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Fachartikel, 01.04.2010
Personalmanagement
Betriebliche Gesundheitsförderung zahlt sich aus
Noch immer verbinden viele Unternehmen mit der betrieblichen Gesundheitsförderung in erster Linie einen Kostenfaktor, der wohl kalkuliert sein will. Dabei kostet, die Gesundheit der Belegschaft nicht aktiv zu fördern, Unternehmen weitaus mehr.
Besonders in Krisenzeiten, die mit zusätzlichen Belastungen einhergehen, kommt dem Erhalt und Ausbau der Leistungsfähigkeit eine wichtige Bedeutung zu. Wohl auch aus diesem Grund investieren mehr und mehr Menschen Zeit und Geld, um aktiv für ihre Gesundheit vorzusorgen. Fitness-Studios, Heilpraktiker und Ernährungsberater profitieren davon; Bio-Produkte sind inzwischen aus keinem Supermarkt mehr wegzudenken – kurz: die Gesundheits- und Wellnessbranche gilt als DER Wachstumsmarkt schlechthin.

Umso mehr verwundert es, dass diese Entwicklung von vielen Unternehmen nicht wahr genommen und das gesundheitliche Engagement von Mitarbeitern nicht unterstützt wird. Schließlich verursacht Krankheit mehr als nur finanzielle Kosten: in Zeiten knapper Personalressourcen führt jeder Ausfall zu Engpässen. Die verbleibenden Mitarbeiter müssen diese zusätzlich zu dem ohnehin schon anspruchsvollen Aufgabenspektrum bewältigen. In der Folge leiden Produktion und Arbeitsqualität, die Kundenzufriedenheit wird gefährdet. Außerdem ist Ersatz für langfristig ausfallende Mitarbeiter immer schwerer am Markt zu rekrutieren – Demografie und Fachkräftemangel lassen grüßen! Welches Unternehmen kann sich das auf Dauer leisten?

Ein Unternehmen, das die Kapazitätsauslastung der Beschäftigten um jeden Preis zu optimieren versucht, ohne dabei deren Ansprüche an ein akzeptables Arbeitsumfeld angemessen zu berücksichtigen, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn die „Ressource Mensch“ ist nicht an betriebswirtschaftlich messbare Funktionalitäten gebunden – sie (re)agiert auf Basis ihrer eigenen Einstellungen und Wertmaßstäbe.

Burnout und Depressionen kosten mehr als Geld


In Gesundheits-Coachings berichten die Betroffenen fast ausnahmslos von ungünstigen Arbeitsbedingungen, die sie selbst nicht beeinflussen können. In empirischen Studien zur betrieblichen Gesundheit nennen sie neben zu hohem Zeitdruck vor allem unklare Arbeitsanweisungen, sich ständig verändernde Ablaufprozesse und ein schlechtes Betriebsklima als Belastungsfaktoren. Die alljährliche Infas-Umfrage weist seit Jahren konstant eine Zahl von mehr als 25 Prozent aller Beschäftigten aus, die sich von ihrer Arbeit ausgebrannt fühlen. Eine weitere regelmäßig von Gallup durchgeführte Studie belegt eine wachsende Zahl von Fach- und Führungskräften, die aus den genannten Gründen ihren Job innerlich kündigen. Diese Ergebnisse werden unterstrichen von den Jahresreports der Krankenkassen, die eine drastische Zunahme der psychosozialen Erkrankungen, wie z.B. Burnout und Depression, bei Berufstätigen ausweisen. Anders als ein Schnupfen gehen diese Krankheitsbilder häufig mit mehrmonatigen Ausfällen einher. Vor diesem Hintergrund tut jede Unternehmensleitung gut daran, ihr Augenmerk auf Arbeitsbedingungen zu richten, die dem Erhalt der Gesundheit dienen.

Chance zum gesundheitsbewussten Umdenken

Aktuell kommen noch zusätzliche Arbeitsbelastungen aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise hinzu. Doch gerade in dieser angespannten Situation liegt eine Chance zur Etablierung eines betrieblichen Gesundheitswesens oder zu dessen Neuausrichtung. Denn eine Krise macht es erforderlich, anders zu denken und Neues zu wagen; sich bewusst von überholten Denkweisen abzuwenden und nach neuen Lösungsansätzen zu suchen.

Gewöhnlich endet das unternehmerische Gesundheitsverständnis bei Maßnahmen des betriebsärztlichen Dienstes und der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. Alles Weitere gilt als Privatsache der Mitarbeiter. Häufig werden mögliche betriebsbedingte Problematiken komplett negiert. Hingegen wird eine Unternehmensführung, die die Mitarbeiter-Gesundheit als wertvolle Ressource begreift, Krankheitsfälle als Signal für ein ineffizientes Arbeitsumfeld betrachten und verantwortungsbewusst handeln – hierzu ein Beispiel aus der Praxis:

Nicht bis zur Eskalationen warten

Innerhalb weniger Wochen fallen in einem Team zwei von acht Mitarbeitern mit Bandscheibenvorfällen für mehrere Monate aus. Als ein weiteres Teammitglied über starke Rückenschmerzen klagt und ärztlich behandelt werden muss, beauftragt der Personalbereich den Betriebsarzt mit einer Überprüfung der Arbeitsmittel. Es stellt sich heraus, dass alle Arbeitsplätze ergonomisch einwandfrei eingerichtet sind. Doch in Mitarbeitergesprächen erfährt der Betriebsarzt, dass seit der letzten Reorganisation viele Arbeiten doppelt oder unnötig ausgeführt werden müssen. Obwohl seit Monaten eine 50 bis 60-Stunden-Wochen an der Tagesordnung ist und Pausen kaum noch wahrgenommen werden, türmen sich die Arbeitsberge. In einem Gespräch mit der zuständigen Führungskraft stellt sich heraus, dass diese die Überlastung längst erkannt und bislang vergeblich die Beseitigung ineffizienter Arbeitsprozesse in Nachbarbereichen eingefordert hatte. Erst als die Situation durch die Krankheitsfälle eskaliert ist, wird über die nächste Managementebene eine übergreifende Lösung und Neuordnung der Aufgabenverteilung bewirkt.

Gesundheit ist eine Managementaufgabe

Die Verantwortung für Gesundheit am Arbeitsplatz liegt gleichermaßen beim Mitarbeiter und bei den Führungskräften eines Unternehmens. Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird die Gesundheit des Einzelnen sowohl von der eigenen Arbeits- und Lebensweise als auch den jeweiligen Rahmenbedingungen beeinflusst. Zu den unternehmerischen Aufgaben zählen die Ausgestaltung des betrieblichen Umfelds mit geeigneten Arbeitsmitteln und die Implementierung einer entsprechenden Führungskultur und Prozessen.

Dieser Ansatz erfordert ein systematisches Gesundheitsmanagement, das weit über die Aufgaben eines Betriebsarztes hinausgeht. Einzubeziehen sind die Unternehmensleitung und Führungskräfte ebenso wie der Betriebsrat und die Personalabteilung. Da innerbetrieblich zahlreiche Akteure zu koordinieren sind, ist Know-how in der Organisationsentwicklung, Projektarbeit und Moderation unerlässlich. Zudem wird Gesundheit maßgeblich durch das Verhalten des Einzelnen beeinflusst. Damit ist es auch ein Thema der Personalarbeit. Gemeinsam mit qualifizierten Trainern und Coaches sind Bildungsangebote zu entwickeln, die die Vermittlung von Gesundheitswissen mit körperorientierten Methoden verknüpfen und ein gesundes Selbstmanagement fördern.

Nagelprobe Arbeitsalltag

Kritischer Erfolgsfaktor für die Einführung gesunder Arbeitsbedingungen sind die Führungskräfte. Nur wenn es gelingt, sie zu einem gesundheitsfördernden Führungsverhalten zu veranlassen, werden sich die guten Absichten der Unternehmensleitung mit Leben füllen. Hierfür sind neben speziellen Trainings für Führungskräfte vor allem klare Zielsetzungen und Anweisungen erforderlich. Aufschluss zu wesentlichen Handlungsfelder als eine Art Gesundheitsmonitor geben hierbei unter anderem folgende Fragestellungen:
  • Arbeitsdauer: Gehen Mitarbeiter pünktlich nach Hause, wenn sie ihre Arbeit getan haben? Oder herrscht eine Anwesenheitskultur, nach der man länger bleibt, nur weil andere noch am Schreibtisch sitzen?

  • Jahresurlaub: Wird bei der Urlaubsplanung berücksichtigt, dass mindestens einmal im Jahr mehrere Wochen am Stück genommen werden, damit eine nachhaltige Regeneration möglich ist?

  • Pausenzeiten: Gibt es genügend Pausen und werden Teamsitzungen weder zur Mittagspause noch nach Ende der Gleitzeit angesetzt?

  • Planbarkeit sportlicher Aktivitäten: Werden kurzfristig eingestreute Arbeitsaufträge oder Meetings vermieden, so dass feste Sporttermine in der Woche regelmäßig wahrgenommen werden können?

  • gesundheitsförderliche Angebote: Umfasst die betriebliche Weiterbildung auch Maßnahmen, die eine der Gesundheit dienliche Selbststeuerung fördern? Mitarbeiter, die häufig krank sind, sollten angeregt werden, von betrieblichen Gesundheitsangeboten Gebrauch zu machen.

  • Achtsamkeit: Sind sich die Mitarbeiter ihrer eigenen Gesundheitsthemen bewusst, informieren sie sich und geben Sie ihr Wissen an andere weiter?
Dieser Aufwand lohnt sich. Denn Gesundheit ist längst nicht mehr die Privatsache Einzelner, sondern ein harter Wirtschaftsfaktor. Zahlreiche Studien belegen, dass sich Gesundheitsförderung für Unternehmen finanziell messbar auszahlt. Darüber hinaus folgen Unternehmen, die betriebliche Gesundheitsförderung betreiben, automatisch dem Ruf nach nachhaltigem Wirtschaften. Sie machen deutlich, auf welche Werte sie sich beziehen. Damit trägt ein wertschätzendes Arbeitsumfeld zu einem attraktiven Employer Branding bei – und damit zur Bindung qualifizierter Fachkräfte, Kunden und Investoren.

Es dürfte im wirtschaftlichen Interesse eines jeden Unternehmens liegen, an einer Entwicklung zu partizipieren, von der der renommierte Zukunftsforscher Leo A. Nefiodow, Mitglied des Club of Rome, sagt: „Gesundheit ist der erste globale Wirtschaftstrend, der keinen Rohstoff und keine Technik, sondern den Menschen selbst in den Mittelpunkt stellt.“
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ZUM AUTOR
Über Ulrike Reiche
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Ulrike Reiche ist freiberuflicher Gesundheits-Coach und Trainerin, Schwerpunkte: betriebliche Gesundheitsförderung, Umgang mit Veränderungen, Stressbewältigung. Mehr als 20jährige Berufserfahrung im Bank- und ...
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