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Fachartikel, 09.10.2006
Management
6 Thesen zum Prozessmanagement
In Unternehmen werden oft nur noch Systeme betrachtet, Managementstrategien umgesetzt, Projekte verfolgt und Prozesse definiert. Doch bei allen Kennzahlen, Plänen und Fakten sollte eines nicht vergessen werden: Prozessmanagement steht und fällt mit dem Mensch!
Gerade Prozesse sind etwas Lebendiges, haben eine Geschichte und eine Zukunft. Sie können, nein müssen sich sogar, je nach Gegebenheit, verändern. Und mit Ihnen die Menschen, die an diesen Prozessen teilhaben, sie steuern und letztendlich zum Erfolg führen sollen.

Prozesse bestimmen das Leben in Unternehmen und je nach Größe der Organisation ist es gar nicht so einfach, die Vielzahl an Prozessen zu überblicken. Hinzu kommt, dass Prozesse sich zum Teil überschneiden. Wo Menschen also Prozesse und ihre Schnittstellen zu bewältigen haben, können Probleme entstehen. Veränderung oder gar Verbesserung in einem Unternehmen kann jedoch nur gelingen, wenn eben jene Prozesse genau analysiert, deren Ziele definiert werden und dann ein Verbesserungskreislauf in Gang gesetzt wird. Wird das Ganze dann nicht nur statisch, sondern dynamisch gestaltet, und vor allem die beteiligten Menschen eingebunden, wird der Grundstein zu einem entwicklungsfähigen Managementsystem gelegt.

Prozesse im System

Ein Prozess ist ein System von Tätigkeiten, das Eingaben mit Hilfe von Mitteln in Ergebnisse verwandelt. Was hier so theoretisch klingt, ist in der Praxis Unternehmensalltag, ist Tagesgeschäft der Führungskräfte und Mitarbeiter, wie aus der folgenden Beschreibung der Prozesstypen ersichtlich wird:

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Leistungsprozesse
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Hauptaufgaben:
Erstellung und Vermarktung der Produkte und Dienstleistungen

Beispiele:
- Marketingkampagnen planen und durchführen
- Produkte entwickeln
- Aufträge abwickeln
- Kundenreklamationen managen

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Unterstützungsprozesse
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Hauptaufgaben:
Schaffung der für effiziente und effektive Leistungsprozesse notwendigen Rahmenbedingungen

Beispiele:
- Personal rekrutieren
- Personal entwickeln
- Lieferanten suchen und freigeben
- IT-Applikationen entwickeln/beschaffen
- Know-how sicherstellen

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Führungsprozesse
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Hauptaufgaben:
kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensplanung und -steuerung sowie Entwicklung und Absicherung der Unternehmenskultur

Beispiele:
- Strategie planen und umsetzen
- 5-Jahres-Plan erstellen und überwachen
- Budget erstellen und überwachen
- interne Audits planen und durchführen
- Mitarbeitergespräche planen und durchführen

Doch auch wenn es Alltag ist, haben die meisten Menschen Angst davor, sich einmal genauer damit zu beschäftigen, sich vielleicht sogar überprüfen zu lassen. Will man Veränderungen und Verbesserungen im Unternehmen erreichen, muss man als Unternehmer und Führungskraft um diese Bedenken und Ängste erst einmal wissen, diese anerkennen und mit den beteiligten Menschen kommunizieren, damit diese eine positive Entwicklung – bewusst oder unbewusst - nicht blockieren:

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Zielsetzungen des Prozessmanagements
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1. Transparente Arbeitsabläufe

Ängste: Die Gefahr der Ersetzbarkeit wird empfunden; Kenntnisse über die eigenen Aufgaben werden als Besitzstand angesehen, der verteidigt werden muss.

2. Interne und externe Kundenorientierung

Ängste: Abteilungsziele müssen sich Prozesszielen unterordnen; Machtteilung mit Prozessverantwortungsträgern und damit Machtverlust.

3. Möglichkeit der Leistungsmessung

Ängste: Die Möglichkeit der Leistungsmessung in Bezug auf die eigenen Tätigkeiten wird als unangenehm empfunden.

Wird adäquat mit den Ängsten der Mitarbeiter umgegangen, kommt im Rahmen eines Prozessmanagements schnell ein Regelkreis zustande, der eine permanente Veränderung und Verbesserung sicherstellt.

Sechs Thesen zum Prozessmanagement

Die Schwierigkeit beim Umgang mit Prozessen ist folgende: Auf der einen Seite muss man Vorgänge möglichst detailliert aufzeigen, um eine Verbesserung zu erzielen. Auf der anderen Seite darf man sich aber auch nicht in Kleinigkeiten verzetteln, um eben jene Veränderungen zu blockieren. Unternehmen tun sich bei dieser Gratwanderung oft schwer. Sie schwanken zwischen Vogelperspektive (aus der von weitem doch alles wunderbar aussieht) und Froschperspektive (in der kleinteilige Bereiche überbewertet werden und der Blick aufs Wesentliche und große Ganze verloren geht). Prozesse müssen immer aus beiden Perspektiven betrachtet werden. Leichter gelingt dies, wenn sich Unternehmer und Führungskräfte im Vorfeld einmal mit folgenden sechs Thesen auseinandersetzen:

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1. These: Prozesse haben eine Biographie
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Prozesse leben. Prozesse haben eine Geschichte, eine Zukunft, eine Vergangenheit und müssen sich dementsprechend auch den Gegebenheiten anpassen und sich verändern. Es kommt also immer auf die jeweilige Situation an. Auf die Situation, in der sich das Unternehmen befindet, auf die Situation, in der sich der Prozess befindet und die daran Beteiligten. Es ist wichtig, zu prüfen, bevor man verändert. In welcher Phase der Entwicklung befindet sich das Unternehmen? Befindet es sich in der Aufbau-, Ausbau- oder Festigungsphase. In welcher Phase der Entwicklung befindet sich ein spezielles Produkt? In der Test- oder Einführungs-Phase oder bereits in der Serienreife? Oder auch ein Prozess, der das Unternehmen gerade nach innen und außen verformt. Ist er in der Entwicklungsphase, in einer Reifephase oder in einer Sättigungsphase. Es ist immer ein Wechselspiel zwischen statischen Gesetzmäßigkeiten und einer dynamischen Wandlungsfähigkeit, in der sich Prozesse lebendig zeigen und wie ein lebendiger Organismus behandelt werden müssen.

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2. These: Visualisierung schafft Einvernehmen
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Ein wesentlicher Aspekt des Themas Prozessmanagement ist, dass Prozesse in Unternehmen zunächst einmal visualisiert werden. Welche Prozesse gibt es im Unternehmen? Was sind so genannte Schlüsselprozesse? Wie sind die einzelnen Prozesse strukturiert? Wie sind Aufgaben verteilt? Wie fließen die Prozesse durch das Unternehmen? Welche Bereiche sind daran beteiligt? Wie sind die Entscheidungswege? Wie sind die Verantwortlichkeiten geregelt? Und wie verlaufen Informationen? Genauso wie diese Visualisierung bei den beteiligten Mitarbeitern Einvernehmen schafft, sind Informationen das A und O, wenn es darum geht, diese Mitarbeiter in den Prozess der Prozessoptimierung einzubinden. Gerade in unserer Zeit der Informationsüberflutung. Nehmen wir z. B. einen großen Konzern mit 400 Outlets in ganz Deutschland, deren Mitarbeiter regelmäßig mit Informationen versorgt werden. Bis Mitte des Jahres werden knapp 400 Vertriebsinformationen über Produkte und dergleichen an die Outlets verteilt. Sind diese nicht genauestens kanalisiert, hat der Einzelne keine Chance, diese Vielzahl an Informationen zu verarbeiten – weder in der Theorie noch in der Praxis.

Im Prozessmanagement schafft Visualisierung die notwendige Klarheit darüber, wo innerhalb der Organisation welche Information hingeht, in welcher Form dies geschieht und über welche Kanäle. Ist z. B. die Datenbank-Struktur nicht sehr genau festgelegt und wird diese nicht gepflegt bzw. kommuniziert, herrscht keine Transparenz und Informationen werden immer nur bruchstückhaft verteilt und aufgenommen. Außerdem herrscht oft keine gemeinsame Basis. Wenn unterschiedliche Menschen über bestimmte Dinge sprechen, mögen sie sich vielleicht in der Diskussion einig sein. Wird dann aber visualisiert und jedem liegt ein klares Bild vor, zeigt sich, dass doch unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten an der Tagesordnung liegen. So wird z. B. bei bestimmten Prozessen erst klar, dass einzelne Schritte einfach länger dauern, als manche Beteiligten angenommen haben. Kein Wunder, dass dies oft genau die Reibungspunkte sind, die eine Entwicklung und Verbesserung verhindern. Visualisierung hilft durch Simulationsmöglichkeiten, tatsächlich einmal darzustellen, wie Prozesse in Organisation ablaufen, durch welche Parameter man in der Lage ist, Prozesse zu optimieren, besser zu strukturieren usw. So banal dies auch klingen mag, es reicht in Unternehmen oft schon aus, dass einmal alle an einem Prozess Beteiligten gemeinsam den Ablauf eines Prozesses betrachten. Dadurch entsteht ein enormer Mehrwert und alle erkennen, wie sinnvoll die Einführung eines Prozessmanagements oder eine Geschäftsprozessoptimierung ist.

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3. These: Schnittstellen zu Verbindungsstellen machen
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Zwischen zwei Abteilungen gibt es Schnittstellen, auch wenn manche Unternehmen diese lieber Verbindungsstellen nennen. Es wäre ja schön, wenn Schnittstellen in Organisationen eher den Charakter von Verbindungsstellen hätten, doch ist dies in der Unternehmensrealität längst nicht der Fall. Wenn es eine Organisation aber schafft, solche Schnittstellen zwischen Abteilungen, zwischen einzelnen Prozessbereichen oder Aufgabenbeteiligten tatsächlich zu Verbindungsstellen zu machen, dann ist ein gewaltiger Mehrwert zu erreichen. Auch das wird jedoch nur dann funktionieren, wenn darüber gesprochen wird, wenn klar abgestimmt wird, wie die einzelnen Informationsflüsse sind usw.

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4. These: Schweigen ist Blech, Reden ist Gold
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Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!“ Für ein gelungenes Prozessmanagement muss dieser Spruch anders formuliert werden oder wie auch der Theologe Prof. Dr. Dieter Strecker sagt: „Schweigen ist Blech, Reden ist Gold.“ Wenn Abteilungen und Bereiche einer Organisation anfangen, sich auszuschweigen, liegt schon vieles im Argen. Kommunikation ist ein wichtiger Faktor innerhalb des Geschäftsprozessmanagements. Gerade in der Erarbeitung der Prozesse schafft ein kommunikativer Prozess, das Austauschen, schon sehr viel Transparenz. Von all den vielen und möglichen Techniken, die zum Teil angewendet werden, ist das miteinander Reden immer noch die effektivste. Tun Abteilungen dies, über alle Schnittstellen hinweg, werden diese tatsächlich zu Verbindungsstellen und ein wichtiger Schritt in Richtung Prozessmanagement ist getan.

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5. These: Zielen, Wiegen und Auswiegen
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Ohne Zahlen und Fakten lässt sich beim Prozessmanagement nichts erreichen. Schon Archimedes sagte, man kann nur das verbessern, was man auch messen kann. Also muss man in Unternehmen einfach mehr messen. Die Frage ist nur, was genau und wie dies initiiert und automatisiert werden kann. Wenn bestimmte Dinge scheinbar nicht messbar sind, sind es oft gerade die Bereiche, die entscheidend für die Verbesserung von Prozessen sind. Zahlen sind einfach ein wichtiges Element des Prozessmanagements und wo immer es geht und sinnvoll ist, müssen Kennzahlen definiert werden. Diese Kennzahlen lassen sich im einfachsten Fall immer aus den drei Grundgrößen Qualität, Zeit und Kosten ableiten.

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6. These: … und am Ende steht doch wieder der Mensch!
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Auch wenn Unternehmen alle Techniken beherrschen, wenn Führungskräfte visualisieren, Regeln festlegen und alle notwendigen Tools zur Verfügung stellen, am Ende geht es doch immer darum, dass Prozesse auch in die Tat umgesetzt werden. Und das geht eben nur mit und durch Menschen. Herrscht in Unternehmen ein gutes Betriebsklima, laufen immer auch Prozesse besser ab. Weil man kommuniziert, weil man sich miteinander abstimmt, man auch kritisch im Dialog miteinander steht und dann einfach die Umsetzung erfolgt. Auch, wenn das nicht immer so leicht ist. Im Straßenverkehr gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen, aber das alleine reicht nicht aus. Es kommt immer noch darauf an, ob Menschen diese Regeln auch einhalten. Zusätzlich kennen wir doch alle den „inneren Schweinehund“, der aus Bequemlichkeit immer wieder das macht, was er vielleicht schon immer gemacht hat und was möglichst wenig Aufwand bedarf. Im Straßenverkehr gibt es deshalb eine gewisse Polizeifunktion. Auch, wenn man diese Polizeifunktion nicht mit Führung gleichsetzen kann, braucht man gerade auch hier eine Kontrollfunktion. Letztendlich ist es eine elementare Aufgabe der Führung, diese Kontrolle auszuführen – nicht im Sinne einer misstrauischen Überwachung, sondern vielmehr im Sinne eines effektiven und fördernden Controllings.

Prozesse haben eine Biographie – „Bio-„ von Leben, „-graphie“ von Geschichte. Prozesse sind lebendig, arbeiten mit lebendigen Menschen für lebendige Menschen. Dementsprechend können sich auch Prozesse ändern, müssen sich wandeln, wenn Unternehmen im Markt erfolgreich agieren und auch zukünftig eine Chance haben wollen.
ZUM AUTOR
Über Mike Emenako
mib - Management Institut Bochum GmbH 44801
Mike Emenako ist Geschäftsführender Gesellschafter der mib Management Institut Bochum GmbH. Mit seinem Team begleitet er bereits seit vielen Jahren Unternehmen unterschiedlichster Branchen und Größen in Qualifizierungs- und ...
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