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Fachartikel, 17.08.2006
Wirtschaft/Mittelstand (allgemein)
Multinationale Unternehmen - Übertriebene Ängste
Sind Großkonzerne mächtiger als Regierungen? Viele Globalisierungskritiker sind davon überzeugt und belegen ihre These mit einer imposant klingenden Zahl: Die 500 größten Unternehmen rund um den Globus würden zusammen mehr als die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung kontrollieren. Diese Rechnung ist jedoch falsch.
340.000.000.000 Dollar – wenn der weltweit umsatzstärkste Konzern, Exxon Mobil, seinen Erlös in voller Länge aufschreibt, braucht er Platz (Grafik). Noch beeindruckender erscheinen die Einnahmen der 500 größten multinationalen Konzerne der Welt. In ihre Kassen flossen nach Schätzungen des amerikanischen Fortune Magazines im Jahr 2005 zusammen 18,9 Billionen Dollar – immerhin eine Zahl mit 14 Stellen. Im gleichen Jahr wurden rund um den Globus nach Angaben des Internationalen Währungsfonds summa summarum 44,4 Billionen Dollar erwirtschaftet. Die Erlöse der 500 größten Unternehmen summierten sich dementsprechend auf rund 43 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Mit ihrer These, dass die Großkonzerne die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung erbringen, scheinen die Globalisierungskritiker auf den ersten Blick also Recht zu haben – aber nur fast. Denn hier werden Äpfel mit Birnen verglichen: In den Erlösen der Unternehmen steckt nämlich die Wertschöpfung ihrer Zulieferer. In die Weltwirtschaftsleistung geht jedoch nur die Wertschöpfung abzüglich der Vorleistungen ein.

Um den Anteil der Konzerne am Welt-BIP zu taxieren, muss daher ihre tatsächliche Wertschöpfung herangezogen werden. Diese lässt sich allerdings nicht in den Unternehmensbilanzen finden, sondern kann nur über einige Umwege grob geschätzt
werden: Dafür lohnt zunächst ein Blick in die deutsche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR). Diese weist zwar lediglich den so genannten Produktionswert aus, aber der liegt in der Regel in ähnlicher Größenordnung wie die Erlöse.

Laut VGR stammt in deutschen Unternehmen rund die Hälfte ihrer Produktionswerte aus eigener Wertschöpfung – der Rest kommt von Zulieferern. Übertragen auf die 500 global größten Konzerne bedeutet das: Ihr Anteil an der weltweiten Wertschöpfung schrumpft von 43 auf gut 21 Prozent. Die wahre Quote liegt sogar darunter – aus zwei Gründen:

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Dienstleister verzerren
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Während in den VGR-Daten die Dienstleistungsunternehmen den Ton angeben, sind es im Club der großen 500 die Industriebetriebe. Die Wertschöpfungsanteile der beiden Wirtschaftssektoren unterscheiden sich jedoch deutlich. Weil die Serviceunternehmen weniger auf Zulieferer setzen, enthalten ihre Umsätze hierzulande rund 62 Prozent eigene Wertschöpfung. Die Industrie kommt lediglich auf 35 Prozent. Die Wertschöpfungsquote der von Industriekonzernen dominierten 500 Großen ist daher geringer als der gesamtwirtschaftliche Anteil.

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Mehr Outsourcing
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Zudem haben die weltweit größten Unternehmen auch im Vergleich zu kleineren Industriebetrieben besonders stark auf die Zusammenarbeit mit Zulieferern gesetzt, um sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren. Der Wertschöpfungsanteil einiger Industriemultis betrage daher gerade einmal 25 Prozent, schätzen belgische Wissenschaftler. Die Dienstleister unter den Großkonzernen kämen auf eine Quote von durchschnittlich rund 35 Prozent.

Selbst bei einem großzügig unterstellten Wertschöpfungsanteil von einem Drittel erwirtschaften die 500 Großkonzerne nur geschätzte 6,3 Billionen Dollar ihres Umsatzes selbst – die restlichen 12,6 Billionen Dollar produzieren die Zulieferer. Summa summarum repräsentieren die 500 Umsatzriesen damit nicht die Hälfte, sondern schätzungsweise 14 Prozent der Weltwirtschaftsleistung.
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