Fachartikel, 14.08.2009
Perspektive Mittelstand
Management-Modelle
Balanced Score Card und EFQM-Modell im Vergleich
Während sich Experten beim Vergleich der Balanced Score Card (BSC) mit EFQM Busines Excellence Modell allzu gerne in akademischen Diskussionen ergehen, interessiert den Unternehmenspraktiker in erster Linie eines: Wie und wozu er beides nutzen kann, ob die Balanced Score Card das EFQM-Modell ersetzen kann und ob das eine das andere voraussetzt.

Um es vorwegzunehmen, Balanced Score Card (BSC) und Business Excellence nach EFQM (European Foundation of Quality Management) sind natürlich nicht dasselbe. BSC und EFQM sind strategische Modelle, Konzepte, Ansätze, Methoden – wie das auch immer am besten bezeichnet wird, die denselben Inhalt haben: Die Werte und die Wertschöpfung des Unternehmens zu optimieren.

Das EFQM-Modell wird zitiert, wenn es darum geht mehr zu machen, als die ISO 9004 empfiehlt und wesentlich mehr zu machen, als die ISO 9001 fordert. Es gilt als das ultimative Konzept der Qualität, obwohl von Qualität nicht viel drin steht. Demgegenüber gilt die BSC als Hebel, um im Unternehmen strategische Ziele mit operativen Zielen zu verknüpfen. Sie findet keine Begründung aus der Qualität und dem Qualitätsmanagement heraus.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die BSC und das EFQM-Modell haben in ihrer populären bildlichen Darstellung und in ihrer viel zitierten sprachlichen Beschreibung auffallende Ähnlichkeiten, die eben zu der naheliegenden Frage führen, ob sie nicht doch dasselbe sind. Wir vergleichen das Augenfällige der EFQM Excellence und der Balanced Score Card auf eine ziemlich primitive Weise wie folgt:

Die Balanced Score Card (BSC) hat in der historisch/klassischen Darstellung vier sogenannte „Perspektiven“:

•    Finanzen (Finanzperspektive): Wie ist unsere finanzielle Leistungsfähigkeit?
•   
Kunden (Kundenperspektive): Wie sehen uns unsere Kunden?
•    Proezsse
(Prozessperspektive):  Wie leistungsfähig sind unsere Prozesse?
•    Mitarbeiter
(Entwicklungsperspektive): Wo müssen wir uns weiterentwickeln?

Das EFQM Modell hat in der üblichen Darstellung neun sogenannte Kriterien:

  • EFQM 1: Befähiger Führung
  • EFQM 2: Befähiger Politik und Strategie
  • EFQM 3: Befähiger Mitarbeiter
  • EFQM 4: Befähiger Partnerschaften und Ressourcen
  • EFQM 5: Prozesse
  • EFQM 6: kundenbezogene Ergebnisse
  • EFQM 7: mitarbeiterbezogene Ergebnisse
  • EFQM 8: gesellschaftsbezogene Ergebnisse
  • EFQM 9: Schlüsselergebnisse

Wir finden die in Fettdruck hervorgehobenen  Äquivalenzen der Bezeichnung von Kriterien des EFQM-Modells und Perspektiven der BSC. So legt die Balanced Socre Card die Betrachtung von Zielen aus der Perspektive der Mitarbeiter nahe, während das EFQM-Modell den Mitarbeiter als Befähiger sieht und Ergebnisse der unternehmerischen Tätigkeit feststellt, die mitarbeiterbezogen sind.

Daneben legt die BSC die Betrachtung von Zielen aus der Perspektive der Kunden nahe, während das EFQM-Modell kundenbezogene Ergebnisse feststellt. Beide kennen Prozesse und die Schlüsselergebnisse nach der EFQM sind wohl interessant für den Investor, der die finanzielle Perspektive in der BSC einnimmt. EFQM stellt weitere Kriterien fest, die zunächst kein Äquivalent der BSC haben.

Am Beispiel der Perspektive des Kunden in der BSC und der kundenbezogenen Ergebnisse bei EFQM kann leicht argumentiert werden, dass es um dasselbe geht: Die Perspektive des Kunden blickt auf das Ziel der Kundenzufriedenheit, und das Kriterium kundenbezogene Ergebnisse enthält dieselbe Kundenzufriedenheit. Ähnlich plausible Argumente lassen sich für die anderen gesammelten Perspektiven und Kriterium finde, die ebenfalls zu Äquivalenzen führen.

Das EFQM-Modell enthält weitere Kriterien, die nicht in den vier ursprünglichen und klassischen Perspektiven der Balanced Score Card enthalten sind. Jedoch kann die BSC bei Bedarf um weitere Perspektiven, wie zum Beispiel die Perspektive der Gesellschaft oder die Perspektive von Partnerschaft ergänzt werden. Diese Freiheit der Erweiterung besteht bei der BSC.

Verborgene Gemeinsamkeiten

Neben diesen einfachen, an Begriffen festgemachten Gemeinsamkeiten, gibt es das Prinzip von „Ursache und Wirkung“ als verborgene Gemeinsamkeit. In der BSC besteht diese kausale Logik in der Folge der Perspektiven Mitarbeiter - Prozesse - Kunden - Investor.

Die Logik ist: Was muss beim Mitarbeiter an Zielen gesetzt und erreicht werden, damit die Prozesse verbessert werden können, damit die Kunden zufriedener werden, damit der Investor zufriedener wird.

Eine ähnliche Logik liegt dem EFQM-Modell zugrunde. Was muss alles in den Kriterien 1 bis 4 verbessert werden, um die Ergebnisse in den Kriterien 6 bis 9 zu verbessern. In beiden Ansätzen geht es darum, diese Ursachen-Wirkungs-Ketten zu treiben, um die Werte und die Wertschöpfung zu erhöhen.

Offensichtliche Unterschiede

In der praktischen Umsetzung von BSC und EFQM gibt es recht viele Unterschiede, von denen nur einer hier aufgegriffen wird. Das EFQM Modell ist mit seinem Excellence Konzept methodisch und inhaltlich sehr standardisiert, um einen bewertenden Vergleich des Excellence Zustands von einem Unternehmen mit einem anderen Unternehmen objektiv und transparent vornehmen zu können.

Die Balanced Score Card (BSC) ist methodisch standardisiert und inhaltlich offen. Das wird daran deutlich, daß sie um weitere Perspektiven auf Ziele ergänzt werden kann. Das wird auch daran deutlich, daß eine Vielzahl von Kennzahlen, die nicht alle standardisiert sind, auf Ziele und Perspektiven einer BSC bezogen ist.

Fazit

BSC und EFQM sind – trotz Ähnlichkeiten in den Prinzipien – nicht dasselbe, auch nicht in ihrer Zielsetzung. EFQM hat die Zielsetzung, das Unternehmen zu guter Excellence zu bringen. BSC hat die Zielsetzung, strategische Potenziale zu mobilisieren, um operativ gute Ergebnisse zu bringen. Doch wieder eine ähnliche Zielsetzung!

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ZUM AUTOR
Über Dr. Peter Meier
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Peter Meier, Dr. rer. nat., ist Gründer und Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Risikomanagement. Seine Interessen gelten der Bewältigung von Ungewissheit, von Komplexität und von Risiko der zukünftigen Entwicklung von Unternehmen. Zu diesen Themen ist er Autor mehrerer Bücher und Artikel. Er ist Berater von Unternehmen und Organisationen zu Risiko, Qualität, strategischem Management und Controlling. Er ist ferner Lehrbeauftragter für Risikomanagement und Unternehmensführung. Aktuelle Spezialthemen sind: Qualitätskultur und die Beziehungen zwischen Risiko und Qualität. Weitere Informationen: www.dr-peter-meier.de
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