Fachartikel, 11.07.2007
Perspektive Mittelstand
Konfliktmanagement
Konfliktphasen und Strategien zur Deeskalation von Konflikten
Ein jeder Mensch hat es im Berufsalltag schon mal erlebt: Einmal ein wenig abwesend und deshalb nicht gegrüßt, einmal was „Falsches“ gesagt oder durch eine ungeschickte Formulierung den Anderen gekränkt, und schon ist man mit einem Vorgesetzten oder Mitarbeiter im Konflikt. Statt den Konflikt über ein entsprechendes Konfliktmanagement zu thematisieren und zu lösen, wird er dann oftmals totgeschwiegen – bis er dann schließlich eskaliert.
Kommt es zum Konflikt, versteht man oft die Welt nicht mehr. Man ist sich keiner Schuld bewusst und kann den Grund hierfür nicht nachvollziehen. Wenn man es recht bedenkt, weiß man eigentlich auch gar nicht so genau, was man dem anderen „angetan“ hat. Konfliktmanagement ist keine Sozialromantik, in Unternehmen ist es eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Dabei kommt einem der Konfliktverlauf nach F. Glasl gleichzeitig vertraut und beängstigend vor. Schnell wechseln sich rasch heiße und kalte Phasen ab:

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1. Phase / Start: Verstimmung
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Man ärgert sich über einen „minder schweren” Anlaß, wie z. B. Gruß vergessen, Privatgespräche am Arbeitsplatz, verspätete Informationsweitergabe, etc.

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2. Heiße Phase: Debatten
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Der Konflikt kommt entweder auf den Tisch, d. h. beide treten in offenen Streit, wobei jede Partei auf seinen Standpunkt beharrt und die Argumente des anderen nicht gelten lässt. Oder er wird unter den Teppich gekehrt und totgeschwiegen. Zu diesem Zeitpunkt könnte eine sachliche Auseinandersetzung den Konflikt jetzt beenden oder entschärfen. Ergibt diese Debatte jedoch keine Konfliktlösung, geht es in die nächste Phase.

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3. Kalte Phase: Kontaktabbruch
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Die Spannungen werden immer größer, es wird immer schwerer, das eigentliche Problem anzusprechen. Man geht sich aus dem Weg. Der andere wird „mit anderen Augen” betrachtet: Verbindendes wird verdrängt , Trennendes kommt in den Vordergrund (Mitarbeiter wird immer ungeeigneter, Chef wird immer undurchschaubarer, ungerechter). Normal – und auch empfehlenswert - ist es jetzt in dieser Phase, daß Konfliktparteien sich aus dem Weg gehen. Gleichzeitig können jetzt schon erste körperliche Krankheitssymptome auftreten wie Kopfschmerz, Verspannungen, allgemeine Reizbarkeit.

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4. Kalte Phase: Soziale Ausweitung
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Die Spannungen nehmen zu. Um sich psychisch zu entlasten, versuchen beide Parteien Verbündete für ihre jeweilige Sichtweise zu gewinnen. Dritte werden zu Beteiligten des Konfliktes.

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5. Kalte Phase: Strategie
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Die Konfliktparteien haben jetzt Rückendeckung. Nach Phasen der Selbstzweifel sehen sie sich jetzt bestätigt und neues Selbstbewusstsein kommt auf. Jetzt werden in der Phantasie Strategien erarbeitet, wie man den Konfliktpartner unter Druck setzen kann und sich gegen erwartete Angriffe wirksam schützt. Ziel ist es, die Strategie des anderen zu erkennen und dessen Pläne zu durchkreuzen.

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6. Heiße Phase: Drohung
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Der Konflikt wird zum Hauptthema. Wahrnehmung, Gedanken, Gefühle werden davon bestimmt. Jetzt besteht keine oder nur noch geringe Kooperationsbereitschaft. Man übt eher gegenseitig Druck aus. Ziele des Anderen werden sabotiert und behindert, wobei Art und Intensität der Arbeitsbehinderung jedoch noch begrenzt sind.

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7. Kalte Phase: Regelbruch
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Jegliche Handlungen des anderen wird negativ wahrgenommen und gedeutet. Dem anderen werden noch schlimmere Absichten unterstellt, als man selbst hat. Der Konflikt bekommt eine neue Dimension: Alles, was die eigene Position in irgendeine Weise verschlechtert, wird dem anderen angekreidet, er ist an allem und jedem schuld

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8. Heiße Phase: Angriffe aus dem Hinterland
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Der Konflikt geht jetzt in offene Sabotage über. Die gegnerischen Ziele werden behindert, um die Machtbasis des Gegner zu zerstören. Demzufolge verstärken sich die Angriffe auf den Konfliktpartner und dessen Verbündete.

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9. Heiße Phase: Totaler Krieg
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In dieser letzten Phase geht es jetzt nur noch um Er oder Ich. Es wird darauf angelegt, den Gegner, psychisch, physisch, gesellschaftlich, beruflich zu zerstören, wobei man eigene Schäden in Kauf nimmt (Krankheit, Repressalien, etc.).

Strategien zur Deeskalation von Konflikten

Was nutzt einem dieses Wissen über Eskalationsphasen? Zunächst einmal wird deutlich, dass es nur ein sehr kleines Zeitfenster für die einfache, rasche und kostengünstige Lösung eines Konfliktes gibt. Gerade in puncto Kosten wird auch die Verantwortung einer Führungskraft offensichtlich. Ignoriert ein Vorgesetzter einen Konflikt, kann schnell die Produktivität des gesamten Teams leiden. Am einfachsten ist Deeskalation in der Anfangsphase:

  1. Nehmen Sie sich Zeit. Hören Sie zu, und zeigen Sie Interesse daran, was der andere zu sagen hat. „Gut. Lassen Sie uns heute Nachmittag in Ruhe darüber sprechen und das klären.“
  2. Danken Sie dem anderen, daß er das Thema angesprochen hat. „Es ist wirklich gut, daß Sie das zu mir gekommen sind, um die Sache anzusprechen.“
  3. Zeigen Sie Verständnis für die Reaktion des anderen. „Jetzt verstehe ich Sie. Aus Ihrem Blickwinkel sieht das ja wirklich ganz anders aus.“
  4. Akzeptieren Sie Ihre Verantwortung und entschuldigen Sie, was aus Ihrer Sicht neutral zu entschuldigen ist. Dies bedeutet nicht, daß Sie die Gesamtverantwortung übernehmen. „Jetzt, nachdem ich das weiß, gebe ich zu, daß ich das auch geschickter hätte erledigen können.“
  5. Lassen Sie die Dinge nicht offen. Erfragen Sie Ziele, die zu einer besseren Verständigung beitragen. „Was können wir tun, damit dies in Zukunft nicht mehr vorkommt?“ „Was soll jetzt ganz konkret anders laufen.“
  6. Legen Sie nächste Schritte fest, um sich diesem – jetzt gemeinsamen – Ziel zu nähern. Vergewissern Sie sich, daß der andere einverstanden ist. „Gut, dann mache ich das jetzt so ... und Sie sind für ... zuständig. Ist das so ok für Sie?“

Später geht es nur noch um die Verteidigung der eigenen Machtposition. Aber auch dann ist immer noch eine Lösung möglich. In jedem Konflikt, auch in jeder einzelnen Phase steckt ungemein viel Energie und Kreativität, die sich nutzen läßt. In einem späteren Stadium empfiehlt sich jedoch der Einsatz von externen Beratern, die sich auf diese Kreativität konzentrieren. Neutrale Ziele müssen erarbeitet, Verständnis für die jeweiligen Blickwinkel gewonnen und zwischen den Parteien vermitteln werden, bis diese wieder neutral mit einander umgehen können.

Lässt man auch diese Möglichkeit verstreichen, bleibt am Ende als Lösung nur die Trennung der Kontrahenten. Oft heißt das Versetzung in eine andere Abteilung oder, wenn das nicht möglich ist, Kündigung.

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