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Fachartikel, 03.04.2006
Bildung und Beruf
Bringt Emotionale Intelligenz Erfolg?
Sollte ein Chef dafür sorgen, dass er nur emotional intelligente Mitarbeiter einstellt? Oder ist es besser, diese lassen ihre Gefühle zu Hause?
Spüren es Kunden, wenn sie emotional intelligent behandelt werden? Und: Kann man Emotionale Intelligenz überhaupt lernen?

Die einen behaupten, ohne sie gehe gar nichts, die anderen entgegnen, die anze „Gefühlsduselei“ lenke nur von der Arbeit ab. Wenige Begriffe bergen so viel Diskussions- stoff wie die „Emotionale Intelligenz“. Noch vor einigen Jahren waren Emotionen im Arbeitsbereich weitestgehend tabu. Der Arbeitsplatz war zum Arbeiten da, Gefühle konnte man sich in der Freizeit leisten. Heute gibt es kaum eine Stellenausschreibung, die nicht Teamfähigkeit, Sozialkompetenz oder emotionale Intelligenz voraussetzt.

Seit Ende der 90-er Jahre kam neben dem kognitiven Intelligenz-Quotienten (IQ) noch ein Quotient ins Spiel: die Emotionale Intelligenz (EI). Gemeint ist die Fähigkeit, Emotionen korrekt wahrzunehmen, zu bewerten und auszudrücken(1). Ebenso die Fähigkeit, Emotionen zu verstehen und zu regulieren. Bei der „Intelligenz der Gefühle“(2) geht es überdies nicht nur um die eigenen Empfindungen, sondern auch um die der Mitmenschen.

Wie und wo ist das nun bedeutend fürs Arbeitsleben? Braucht der Mitarbeiter einer Steuerkanzlei „Gefühlsintelligenz“? Oder ist dies eher eine Kompetenz für Krankenschwestern? Goleman(2) spricht von EI als einer „Meta-Fähigkeit“. Von ihr hängt es ab, wie gut man seine gesamten Fähigkeiten, also auch den kognitiven Intellekt, erfolgreich einsetzen kann. Es werden dabei eine Reihe von Kompetenzen beschrieben, wie z.B. Mitgefühl, Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Takt, Konfliktfähigkeit etc..

Emotionale Kompetenzen spielen somit auch in beruflichen Situationen eine wichtige Rolle. Zum gesamten Lebenserfolg (Karriere, Partner- und Freundschaften, Familie, Wohlbefinden, Zufriedenheit etc.) trägt der klassische IQ seinen Teil bei. Nur durch Emotionale Intelligenz kann man seine Fähigkeiten adäquat einsetzen. Das macht für den beruflichen Erfolg den weitaus wichtigeren Teil aus. Analog eines Handwerkers, der für diverse Materialien vielfältige Werkzeuge benutzt und nicht ausschließlich den Hammer.

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Wo schlägt sich Emotionale Intelligenz in der Berufspraxis nieder?

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Selbstbewusstsein kommt von Selbst-Bewusstheit

Hier geht es um die realistische Einschätzung der eigenen Person. Die Fähigkeit, sich einschätzen zu können, seine Reaktionsmuster zu kennen und zu wissen, woran man an sich arbeiten sollte. Es ist das Erkennen und Verstehen der eigenen Gefühle und Bedürfnisse, aber auch das Bewusstsein der persönlichen Stärken und Schwächen. Ein Mitarbeiter, der sich gut einschätzen kann, wird seltener Konflikte lösen müssen. Denn: Er ist in der Lage, sich zu entschuldigen oder seinen Standpunkt klar zu vertreten. Er weiß genau, wann er sich Unterstützung holen muss. Auch bleibt er leistungsfähiger, denn er erkennt rechtzeitig, wann er Pausen einlegen muss, um nicht auszubrennen.

Motivation

Sich selbst zu motivieren heißt, Leistungsbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit aus sich selbst heraus zu entwickeln. Diese Fähigkeit ist besonders wichtig in Phasen, in denen ein Projekt schwierig wird oder die Dinge anders laufen als geplant. Ein Mitarbeiter, der sich selbst motivieren kann, findet immer wieder Energie zum Weitermachen und verfügt über eine höhere Frustrationstoleranz.

Empathie

Wer empathisch ist, bekommt Gefühle, Bedürfnisse und Sorgen anderer mit. Es geht darum, verbale und nonverbale Signale anderer aufzunehmen, zu verstehen und richtig zu deuten. Ein empathischer Mensch, erkennt Probleme mit den Augen anderer Menschen. Einfühlungsvermögen beginnt immer mit gutem Zuhören und Beobachten. Menschen, denen es an Empathie mangelt, sind ganz auf ihre eigenen Bedürfnisse fixiert. Sie nehmen auf andere wenig Rücksicht. Einfühlungsvermögen lässt z.B. bei Kunden das Gefühl entstehen, sie werden wertgeschätzt und verstanden. Das ist die Basis von Vertrauen. Zudem verbindet Empathie Teams und ermöglicht erfolgreiches, gemeinsames Arbeiten.

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Tipp
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Sich emotional kompetent zu verhalten heißt nicht, seine Gefühle aus reiner Rücksichtnahme permanent zu unterdrücken. Ganz im Gegenteil: Teilen Sie lieber z.B. Ihren Ärger gleich mit, bevor Sie Ihren Gesprächspartner zu einem späteren Zeitpunkt, durch angestaute und „brodelnde“ Emotionen, angreifen.

Entscheidungsfindung

Wie kann sich ein Mensch individuell richtig, zielorientiert und schnell entscheiden? Es erfordert die Fähigkeit, Situationen möglichst rasch zu analysieren und viele Parameter gleichzeitig zu berücksichtigen. Der Stellenwert von Logik und Intelligenz steht hierbei außer Frage. Gleichwohl beweisen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Emotionen bei der Entscheidungsfindung enorm wichtig sind. Im Laufe des Lebens nutzen Menschen ihre alltäglichen Erfahrungen, um Verbindungen zwischen Gefühlen und bestimmten Ereignissen herzustellen.

Also: Aus der Verbindung zwischen Emotion (wie z.B. Angst, Unsicherheit, Wohlergehen etc.) und einem bestimmten Ereignis lässt sich eine Information ableiten. Getreu dem Motto: Wenn ich X mache, kommt (meistens) Y dabei raus – und dann geht es mir z.B. sehr gut. Durch dieses Wissen kann ein Mensch die Folgen seiner Handlungen und Entscheidungen teilweise vorbestimmen. Das bedeutet, dass eine hohe Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber bestimmter eigener (körperlicher) Signale, adäquatere Entscheidungen zur Folge hat.

Konfliktregulierung

Ob sich die Eskalation eines Konflikts vermeiden lässt, hängt wesentlich auch davon ab, wie gut man die eigenen Gefühle steuern kann. Man sollte seinen Gefühlszustand bewusst wahrnehmen, um frühzeitig z.B. Unmut oder Verärgerung ansprechen zu können. Es ist ein großer Unterschied, ob ich mich einfach ärgere oder ob ich weiß, dass das Gefühl, das ich gerade empfinde „Ärger“ ist.

Genauso wichtig ist es, den Gefühlszustand des Gesprächspartners einzuordnen. Dies geschieht durch das Erkennen verbaler Signale (Stimme, Wortwahl etc.) und nonverbaler Informationen (Gestik, Mimik, Körpersprache etc.). Ein Mitarbeiter mit hoher Emotionaler Intelligenz wird z. B. sofort auf ärgerliche oder unwirsche Verhaltensweisen eines Mandanten reagieren. Dies ermöglicht ihm, rasch gegenzusteuern und wieder Konsens herzustellen.

Effektive Beziehungen

Selbst-Bewusstsein und Selbstkontrolle, Motivation und Empathie sind für zwischenmenschliche Beziehungen extrem wichtig. Durch diese Kompetenzen findet ein stetiges „Fein-Tuning“ im Miteinander statt. Es ist ein permanenter Wechsel zwischen eigener Meinungsäußerung, Wahrnehmen des anderen, achtsamen Gebens und Nehmens.

Menschen mit diesen Fähigkeiten sind oft hervorragende Führungspersönlichkeiten. Sie sind kommunikativ, ohne reine Selbstdarsteller zu sein. Sie können Emotionen wecken, motivieren und andere begeistern. Sie lassen andere Meinungen gelten, können kritisieren und sich bei Bedarf entschuldigen. Denn: Beziehungen bestehen nicht einfach. Sie müssen aufrechterhalten und gepflegt werden. Und das geschieht hauptsächlich durch Emotionale Intelligenz.

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Tipp
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Trauen Sie sich, den anderen zu kritisieren. Dies sollte natürlich immer in angemessener Form geschehen. Dann ist an Kritik oder Feedback nichts Schlechtes. Denn: Gute Kritik ist ein Geschenk, durch das man lernt und sich weiterentwickelt.

Wie erlernt man Emotionale Intelligenz?

Der IQ ist eine relativ feststehende Größe, die sich im Laufe des Lebens kaum verändert. Anders der EQ – der Emotionale Quotient. Diesen kann man durch Lernen deutlich steigern. Doch nur praktische und selbstkritische Erfahrung und Umgang mit anderen Menschen verbessert die Emotionale Intelligenz.

Den Kern unserer Persönlichkeit können wir nur sehr schwer ändern. Das ist auch weder nötig noch erstrebenswert. Menschen sollten authentisch bleiben und sich keinesfalls verbiegen. Was wir aber zu unserem eigenen Wohl trainieren können, sind gezielte Änderungen unseres Verhaltens.

Schüchterne können z.B. lernen, mehr Verantwortung in Gruppen zu übernehmen oder sich überhaupt in Gruppen zu trauen. Zurückhaltende können lernen, ihre Hemmungen abzubauen und mehr Selbstsicherheit zu erlangen. Extrovertierte können sich in Zurückhaltung üben, und dadurch einfühlsamer und rücksichtsvoller auftreten. Sensible können Nein sagen lernen, wenn sie Nein meinen ...

Gibt es persönliche Themen, die Sie für sich bearbeiten möchten, dann gehen Sie diese gezielt an. Stellen Sie sich zuerst die Frage: „Bekomme ich das selbst hin, oder benötige ich Unterstützung?“ Manchmal bekommt man alleine keinen Zugang zu seinem Problem, dann ist es besser, sich durch einen Blick von „außen“ unter die Arme greifen zu lassen.

Schaffen Sie es alleine, dann seien Sie mutig, probieren Sie aktiv Dinge aus, die Sie sich bisher nicht zutrauten oder die Sie noch nie probiert haben. Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihre Wirkung. Versuchen Sie durch Reflexion einen Abgleich zwischen Selbst- und Fremdbild zu erlangen.

Wissen Sie nicht, „wo anfangen?“, dann besuchen Sie z. B. ein entsprechendes Seminar. Tauschen Sie sich oft mit anderen aus. Sie werden sehen: Viele Probleme sind mit Gleichgesinnten und durch gezielte Tipps leichter in den Griff zu bekommen. Ebenfalls hilfreich kann es sein, sich für ein paar Stunden einen Coach zu buchen, der die eigenen Fähigkeiten analysiert und trainiert und die Karriere eine Zeitlang begleitet.

Fazit: Nutzen der Emotionalen Intelligenz

Emotionale Intelligenz ermöglicht es, gut mit Partnern und Kollegen klarzukommen, Konflikte konstruktiver zu meistern und mit sich selbst und anderen Menschen gut auszukommen.
Emotional intelligente Menschen können aktiv zuhören und akzeptieren ihre Mitmenschen so wie sie sind. Sie sorgen aber auch gut für sich selbst und sind deshalb meist zufrieden und ausgeglichen. Emotionale Intelligenz ermöglicht uns, Energie und Kreativität zu entfalten. Sie versetzt uns in die Lage, durchdachte Entscheidungen zu fällen, anstatt ausschließlich impulsiv zu reagieren.

Für eine Kanzlei bedeuten diese Fakten klare Vorteile. Im täglichen Umgang mit Kunden und Kollegen entscheidet die Emotionale Kompetenz über Erfolg und Akzeptanz. Dies hat immer Auswirkungen auf das Klima und die Kultur eines Unternehmens. Höhere Mitarbeiterbindung hat bessere Kundenbindung zur Folge. Es entstehen weniger Kosten durch Fehlzeiten und Einarbeitung von neuem Personal. Letztendlich entwickelt sich ein positives Renommee – und das ist immer für höheren Umsatz mitverantwortlich.

Quellenangaben:
(1) Definition nach Salovey (1997)
(2) Goleman, D.; Emotional Intelligence; New York (1995)
(3) Gardener: „Frames of mind“ (1997)

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Elke Nürnberger, Geschäftsführerin von nürnberger & partner, ist Wirtschaftsmediatorin, Coach, Kommunikationsberaterin und Fachautorin.
ZUM AUTOR
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