bestimmten Anteil des früheren Bruttoeinkommens mit Erspartem ersetzen wollen. Beschäftigte, die ab 2010 in den Ruhestand gehen, streben in den IW-Berechnungen an, die entstandene Rentenlücke von 15 Prozent mit eigenem Kapital zu schließen. Bis 2030 erhöht sich diese Quote auf 25 Prozent, weil sich in dieser Zeit die gesetzliche Rente reduziert.

Betrachtet man allerdings die angesparten Vermögen der Haushalte in Deutschland, scheint es auf den ersten Blick keine Rentenlücke zu geben. Besonders üppig mit Kapital ausgestattet sind die Jahrgänge von 1944 bis 1948. Im Durchschnitt haben die Haushalte mehr gespart, als sie brauchen, um im Ruhestand ihren Lebensstandard beibehalten zu können. Allerdings verstellt der statistische Mittelwert den Blick auf die Realität und gibt keinesfalls Anlass zur Entwarnung. Denn die Vermögen sind bei Weitem nicht gleich verteilt, was sich aus dem arithmetischen Mittel jedoch nicht herauslesen lässt. Für viele sieht es nämlich mau aus:

Die Hälfte aller Haushalte, deren Hauptverdiener zwischen 1964 und 1968 zur Welt kam, hatte im Jahr 2003 mindestens knapp 30.000 Euro zu wenig auf der hohen Kante, um im Alter ab 65 Jahren ohne größere Einschnitte leben zu können. Würden die Betroffenen ein Jahr länger arbeiten und sparen, würden ihnen noch immer fast 24.000 Euro fehlen. Die Lücken bei den jungen Haushalten mit einem Hauptverdiener, der nach 1974 geboren wurde, sind hingegen derzeit noch kleiner, denn zum einen scheinen diese Jahrgänge bereits mehr zu sparen, zum anderen hatten sie überhaupt noch nicht die Zeit, einen großen Fehlbetrag entstehen zu lassen. Dies hat allerdings zwei Gesichter:

Einerseits hat ein junger Mensch noch relativ viel Zeit, Lücken zu schließen. Andererseits bedeutet eine Differenz von beispielsweise 10.000 Euro für jemanden, der in zehn Jahren in Rente geht, einen Fehlbetrag von nur 45 Euro pro Monat, während mit der gleichen Vermögenslücke jemand, der noch 40 Jahre zu arbeiten hat, später einmal monatlich 126 Euro zu wenig im Geldbeutel haben wird. Denn lägen die 10.000 Euro bereits heute auf der hohen Kante, würden sie sich bis zum Jahr 2047 mit Zins und Zinseszins entsprechend vermehren. Von daher sollten sich auch junge Menschen mit dem Thema Vermögensbildung beschäftigen.

Ein anderes Sorgenkind sind die einkommensschwachen Haushalte. Auch sie müssen eine Chance bekommen, Kapital für den Ruhestand aufzubauen. Der Zugang zur Vermögensbildung sollte also möglichst leicht gemacht werden. Dass sich das lohnt, zeigt der Erfolg der Riester-Rente: Der Gesetzgeber hat im Jahr 2005 die Regeln dieser staatlich geförderten Anlageform vereinfacht. Seitdem erfreut sich die Riester-Rente wachsender Beliebtheit: Allein im dritten Quartal 2007 erhöhte sich die Zahl der Riester-Verträge um 635.000. Insgesamt gibt es zurzeit 9,7 Millionen Riestersparer – die 10-Millionen-Grenze ist in greifbarer Nähe.

Die Deutschen scheinen also die Zeichen der Zeit langsam verstanden zu haben. Allerdings ist noch nicht ausreichend erforscht worden, ob Riester-Verträge wirklich zusätzlich zu bisherigen Sparanstrengungen hinzukommen oder ob sie andere Anlagen einfach nur ersetzen.

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Literaturhinweis
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Rentenlücken in Deutschland
von Manfred Jäger

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