Damit es sich insbesondere für Geringqualifizierte wieder lohnt, arbeiten zu gehen, diskutieren die Regierungsparteien wieder einmal die Einführung des Kombilohns.
Die Idee, niedrige Erwerbseinkommen durch staatliche Hilfen aufzustocken, ist zwar grundsätzlich richtig, aber alles andere als neu: Schon heute verfügt die Arbeitsmarktpolitik über zahlreiche Instrumente, die genau das leisten, was mit Kombilöhnen bezweckt werden soll.
Die bisherige Debatte um Kombilöhne strotzte nur so vor Aktionismus. Ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, überboten sich die beiden Koalitionspartner gegenseitig mit vielen vagen Ideen und ebenso zahlreichen Pros und Contras. Vorläufiger Höhepunkt des Schattenboxens war die von verschiedenen Seiten prompt vorgebrachte Kritik, Kombilöhne seien doch viel zu teuer – wie viel sie tatsächlich kosten, lässt sich nach Adam Riese aber erst sagen, wenn auch ein Programm vorliegt.
Die konzeptionelle Leere soll nun mit Inhalt gefüllt werden. Bis zum Herbst will das Arbeitsministerium einen Vorschlag ausarbeiten und sagen, was genau die Koalition unter Kombilöhnen versteht. Allzu schwer sollte dieses Vorhaben nicht sein – denn Anschauungsmaterial zum Thema Lohn bzw. Einkommenssubventionen gibt es mehr als genug:
Arbeitslosengeld II
Anspruch darauf haben nicht nur Arbeitslose, sondern auch jene Erwerbstätigen, deren Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt. Wer zum Beispiel ausschließlich einem 400EuroJob nachgeht, erhält als Alleinstehender rund 410 Euro obendrauf. Ist der Bruttolohn höher als 400 Euro, wird das ergänzende ALG II entsprechend abgeschmolzen. Die ALGIIRegelung verwirklicht also den an sich simplen Grundsatz, wonach sich Arbeit auch lohnen muss. Im Klartext: Das ALG II ist bereits ein waschechtes Kombieinkommen.
Mini-Jobs
Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von bis zu 400 Euro zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge – diese übernehmen allein die Arbeitgeber. Durch diese Einkommenssubvention sparen die MiniJobber bis zu 100 Euro pro Monat.
Midi-Jobs
Um den abrupten Übergang von einer geringfügigen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung abzufedern, zahlen Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen zwischen 400 und 800 Euro reduzierte Sozialversicherungsbeiträge. Mit fast 70 Euro fällt der Nachlass für jene am größten aus, die knapp über 400 Euro brutto verdienen. Steigt das Einkommen, sinkt die Förderung – auch das ist de facto nichts anderes als ein Kombieinkommen.
Lohnkostenzuschüsse
Schwer zu vermittelnde Arbeitslose können durch Eingliederungszuschüsse gefördert werden. Der Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber beträgt maximal 50 Prozent des Bruttolohns und wird bis zu zwölf Monate lang gewährt; für behinderte Arbeitnehmer sind auch höhere Förderungen möglich.
Einstiegsgeld
ALGIIEmpfänger können, wenn sie eine Beschäftigung aufnehmen, bis zu 24 Monate lang das so genannte Einstiegsgeld bekommen. Dessen Höhe bemisst sich nach dem individuellen Erwerbseinkommen und dem Bedarf des jeweiligen Haushalts. Zwar gibt es keinen Rechtsanspruch auf das Einstiegsgeld (seine Zahlung liegt im Ermessen der JobCenter), an seinem KombilohnCharakter ändert das jedoch gar nichts.
All diese Beispiele belegen: Der Kombilohn bzw. das Kombieinkommen muss nicht mehr eingeführt werden – es gibt dieses Instrument schon. Die große Koalition täte deshalb gut daran, sich nicht darauf zu beschränken, die lange Liste der vorhandenen Förderungen um eine weitere zu verlängern.
Dringend nötig ist stattdessen eine Koordination der Hilfen. Weil es die bislang nicht gibt, sind bereits einige KombilohnModelle gescheitert. Neben der unklaren Definition der Zielgruppen liegt das vor allem daran, dass die Hilfen zuweilen untereinander angerechnet werden.
Das Ergebnis sind die schon überwunden geglaubten Nettolohnfallen: Weil sich berufliches Engagement für viele
nicht lohnt, maximieren sie ihr verfügbares Einkommen lieber mit Teilzeit, Gelegenheitsjobs, Schwarzarbeit – oder einer Kombination aus allem.