Fachartikel, 18.02.2009
Perspektive Mittelstand
Kommunikation
Obamas Kunst der Rhetorik – und was wir von ihm lernen können
Berührend und beeindruckend, offen und nüchtern - so schätzen Politiker, Diplomaten und Experten Obamas Antrittsrede ein. Ohne Zweifel: Obama ist ein rhetorischer Glücksfall. Wo immer er auch spricht: Die Menschen hängen an seinen Lippen. Was spricht dagegen, von Vorbildern zu lernen? Nachfolgend vier Erfolgsgeheimnisse seiner Rhetorik, an denen wir uns orientieren sollten.
Erfolgsgeheimnis Nr. 1: Mut machen

Obwohl Obama die Probleme offen anspricht, hat er kein sehr düsteres Bild der Lage gezeichnet. Seine Botschaft:

  • „All das können wir schaffen. Und all das werden wir schaffen.“
  • „Wir bleiben die reichste und mächtigste Nation der Welt.“
  • „Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind ernst...   Aber das sollst du wissen, Amerika, wir werden sie bewältigen!“

Fazit: Verbreiten Sie bei Ihren Vorträgen Zuversicht, machen Sie Mut. Redner, die ihre Wunden lecken, kommen bei den Zuhörern nicht gut an.

Erfolgsgeheimnis Nr. 2: Bei Pannen souverän bleiben

Der Richter John Roberts hatte die Wortreihenfolge des Amtseides verkehrt vorgetragen, was Obama kurz zum Stolpern brachte. Er ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Er war offenbar darauf vorbereitet, dass es immer und überall Pannen oder Aussetzer geben kann - vor allem in Stresssituationen.

Fazit: Wer über der Sache steht und bei solchen persönlichen Pannen souverän reagiert, ist ein absoluter Profi und beweist, dass er gut ist. Kleine Fehler, Pannen oder Versprecher wirken menschlich und machen glaubwürdig.

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Film gerissen - was tun?
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Selbst wenn Sie noch so routiniert reden, wird es Ihnen ab und zu passieren, dass Ihnen mal „der Film reißt“, Sie einen Blackout haben. Das ist normal und natürlich. Es ist deshalb völlig unnötig, dass Sie sich für einen Versprecher, für ein kurzes Ringen nach einem Wort oder einen treffenden Ausdruck entschuldigen. Sie bieten doch eine „Live-Sendung“! Und wer live spricht, d. h. wer nicht vom Manuskript abliest oder auswendig Gelerntes herunterbetet, darf ruhig mal einen „Hänger“ haben. Für Ihre Redepraxis bedeutet dies: Das Missgeschick ist kein Missgeschick, erst die falsche Reaktion macht es dazu. Niemand wird von Ihrem „Filmriss“ etwas merken, wenn Sie eines der folgenden „Klebemittel“ anwenden:  

  • Den Gedanken später bringen.
  • Den Gedanken ganz weglassen.
  • Den zuletzt gesagten Satz mit besonderem Nachdruck wiederholen.
  • Das bisher Gesagte kurz zusammenfassen.
  • Eine kurze, wirkungsvolle Pause einlegen.
  • Eine Frage an die Zuhörer richten.
  • Tief durchatmen.
  • Die Zuhörer etwas notieren lassen.
  • Die Zuhörer um Mithilfe bitten (z. B. „Wo waren wir stehengeblieben?“ oder „Wie könnte man das formulieren?“
  • Füllmaterial bereithalten.

Erfolgsgeheimnis Nr. 3: Von Redeprofis helfen lassen

Obwohl Obama  selbst schon zwei Bestseller geschrieben hat, lässt er sich beim Redenschreiben helfen. Von Jon Favreau, 26 Jahre alt, der aussieht wie ein Schülerpraktikant. Doch das täuscht: Seine Sätze, Worte, Metaphern und Bilder vergolden Obamas Reden.
Fazit: Bereiten Sie sich gut vor und lassen Sie sich ruhig dabei helfen.

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Der Obama-Flüsterer
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Er schreibt Sätze, die Millionen Menschen Gänsehaut machen. Allerdings nur, wenn sein Chef sie ausspricht. Dieselben Worte aus dem Mund von, sagen wir, Kurt Beck, würden schlicht  und blass wirken. Das macht einen guten Redenschreiber aus: Der Einklang mit dem Redner. Er muss dessen Gedanken lesen können, darf ihm keine fremden Worte in den Mund legen. Wenn Sie Ihren Redetext selbst schreiben, sollten Sie folgende Regeln beachten:

  • Haben Sie sich auf das Thema konzentriert und nicht zuviel in die Rede gepackt? Gut! Eine Rede ist kein Bauchladen! Beschränken Sie sich auf ein einziges Thema und gliedern Sie dieses in maximal fünf logische Punkte, sonst verwirren Sie Ihre Zuhörer. Die größte Kunst eines Redners ist das Weglassen.

  • Zeichnet sich Ihr Redetext durch "story telling - quality" aus? Gut! Kleiden Sie Ihre Botschaften in kleine Geschichten. Nichts hält Ihr Publikum besser wach! Nichts macht den Vortrag unterhaltsamer!
  • Wollen Sie Ihr Publikum zum Lachen oder Schmunzeln bringen? Gut! Doch Vorsicht: Nichts ist peinlicher als ein Redner, der als einziger über seinen Witz lacht. Beschränken Sie sich auf Witze oder Anekdoten, die wirklich geistreich sind!

  • Haben Sie Zitate eingebaut? Gut! Aber wählen Sie sorgfältig aus. Zitate mit Witz und Pfiff, kurz, von klugen Leuten mit Autorität, nicht zu viele und vermeiden Sie das Zitieren langer Passagen. Nehmen Sie immer Filetstücke, nie die ganze Kuh!

  • Argumentieren Sie mit Zahlen? Gut! Nichts überzeugt mehr, als handfeste, konkrete, überprüfbare Zahlen. Es ist besser zu sagen "83%" als "die meisten" oder "die Mehrzahl".

  • Lockern Sie Ihren Text mit rhetorischen Fragen auf? Sehr gut! Sie machen neugierig und zwingen zum Mitdenken. Sie können ganze Passagen Ihrer Rede mit lauter klug gestellten rhetorischen Fragen bestreiten. Grundsätzlich gilt: Ein Vortrag ohne Fragen gleicht einem schlecht durchlüfteten Zimmer.

  • Sind Ihre Sätze unterschiedlich lang? Prima! Gleichmäßig lange Sätze wirken monoton und machen müde. Oder sie wecken Aggressionen, wie ein tropfender Wasserhahn bei Nacht.

Erfolgsgeheimnis Nr. 4: Bildhaft reden

  • "Wir müssen uns mit Hoffnung den eisigen Strömen stellen."
  •  "Der Flickenteppich der Vereinigten Staaten ist unsere Stärke."
  • „…Worte, gesprochen in Flutzeiten des wachsenden Wohlstands und in der ruhigen See von Friedenszeiten.“
  •  „… auch wenn nun Wolken aufkommen und Stürme wüten.“
  • „… müssen wir uns aufraffen, uns den Staub abklopfen.“
  • "Wir werden Sonne und Wind und Boden nutzen, um unsere Autos und Fabriken zu betreiben."
  • „…wir aber die Hand ausstrecken werden, wenn Ihr bereit seid, Eure Faust zu öffnen."

Fazit: Bildhafte Ausdrücke werden in der rechten Gehirnhälfte verarbeitet und damit im Langzeitgedächtnis gespeichert.

Barack Obama spricht die Phantasie seiner Zuhörer an. Er malt die Zukunft mit Worten, macht Mut und ist scheinbar in allen Lebenslagen sicher in seiner Kommunikation. Und obwohl er fachlich top ist und sich bestens in den wirtschaftlichen und globalen Begegenheiten auskennt, spricht er genau in dem Moment, in dem er das Rednerpunkt betritt, mit einfachen und eingänglichen Worten aus dem Herzen und damit genau die Herzen der Zuhörer an.

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ZUM AUTOR
Über Gerhard Reichel
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In mehr als 30 Jahren hat sich Gerhard Reichel einen exzellenten Ruf als Rhetorik-Trainer erarbeitet. Unternehmer, Politiker und Führungskräfte schätzen das Know-how und die Persönlichkeit des mehrfachen Buchautors und gefragten Referenten. Die Zuhörer schätzen dabei besonders seine Authentizität. Er ermutigt seine Teilnehmer, sich nicht zu verstellen, sondern als individuelle Persönlichkeiten mit Herz und Verstand aufzutreten. Sein 1975 gegründetes Institut für Rhetorik zählt mittlerweile zu den ersten Adressen Deutschlands und hat sich in der Seminarszene einen exzellenten Ruf erarbeitet. Die vier Bücher von Gerhard Reichel sind allesamt Longseller mit hohen Auflagen. Sein Motto: Wer andere groß macht, wächst mit.
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Über Oliver Reichel
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Schon während seines Studiums der Rhetorik, Geschichte und Germanistik begann Oliver Reichel, sich mit Strategien der fairen und respektvollen Kommunikation und Überzeugungspsychologie zu befassen. Nach mehreren Zusatzausbildungen entwickelte er moderne Konzepte und wissenschaftlich abgesicherte Modelle für Spitzenkommunikation. Er bietet konkrete Inhalte statt purer Show: spannend, unterhaltsam und fachlich fundiert. Wer Oliver Reichel gemeinsam mit seinem Vater Gerhard Reichel live erlebt, spürt mit jedem Satz ihre Begeisterung für die Welt der Rhetorik und ihre Freude am Umgang mit Menschen.
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