Fachartikel, 26.04.2007
Perspektive Mittelstand
Bildung und Beruf
Mehr Erfolg beim Vorgesetzten durch angepasste Kommunikation
Unabhängig davon, was und wie wir kommunizieren, sind mit der Botschaft stets Erwartungen verbunden. Wird die Erwartung nicht erfüllt, kommt es nicht selten zum Konflikt. Gerade im Beruf, speziell bei Vorgesetzten, ist die Erwartung oftmals hoch. Wie in der Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen Konfliktpotenziale minimiert werden können, erläutert Christiane Drühe-Wienholt.
Ich möchte Ihnen eine weitere Methode vorstellen, mit der Sie Ihren Chef für sich gewinnen und eine gute Grundlage für die Erreichung Ihrer Ziele schaffen können. Sie eignet sich auch, um problematische Situationen mit Ihrem Vorgesetzten zu entschärfen und zukünftig von vornherein zu vermeiden. Im Vordergrund steht wieder, wie Sie mit Ihrem Chef kommunizieren. Es geht jetzt nicht um die Bedürfnisse oder Vorlieben Ihres Chefs oder die Informationen, die er in Ihrer Nachricht hört, sondern um bestimmte Erwartungen, die Ihr Chef an Sie hat. Dieses Vorgehen ist — ähnlich wie die bisher beschriebenen — auch nicht auf die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Chef beschränkt, sondern es hat in nahezu allen anderen Interaktionen Gültigkeit und kann überall angewendet werden. Die Methode heißt Transaktionsanalyse und wurde von dem amerikanischen Psychiater Eric Berne begründet.

Wenn Sie und Ihr Vorgesetzter — oder irgendein anderer Mensch — miteinander reden, ist das eine Interaktion. Sie besteht aus vielen Sätzen und Botschaften, die schnell hin und her gesendet werden. Wie die raschen Ballwechsel bei einem Tischtennisspiel. Für eine Problemanalyse — und erst recht für Veränderungen — ist diese Ebene jedoch zu grob. Deshalb wurde von Berne der Begriff der Transaktion eingeführt. Transaktionen sind kleine Verhaltenseinheiten, die man leicht analysieren und ändern kann. Beim Tischtennis entspricht das einem Ballwechsel.

Unter einer Transaktion versteht man Handeln, das eine bestimmte Absicht verfolgt. Wir erwarten also immer eine bestimmte Reaktion von unserem Gegenüber, wenn wir etwas sagen. Dass er oder sie den Ball so zurückschlägt, dass Sie ihn treffen und wieder zurückspielen können. So kann es zu einer Folge von schönen Ballwechseln und einem guten Spiel werden. Diese Absicht kann jedoch verfehlt werden, das heißt Ihr Gegenüber reagiert unter Umständen anders, als Sie es erwarten, oder gar nicht. Dann landet der Ball im Netz oder im Aus.

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Beispiel für eine funktionierende Transaktion

Wenn Sie zu Ihrem Chef sagen: „Das schaffe ich einfach nicht mehr!“ — weil Sie vollkommen überlastet sind und vor lauter Arbeit kein Land mehr sehen, dann wünschen Sie sich von ihm, dass er verständnisvoll reagiert und Sie entlastet. Etwa so: „Ich sehe schon, Sie haben wirklich sehr viel zu tun. Lassen Sie mich mal überlegen. Die eine Aufgabe können Sie auch erst mal liegen lassen. Und bei der anderen ist es mir wichtig, dass Sie sie bis morgen Abend erledigen. Das reicht auch noch.“
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Wenn Ihr Chef so oder in ähnlicher Art reagiert, werden Sie sich ernst genommen und verstanden fühlen und Ihre Arbeit zielstrebig fortsetzen. Sie nehmen den Ball, den Ihr Chef Ihnen wieder zugespielt hat, an und schlagen ihn zurück — das Spiel geht weiter.

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Beispiel für eine gestörte Transaktion

Wenn Ihr Chef Sie allerdings anpflaumt und zu Ihnen sagt: „Sie werden hier schließlich fürs Arbeiten bezahlt! Mich fragt ja auch keiner, wie viel ich zu tun habe!“ dann werden Sie vermutlich ziemlich frustriert oder verärgert sein. Ihre Arbeit werden Sie nur wenig motiviert weiterführen, Qualität und Arbeitstempo werden leiden — ganz zu schweigen von Ihrer Laune. Der Tischtennisball landet im Aus.
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Vereinfacht lässt sich sagen: wenn Ihr Chef so reagiert, wie Sie es als Reaktion auf Ihre Äußerung, Ihre Transaktion erwarten, dann geht es Ihnen gut und das Spiel geht weiter. Wenn Ihr Chef nicht erwartungsgemäß reagiert, dann geht es Ihnen schlecht und der Ball landet im Netz oder im Aus. Ihrem Chef geht es übrigens genauso — je nachdem, wie Sie reagieren.

Um die verschiedenen Arten möglicher Transaktionen zu klassifizieren, hat Eric Berne drei Zustände unterschieden, aus denen jeder von uns wechselweise im Gespräch kommuniziert: das Eltern-Ich, das Erwachsenen-Ich und das Kindheits-Ich. Wir springen — unabhängig von unserem Lebensalter (auch als Erwachsene haben wir ein Kindheits-Ich) und Familienstand (auch ohne Kinder haben wir ein Eltern-Ich) — in den meisten Gesprächen zwischen diesen Ich-Zuständen hin und her — und das unbewusst. Und je nach unserem gerade aktuellen Ich-Zustand erwarten wir eine Reaktion aus dem „passenden“ Ich-Zustand unseres Gegenübers — auch das wiederum unbewusst. Für uns und den anderen. Wie ich bereits in den vorangegangenen Kapiteln sagte: Kommunikation ist sehr komplex und kompliziert. Wie sie dennoch gut — und vor allem in Ihrem Sinne — gelingt, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

Wofür stehen nun diese Ich-Zustände?

Der Eltern-Ich-Zustand beschreibt, wie wir denken, sprechen, handeln, reagieren und fühlen, wie es unserem Empfinden nach unsere Eltern oder andere Autoritätspersonen getan haben, als wir noch Kinder waren. Das heißt nicht, dass diese Menschen sich tatsächlich so verhalten haben, sondern wie wir sie erlebt haben.

Das Eltern-Ich kann zwei Ausprägungen annehmen:

::: das kritische Eltern-Ich mit Geboten, Verboten, Normen, Regeln, moralischen Vorstellungen und Kritik und

::: das fürsorgliche Eltern-Ich mit menschlicher Wärme, Ermutigung, Hilfsbereitschaft.

Im Eltern-Ich haben wir Informationen und Situationen ungeprüft abgespeichert. Im Erwachsenen-Ich-Zustand sind sämtliche Erfahrungen gespeichert, die wir ganz bewusst erlebt und gemacht haben. Diese Informationen werden wie in einem Computer sachlich und nüchtern abgespeichert. Das Erwachsenen-Ich ist immer dann aktiv, wenn wir etwas sachlich, realitätsbezogen und emotionslos analysieren.

Im Kindheits-Ich-Zustand denken, handeln und fühlen wir so, wie wir es in unserer Kindheit getan haben. Wir lachen, spielen, tanzen, jauchzen, singen. Wir empfinden Schmerz, Trauer, Eifersucht, Neid, Enttäuschung, Sehnsucht, Glück, Hass, Begeisterung, Liebe … Das Kindheits-Ich kann zwei Zustände annehmen: der erste wird von den Erwartungen und Forderungen der Umwelt beeinflusst, im zweiten sind wir vollkommen frei von der Umwelt und verhalten uns, als wären wir ganz alleine auf der Welt.

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Das angepasste Kindheits-Ich
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Im angepassten Kindheits-Ich gehorchen wir, wir benehmen uns gut, ziehen uns zurück, fühlen uns schuldig, wir schmollen und fürchten uns. Wir verhalten uns so, wie die anderen es unserer Meinung nach von uns erwarten. Es gibt eine weitere Ausprägung des Kindheits-Ichs, der von den Forderungen und Wünschen anderer beeinflusst wird, im Gegensatz zum angepassten Kindheits-Ich entspricht es diesen Wünschen und Erwartungen jedoch nicht (rebellisches Kindheits-Ich). In der Arbeitswelt ist der passiv rebellische Kindheits-Ich-Zustand immer dann zu beobachten, wenn man „Ja“ sagt, aber „Nein“ meint und beispielsweise Anweisungen des Vorgesetzten boykottiert.

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Das freie Kindheits-Ich
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Der zweite Kindheits-Ich-Zustand ist das freie Kindheits-Ich, das heißt das unbeeinflusste, natürliche Kind. Es spielt, freut und ärgert sich, erforscht neugierig seine Umgebung, erfindet, lacht und weint ungehemmt. Es verhält sich unabhängig von den Wünschen anderer und kümmert sich nicht um Recht und Moral. Oft handelt es auch egoistisch.

Die Verwendung der Transaktionsanalyse im Arbeitsalltag

Der Coach Stefan Blankertz hat das Modell der Transaktionsanalyse für den beruflichen Kontext weiterentwickelt und die Charakterisierungen von Eltern-, Erwachsenen- und Kindheits-Ich von Berne modifiziert. Im Nachfolgenden verwende ich die Beschreibungen von Blankertz, weil diese einprägsamer und im beruflichen Kontext praktikabler sind.

Wenn wir Transaktionen analysieren, ist es wichtig zu beachten, dass Transaktionen zunächst einmal Beschreibungen sind und keine Bewertungen. Die anschließende Bewertung hängt von der jeweiligen Situation ab. Jeder Mensch zeigt in unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedliche Transaktionen.

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Beispiel: Es kann also sein, dass Ihr Chef Ihnen gegenüber beim morgendlichen Jour fixe machtorientierte Transaktionen zeigt, wenn er Ihnen Anweisungen für den Tag gibt. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte er mit Ihnen das Vorgehen in einem Projekt diskutieren. Dafür wählt er sachliche Transaktionen. Auf Ihre Frage nach einer Gehaltserhöhung reagiert er schließlich mit einer pflicht-bewussten Transaktion. Ihm sind die Hände gebunden und er kann Ihrem Wunsch jetzt leider nicht nachkommen.
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Wie Sie sehen lässt sich kein Mensch immer und in jeder Situation nur einer Transaktionsebene zuordnen. Ihr Chef wird mit Sicherheit nicht immer nur machtorientiert oder immer nur emotional handeln.

Der soziale Zusammenhang, in dem eine Transaktion stattfindet, entscheidet darüber, ob eine Transaktion gelingt oder nicht. Wenn Ihr Chef Sie in Bezug auf verschiedene Aufgaben als tüchtigen Könner mit hoher fachlicher Kompetenz und hohem Engagement einschätzt, dann sind nicht-direktive und sachliche Transaktionen seinerseits eher angemessen als machtorientierte oder emotionale. Das heißt über eine emotionale Transaktion — beispielsweise einen Wutausbruch oder eine Beschimpfung — wären Sie vermutlich sehr überrascht und würden — außer Sie müssen sich eingestehen, dass Sie wirklich einen groben Fehler gemacht haben — nicht so reagieren, wie Ihr Chef es von Ihnen erwartet. Das heißt die Transaktion gelingt in diesem Fall nicht. Der Tischtennisball landet im Netz. Wenn Sie noch ein begeisterter Anfänger mit hohem Engagement, aber geringer fachlicher Kompetenz und Erfahrung sind, werden Sie sich von sachlichen Transaktionen seitens Ihres Chefs möglicherweise überfordert fühlen. Sie sind einfach noch nicht soweit, dass Sie mit ihm über inhaltliche Fragen diskutieren können und brauchen stattdessen klare Anweisungen, also machtorientierte Transaktionen. Auch in diesem Fall wird die Transaktion nicht gelingen, denn Sie reagieren auf die schliche Transaktion Ihres Vorgesetzten nicht entsprechend seinen Erwartungen.

Jede Transaktion erwartet also eine bestimmte andere Transaktion, damit sie gelingt und es nicht zu einem Konflikt kommt. Abweichungen von diesen Erwartungen bergen ein gewisses Konfliktrisiko.

Achten Sie von daher darauf, welche Antwort oder Transaktion Ihr Chef von Ihnen erwartet. Wenn Ihr Chef zu Ihnen sagt, „Ich brauche von Ihnen bis morgen den Bericht zum Thema …“, dann ist das eine machtorientierte Transaktion. Als Reaktion erwartet Ihr Chef von Ihnen die pflichtbewusste Antwort: „Liegt morgen auf Ihrem Schreibtisch.“

Schlägt Ihr Chef Ihnen vor, dass Sie sich gemeinsam anschauen wollen, wie andere Firmen das Thema Benchmarking angehen, dann ist das eine nicht-direktive Transaktion. Sie erwartet eine emotional engagierte Reaktion von Ihnen, beispielsweise: „Das ist eine prima Idee. Ich weiß auch schon, an welchen Firmen wir uns besonders gut orientieren können.“

Auf eine sachliche Transaktion Ihres Chefs — „Bei diesem Projektentwurf sind folgende Punkte zu ergänzen: 1 …“ — erwidern Sie ebenfalls sachlich „Das sehe ich genauso. Den Punkt … sollten wir auch bedenken.“

Äußert Ihr Chef sich pflichtbewusst — „Ich habe in dieser Angelegenheit keine andere Wahl. Mir sind die Hände durch die Budgetvorgaben gebunden.“ — dann erwartet er von Ihnen eine machtorientierte Transaktion. Beispielsweise: „Das sehe ich noch nicht so. Bei dem Kunden … haben wir sicherlich noch Verhandlungsspielraum. Das nehme ich in die Hand.“

Wenn Ihr Chef zu Ihnen sagt, dass er die Nase von den ständigen Diskussionen mit Ihnen voll hat, dann ist das eine emotionale Transaktion. Als Reaktion erwartet er darauf eine nicht-direktive Reaktion von Ihnen, beispielsweise „Da habe ich den Bogen wohl etwas überspannt. Das kann ich gut nachvollziehen.“

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Buchtipp
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Endlich frustfrei! Chefs erfolgreich
führen: Die besten Tricks für harte Fälle

von Christiane Drühe-Wienholt

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