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Fachartikel, 18.04.2007
Wirtschaft/Mittelstand (allgemein)
Importe – der Konkurrenzdruck auf die Deutsche Wirtschaft steigt
Während sich die Deutsche Wirtschaft als Export-Weltmeister im Ausland ausgezeichnet behauptet, sehen sich deutsche Hersteller im Binnenmarkt mit einem wachsenden Konkurrenzdruck durch den starken Anstieg der Importe ausländischer Konkurrenten konfrontiert. Ein Artikel des Institut der Deutschen Wirtschaft Köln.
Die hiesige Industrie muss sich seit Mitte der neunziger Jahre verstärkt gegen die ausländische Konkurrenz behaupten. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt haben sich die Einfuhren gegenüber 1993 fast verdoppelt. Berücksichtigt man, dass die Qualität der Erzeugnisse aus dem Ausland meist geringer ausfällt als die der hiesigen Industriegüter, fällt der Befund zwar nicht mehr ganz so alarmierend aus. Beruhigt zurücklehnen können sich die deutschen Hersteller jedoch nicht.

Viele Autos sind made in France oder Japan, die T-Shirts kommen von den Philippinen und der Kaffee aus Kolumbien. Beileibe nicht alles, was in Deutschland zu kaufen ist, wurde auch auf hiesigem Boden produziert. Immer mehr Konsum- wie Investitionsgüter stammen aus dem Ausland. Eindrucksvoll ablesen lässt sich das an der Relation der Einfuhren zum deutschen Bruttoinlandsprodukt:

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Im vergangenen Jahr hatten die Waren- und Dienstleistungsimporte einen Wert von 40 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung – 1970 war es nicht einmal halb so viel.
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Nachdem die Importquote bis Mitte der achtziger Jahre schon einmal auf 29 Prozent geklettert war, ging sie danach bis 1993 wiedervereinigungsbedingt auf etwa 22 Prozent zurück. Von da an wurden jedoch kontinuierlich mehr Güter nach Deutschland eingeführt. Jahresdurchschnittlich wuchs die Importquote seit 1995 um 1,5 Prozentpunkte – und damit deutlich kräftiger als im gesamten Vierteljahrhundert zuvor.

Für die heimischen Hersteller bedeutet das Angebot aus dem Ausland einen zunehmenden Konkurrenzdruck. Vor allem arbeitsintensiv produzierende Branchen haben an den Einfuhren aus Niedriglohnländern zu knabbern. In der gesamten Industrie stieg der Anteil der Importe aus Staaten mit besonders geringen Lohnkosten an der Wertschöpfung zwischen 1996 und 2004 von 18 auf 32 Prozent. In der Automobilindustrie hat die Bedeutung der zu Niedriglöhnen gefertigten Zukäufe besonders zugenommen. Mitte der neunziger Jahre lag ihr Anteil lediglich bei 7 Prozent der Wertschöpfung, jüngst waren es 28 Prozent. Und in der Textil-, Bekleidungs- und Lederwirtschaft wurde zuletzt aus Billiglohnländern sogar mehr als das Zweieinhalbfache von dem eingeführt, was die hiesigen Unternehmen erzeugt haben.

Wie groß die Gefahr ist, dass Anbieter aus Niedriglohnländern den deutschen Betrieben das Wasser abgraben, lässt sich dennoch nicht so pauschal sagen. Schließlich unterscheidet sich beispielsweise eine Uhr aus dem sächsischen Glashütte in der Qualität beträchtlich von den Erzeugnissen aus Fernost. Gegenüber den Schweizer Uhrmachern wiederum dürfte dieser Vorteil hinfällig sein – in diesem Fall gibt möglicherweise doch der Preisvergleich den Ausschlag beim Kauf. Inwieweit einzelne Branchen hierzulande die Importkonkurrenz qualitativ wie mengenmäßig tatsächlich fürchten müssen, lässt sich mithilfe einer so genannten qualitätsbezogenen Importquote ermitteln. Dazu wird zunächst der durchschnittliche Wert der Importgüter – bezogen auf deren Gewicht in Kilogramm – für die unterschiedlichen Branchen ermittelt.

Für die USA hat man bei solchen Berechnungen schon einmal festgestellt, dass ein aus Japan bezogenes Baumwollhemd den 30-fachen Wert eines ebensolchen Textils von den Philippinen hat. Messen lassen müssen sich die US-Hemdenschneider mit ihren vergleichsweise hohen Lohnkosten damit wohl eher an Güte und Preis des japanischen Produkts.

Im nächsten Schritt wird der Durchschnittswert der Importe dem Durchschnittswert der vom jeweiligen inländischen Industriezweig produzierten Exportgüter gegenübergestellt. Dieses Verhältnis gibt den Qualitätsrückstand oder -vorsprung des Auslands an. Mit der so ermittelten Quote lässt sich der tatsächliche Importwert um die Qualitätsdifferenz zwischen heimischen und importierten Erzeugnissen bereinigen. Das heißt, je mäßiger die Qualität der Einfuhrwaren ist, desto stärker fällt der so genannte qualitätsbezogene Importwert gegenüber dem tatsächlichen ab. Dies bedeutet zugleich, dass der Druck durch Konkurrenz aus anderen Ländern geringer ist, als es der unbereinigte Importwert zunächst signalisiert.

Alles in allem zeigt sich, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt ist: In den meisten Industriebranchen ist der durchschnittliche Wert der eigenen Exporte deutlich höher als der Wert der aus dem Ausland bezogenen Waren. Besonders groß ist der Qualitätsvorsprung der hiesigen Hersteller im Maschinenbau und im sonstigen Fahrzeugbau.

Die Ausnahme von der Regel bilden die Ernährungs- und Tabakwaren sowie die Gütergruppe Glas, Keramik, Steine und Erden, die made in Germany weniger hochwertig sind als die entsprechenden Importgüter. Somit gilt für die Importquote nicht von ungefähr:

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Im Verhältnis zur industriellen Wertschöpfung in Deutschland fielen die Industrieeinfuhren mit 82 Prozent im Jahr 2004 qualitätsbereinigt deutlich geringer aus als offiziell in der Außenhandelsstatistik angegeben. Dort lagen sie bei rund 100 Prozent.
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Zurücklehnen können sich die Unternehmen ob dieses schmeichelhaften Zeugnisses allerdings nicht, denn die ausländischen Anbieter haben im vergangenen Jahrzehnt in Sachen Qualität etwas aufgeholt und vor allem viel mehr Waren nach Deutschland verkauft: Noch 1996 betrug die qualitätsbezogene Importquote lediglich 56 Prozent.

Der Konkurrenzdruck fällt jedoch von Branche zu Branche höchst unterschiedlich aus. Besonders dominant sind die Importe in der Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie. Sie machten dort zuletzt selbst qualitätsbereinigt noch mehr als das Dreifache der heimischen Produktion aus. Relativ wenig zu beschicken haben auch die hiesigen Kokereien und Mineralölverarbeiter, die sonstigen Fahrzeugbauer, die Chemie und die Elektro- Industrie, wo jeweils mehr importiert als selbst erzeugt wird.

Das beste Standing haben demgegenüber nach wie vor der Maschinenbau, die Holz-, Papier- und Druckindustrie sowie – trotz des Qualitätsrückstands – der Bereich Glas, Keramik, Steine und Erden. Doch auch in diesen Industriebranchen herrschte während der zurückliegenden Jahre keineswegs Stillstand. Die Mitbewerber jenseits der heimischen Grenzen müssen zunehmend stärker ins unternehmerische Kalkül einbezogen werden.
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