Große Teile des deutschen Mittelstands sind mit ihrer Personalpolitik in den Fünfzigerjahren stehen geblieben. Im heutigen „War of Talents“ geraten sie deswegen immer mehr ins Hintertreffen. Dabei haben sie hochqualifizierten Mitarbeitern genug zu bieten. Sie müssen lediglich die Bausteine moderner, erfolgreicher Personalbeschaffung richtig zusammensetzen.
Während Großkonzerne wie Deutsche Telekom speziell im Internet als Arbeitgeber nach Außen Glanz verstrahlen, präsentieren sich Mittelständler online meist als graue Maus (Bild: Screenshot-Ausschnitt Karriereportal der Deutschen Telekom).
Völlig gleich, ob KMU oder Großkonzern: Von der Qualität der Mitarbeiter
– und damit auch von der Qualität der Personalpolitik – hängt die
Qualität des Markterfolges unmittelbar ab. Es sind die Leistungsträger
eines Unternehmens, die den Geschäftserfolg mit ihrem Know-how und ihrem
Ehrgeiz antreiben. Das beweisen auch die vielen deutschen „Hidden
Champions“. Sie erobern ihre Märkte mit Innovationskraft und
ausgeprägter Expertise in ihrer Nische. Sie wissen, dass es nicht mehr
ausreicht, gute Produkte zu planen. Wer in der modernen Wirtschaft
überleben will, muss auch die Menschen „planen“, die diese Produkte
entwickeln und verkaufen sollen.
Genau an diesem Punkt haben die Marktprobleme vieler KMUs ihren
Ursprung: Mittelständler verfügen in der Masse über eine ausgesprochen
durchschnittliche Personalplanung, die sich immer noch viel zu oft an
der Zahl der Köpfe, nicht aber an deren Qualitäten orientiert. Zudem
investieren sie deutlich zu wenig in die Weiterbildung der Mitarbeiter
und versäumen es somit, die Qualität zu erhalten und auch ständig zu
verbessern.
Hinzu kommt, dass Mittelständler meist erhebliche Defizite bei den
„weichen“ Faktoren haben. Eine attraktive und authentische
Unternehmenskultur ist jedoch der Ausgangspunkt jeder erfolgreichen
Personalpolitik. Im Mittelstand wird diese zwar meist „gelebt“. Doch
liegt sie nicht formuliert vor, wodurch sie kaum Strahlkraft nach außen
entfalten kann. Auch fehlen dadurch die Kriterien, nach denen
Mitarbeiter gesucht werden, die sowohl aufgrund ihrer fachlichen
Kompetenz als auch aufgrund ihrer Persönlichkeit zum Unternehmen passen.
Dass sich die Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen, ist aber
essentiell für den Geschäftserfolg. Der Leistungswille steigt, wenn sie
sich mit den Unternehmensideen identifizieren können. Ein kostbares Gut
für jeden Arbeitgeber, da sich die Produktivität und damit das
Geschäftsergebnis durch motivierte Mitarbeiter deutlich verbessern
lassen. Auch die Fluktuation verringert sich, was wichtige
Einsparpotentiale mit sich bringt, da der Rekrutierungsprozess und die
Einarbeitungsphase wahre Kostentreiber sind. Außerdem nimmt mit einer
reduzierten Fluktuation der Wissenserhalt zu: Die geringe
Mitarbeiterabwanderung führt zu einer Kultur des Vertrauens, was den
Austausch von Know-how im Unternehmen stärkt.
Human Resources (HR) als Teil der strategischen Planung
Unternehmen, die ein erfolgreiches HR-Management etablieren wollen,
müssen daher zunächst eins begreifen: Personalplanung ist Chefsache –
auch und vor allem im Mittelstand. Sie ist ein integraler Bestandteil
der strategischen Planung und auf keinen Fall eine bloße
Verwaltungsaufgabe – als die sie jedoch bei der überwiegenden Zahl der
KMUs angesehen und in der Hierarchie entsprechend zugeordnet wird.
Aufgrund ihrer mangelnden Größe werden Mittelständler zwar nie zu den
Arbeitgebern gehören, um die sich qualifizierte Bewerber reißen. Diese
mangelnde Bekanntheit können (und müssen) sie aber durch intelligentes
und offensives HR-Management ausgleichen. Dabei geht es um die
Profilierung als attraktiver Arbeitgeber mit einer markanten
Unternehmenskultur, wodurch potentielle Bewerber auf das Unternehmen
aufmerksam werden und damit mittelbar die Qualität der eingehenden
Bewerbungen steigt.
Intelligente Mitarbeitersuche
Was viele Mittelständler darüber hinaus oft versäumen: Sie spielen ihre
Vorteile gegenüber Großunternehmen nicht aus. Insbesondere bei der
Mitarbeiterbindung könnten sie punkten, da sie aufgrund ihrer
familiäreren Struktur erhebliche Vorteile in Sachen „Wohlfühlfaktor“
haben. Und was ein Mittelständler im Vergleich zum Großunternehmen nicht
direkt bieten kann, lässt sich oft durch Ideenreichtum ausgleichen. Ein
Beispiel: Ein 500-Mann-Betrieb wird in der Regel keinen eigenen
Kindergarten betreiben können. Warum dann also nicht durch Sponsoring
eines örtlichen Elternvereins exklusive Kita-Plätze für angestellte
Mütter sichern?
Strategisches HR-Management bedeutet dabei auch, alle Kanäle zur
Personalrekrutierung zu nutzen. Das Internet ist nicht nur eine günstige
Lösung, sondern bietet auch zahlreiche Möglichkeiten zur intelligenten
Suche, zum Beispiel virtuelle Agenten, die das Netz regelmäßig nach
geeigneten Mitarbeitern durchforsten. Verbunden mit den klassischen
mittelständischen Tugenden – schnell, freundlich, persönlich,
individuell, flache Hierarchien – lässt sich einiges erreichen, um
hochqualifizierte Mitarbeiter ins Boot zu holen.