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Fachartikel, 11.04.2007
Wirtschaft/Mittelstand (allgemein)
Globalisierung - die deutsche Wirtschaft profitiert
Während Kritiker der Globalisierung immer wieder deren für Deutschland nachteilige Wirkung hervorheben, zeichnen die Fakten, so ein Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, ein anderes Bild: Die Internationalisierung kommt dem Land zugute und auch die deutsche Wirtschaft profitiert.
Die Kritiker der internationalen Arbeitsteilung lassen nicht locker – ihrer Ansicht nach sind selbst die Exporterfolge der hiesigen Unternehmen für Deutschland mit Wohlstandseinbußen verbunden. Doch ihre Argumente beruhen zum Teil auf realitätsfernen Annahmen. Tatsächlich profitiert die deutsche Wirtschaft eindeutig vom Auslandsgeschäft – unter anderem in Form günstigerer Importgüter und zusätzlicher Arbeitsplätze.*)

Als die Deutsche Bundesbank vor Kurzem Bilanz über den Außenhandel 2006 zog, hätte es landauf, landab eigentlich nur glückliche Gesichter geben dürfen. Schließlich legten die deutschen Ausfuhren im vergangenen Jahr nominal um stolze 14 Prozent zu – und damit deutlich stärker als der Welthandel, der „nur“ um 9 Prozent expandierte.

Manche kritischen Stimmen meinen allerdings, der Exportboom habe für Deutschland letztlich Wohlstandsverluste mit sich gebracht – unter anderem durch gestiegene Arbeitslosenzahlen. Die Auswirkungen der Globalisierung auf die hiesige Wirtschaft seien damit geradezu „pathologisch“.

Die Annahmen der ökonomischen Modelle, mit denen die Kritiker des deutschen Exporterfolgs argumentieren, passen indes in vielerlei Hinsicht nicht zur heutigen Wirklichkeit. Ein Blick auf die Fakten gibt unübersehbare Hinweise darauf, dass die immer engere internationale Arbeitsteilung unserem Land durchaus zugutekommt und die Unkenrufer oft zu vorlaut sind.

Das internationale Preisverhältnis hat sich verbessert

Anders als in den von Kritikern verwendeten Theorien vorausgesetzt, hat Deutschland in den vergangenen Jahren von einer Verbesserung der so genannten Terms of Trade profitiert. Auf gut Deutsch bedeutet dies, dass das Verhältnis zwischen den deutschen Ausfuhr- und Einfuhrpreisen gestiegen ist – und letztlich mit den Exporterlösen mehr Importe finanziert werden können.

Dies gilt selbst dann, wenn man die Entwicklung der Terms of Trade seit 1991 für sämtliche Waren und Dienstleistungen betrachtet. Zwar war hier ab Mitte der neunziger Jahre unterm Strich ein Minus zu verzeichnen, doch die Ursache dafür waren im Wesentlichen die höheren Preise für importierte Rohstoffe und Energiegüter. Nimmt man Öl, Gas und Co. aus der Rechnung heraus und betrachtet allein den Handel mit Industrieerzeugnissen – bei dem Deutschland nach Ansicht der Skeptiker zunehmend in Bedrängnis gerate –, war der Trend bis zuletzt erfreulich:

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Die Terms of Trade im Handel mit Waren des Verarbeitenden Gewerbes verbesserten sich für Deutschland von 1991 bis 2005 um fast 15 Prozent. Industrieprodukte „made in Germany“ konnten demnach teurer ins Ausland verkauft werden bzw. die Importe entsprechender Güter wurden billiger.
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Diese Entwicklung war in den allermeisten großen Branchen zu beobachten. So legte die Relation der Ausfuhr- zu den Einfuhrpreisen im Bereich der Nachrichtentechnik, Rundfunk- und Fernsehtechnik sowie Elektronik von 1991 bis 2004 um 14 Prozent zu. Hier dürften sich hauptsächlich die gesunkenen Kosten für importierte Elektronikerzeugnisse bemerkbar gemacht haben. Aber auch in der Elektrizitätssparte sowie im EDVBereich verbesserte sich das Verhältnis der Außenhandelspreise zugunsten Deutschlands um mehr als 10 Prozent. Dieser günstige Trend war im Übrigen selbst beim Handel mit China zu notieren – hier kletterten die Terms of Trade seit 1995 um beinahe 50 Prozent.

Neue Wege des Außenhandels bringen Deutschland Vorteile

Die Tatsache, dass im Zuge der Globalisierung neue Akteure auf den Weltmärkten aufgetreten sind, stellt nicht zwangsläufig eine Bedrohung dar. Öffnen sich Länder für den internationalen Handel, birgt dies auch neue Absatzchancen – die die deutsche Wirtschaft zu nutzen versteht. Im Güteraustausch mit zahlreichen aufstrebenden Staaten erzielt sie deutliche Überschüsse:

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So überstieg der Wert der Exporte nach Polen 2005 den Wert der von dort bezogenen Güter um 5,6 Milliarden Euro. Der Handel mit wichtigen Öllieferländern schloss ebenfalls mit einem positiven Saldo ab.
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Und selbst wenn Deutschland im Geschäft mit einem Staat rote Zahlen schreibt, können die Exporte dorthin bedeutsam sein. Zum Beispiel gingen auf das Konto Chinas, wohin 1995 gerade mal 1,4 Prozent der Ausfuhren geliefert wurden, 4,1 Prozent des in den darauf folgenden zehn Jahren verzeichneten deutschen Exportwachstums. Anders ausgedrückt: Während sich die gesamten grenzüberschreitenden Verkäufe der hiesigen Wirtschaft von 1995 bis 2005 etwas mehr als verdoppelten, haben sich die Exporte ins Reich der Mitte nahezu vervierfacht.

Auch die Nachfrage aus Polen, Tschechien, Russland und Ungarn trug überdurchschnittlich zum Auslandserfolg deutscher Unternehmen bei. Dieser Exportboom kommt im Übrigen auch auf dem heimischen Arbeitsmarkt an – das Argument, die deutschen Firmen würden ihre starke Position auf den Weltmärkten vor allem durch den Abbau von Arbeitsplätzen am heimischen Standort erkaufen, überzeugt bei näherem Hinsehen nicht wirklich.

Zwar ist die Zahl der Beschäftigten in den großen deutschen Exportbereichen – Chemie, Maschinenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau – zwischen 1995 und 2004 um 150.000 gesunken. Doch zahlreiche Stellen wurden in andere Wirtschaftsbereiche ausgelagert oder entstanden in den zuliefernden Branchen sogar neu. Der Saldo ist eindeutig positiv. Die Zahl aller für den Export tätigen Beschäftigten kletterte von 5,9 Millionen 1995 auf schätzungsweise 8,3 Millionen im Jahr 2005. Auch 2006 dürfte der auf 5,2 Prozent der Wirtschaftsleistung expandierte Exportüberschuss wesentlich zum Anstieg der gesamten Erwerbstätigkeit um 300.000 Köpfe beigetragen haben. Der Außenhandel erweist sich demnach hierzulande als ausdauernder Jobmotor.

Die Globalisierung ist keine Hauptursache für Arbeitslosigkeit von Geringqualifizierten

Zu den größten Übeln der weltweiten wirtschaftlichen Vernetzung gehört nach Ansicht ihrer Kritiker, dass zunehmende Billigimporte vor allem weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte um ihre Jobs bringen würden. Doch die internationalen Daten sprechen gegen diese Vermutung:

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Obwohl beispielsweise in Schweden der Anteil der Importe aus Niedriglohnländern von 1995 bis 2004 kräftig zulegte, ging die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten deutlich zurück.
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Auch in anderen Ländern spricht wenig oder gar nichts für den Zusammenhang zwischen einer verstärkten Importkonkurrenz im Niedriglohnbereich und der Jobsituation wenig qualifizierter Arbeitnehmer. Ein Grund könnte sein, dass die Annahme starrer Arbeitsmärkte in Europa nicht mehr uneingeschränkt zutrifft. In Deutschland haben z.B. die Tarifpartner – etwa durch Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen – für mehr Flexibilität gesorgt. Weiterhin hält der Staat arbeitsfähige Erwerbslose verstärkt zur Jobannahme an. Und der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor hat hierzulande seit 1997 sogar spürbarer zugelegt als in anderen größeren EU-Staaten.

*) Vgl. Jürgen Matthes: Weltkrieg um Wohlstand und pathologischer Exportboom? Warum Deutschland auch weiterhin von der Globalisierung profitiert, IW-Analysen Nr. 28, Köln 2007, erscheint in Kürze. Bestellung über Fax: 0221 4981-445 oder unter: www.divkoeln.de
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