Fachartikel, 25.04.2007
Perspektive Mittelstand
Gesellschaftsrecht
Die englische Limited – die bessere GmbH?
Allein im Jahr 2004 ließen sich nach Recherchen der Wirtschaftswoche über 17.000 deutsche Existenzgründer und Unternehmer als Direktoren einer Limited (Ltd.) ins britische Zentralregister eintragen. Als Alternative zur deutschen GmbH gerade von Gründungs- und Vermittlungsagenturen vielfach gepriesen, bleiben die Nachteile der Limited oftmals unerwähnt. Ein Beitrag von Dr. Achim Walk über Fragen der Rechnungslegung, die Publizitätspflichten und die Besteuerung und welche Probleme die Limited nachsichziehen kann.
Die UK-Limited (kurz: Ltd.) gewinnt in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung. Geringes Stammkapital, ein schneller und unbürokratischer Gründungsprozess und geringe Gründungskosten lassen die Nachfrage nach der Limited weiter steigend (Nachweise unter www.companieshouse.org.uk). Hintergrund dieser Entwicklung sind die Urteile „Centros”, „Überseering” und „Inspire Ar” des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nach diesem Urteil ist eine Gesellschaft rechtsfähig, wenn sie nach dem Recht eines Mitgliedsstaates der EU wirksam gegründet wurde. Die anderen Mitgliedsstaaten haben die Gründung anzuerkennen und die Gesellschaft auch in ihrem Land als rechtsfähig zu behandeln.

Im Folgenden wird der Regelfall der Ltd. mit englischem Satzungssitz ohne Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich, aber mit Verwaltungs- und Unternehmenstätigkeit und Betriebsstätte in Deutschland (sog. zugezogene Ltd.), dargestellt.

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A. Rechnungslegung und Jahresabschluss
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I. Vereintes Königreich

Die Buchführung der Ltd. ist nach den Vorschriften über die Rechnungslegung im Companies Act von 1985 in Verbindung mit IFRS-Standards zu führen. Der Jahresabschluss der Ltd. ist unter Beachtung der UK GAAP-Vorschriften zu erstellen.

Eine Erleichterung gilt für kleine Gesellschaften mit einem Umsatz von weniger als 3.920.000,00 € und/oder einer Bilanzsumme von weniger als 1.920.000,00 € und/oder weniger als 50 Beschäftigten. Es ist dann nur eine modifizierte Einnahmen-Überschussrechnung und keine Bilanz zu erstellen.

II. Deutschland

Die Ltd. ist Kaufmann nach § 6 Abs. 1 HGB. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Buchführungspflicht für ausländische Kaufleute aus § 238 Abs. 1 HGB ergibt, da jedenfalls die kaufmännische Zweigniederlassung der deutschen Buchführungspflicht nach den §§ 325, 325 a HGB unterliegt. Hieraus folgt auch, dass der Jahresabschluss der Ltd. nach den HGB-Vorschriften, ergänzt durch die Vorschriften des GmbHG, zu erstellen ist. Die so erstellte Handelsbilanz ist der deutschen Steuerbilanz zu Grunde zu legen. Die deutsche Handelsbilanz kann unter Beachtung der UK-GAAP-Bilanzvorschriften im Wege einer Übergangsrechnung auch für einen englischen Jahresabschluss herangezogen werden.

Es bestehen also doppelte Pflichten: Sowohl die Buchführung als der Jahresabschluss sind nach deutschem und englischem Recht zu fertigen.

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B. Publizität
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I. Vereintes Königreich

Gewissermaßen als Ausgleich für das nicht vorgeschriebene Mindestkapital unterliegt die Verwaltung der Ltd. im britischen Recht umfassenden Publizitätsvorschriften. So sind folgende Unterlagen beim Registrator zu hinterlegen:


::: Gründungsurkunde und Gesellschaftsvertrag,

::: Einzelheiten über Kapital bzw. Kapitalerhöhung/-herabsetzung,

::: Wechsel eines Direktors oder Sekretärs,

::: Inhalte der Gesellschafterbeschlüsse,

::: Aufstellung der ausgegebenen Anteile,

::: Auflistung der Belastungen des Gesellschaftsvermögens sowie bestellte Sicherheiten,

::: Jahresbilanz und Geschäftsbericht,

::: Einzelheiten über den Erwerb eigener Geschäftsanteile.

Die Urkunden können von jeder Person eingesehen werden und müssen auf Wunsch ausgehändigt werden. Zusätzlich erhält jede Ltd. zum Ende eines Geschäftsjahres vom Companies House eine Jahresmeldung (annual return). Die Jahresmeldung dient der Korrektur im Hinblick auf die oben genannten Positionen und muss dem Companies House innerhalb von 14 Tagen wieder zurückgesandt werden, was auch auf elektronischem Wege über das Internet geschehen kann. Sollten sich Veränderungen ergeben haben, die dem Registrator noch nicht gemeldet wurden, können diese mit der Jahresmeldung nachgeholt werden. Für die Jahresmeldung wird eine Gebühr von £ 15,00 erhoben, die per Scheck zu begleichen ist.

Die Mitteilungspflichten gegenüber dem Registrator sind unbedingt zu befolgen, da etwaige Verstöße zu einer gerichtlichen Auflösung der Ltd. führen und als Straftat geahndet werden können.

II. Deutschland

Die Zweigniederlassung der Ltd. hat der Anmeldung zum Handelsregister den englischen Handelsregisterauszug nebst Notarbescheinigung, den Gesellschaftsvertrag und die Bestellung des vertretungsberechtigten Organs einzureichen (§ 13 d HGB). Weitere Änderungen sind dem Handelsregister nur mitzuteilen, soweit sie sich auf die Zweigniederlassung beziehen. Der Jahresabschluss der Ltd. ist nach dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) ab dem Jahr 2007 im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

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C. Steuerrecht
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I. Besteuerung der Ltd.

Da die zugezogene Ltd. ihren Satzungssitz im Vereinten Königreich und ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat, ist sie in beiden Staaten ansässig.

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1. Besteuerung im Vereinten Königreich
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Die Ltd. ist daher im Vereinigten Königreich unbeschränkt mit ihrem Welteinkommen körperschaftsteuerpflichtig und muss eine Steuererklärung erstellen und einreichen. Dies auch dann, wenn kein steuerpflichtiges Einkommen erzielt wurde. Das Steuerjahr entspricht nicht dem Kalenderjahr und läuft vom 01.04. eines Jahres bis zum 31.03. des Folgejahres. Der Gewinn von nicht mehr als 14.000,00 € ist steuerfrei. Bei Gewinnen über 14.000,00 € steigt der Steuersatz progressiv bis maximal 32,75% an.

Die Ltd. ist erst ab einem Umsatz von mehr als 71.400,00 € umsatzsteuerpflichtig. Das englische Umsatzsteuersystem ist mit dem deutschen vergleichbar (Allphasennettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug). Der Steuersatz beträgt derzeit 17,5 %.

Die zugezogene Ltd. hat den „Wegzug” dem englischen Finanzamt anzuzeigen. Liegen die Voraussetzungen der im DBA GB/D enthaltenen „tie-breaker-rule” vor (siehe unten Ziffer 3), ist eine Bescheinigung des zuständigen deutschen Finanzamts einzuholen, dass die Gesellschaft in Deutschland ansässig ist. Diese Bescheinigung ist dem zuständigen englischen Finanzamt vorzulegen. Die Ltd. gilt dann als „non resident“ nicht mehr als ansässig und ist damit nicht mehr steuererklärungspflichtig.

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2. Besteuerung in Deutschland
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Nimmt die Ltd. den Geschäftsbetrieb im Inland auf, hat sie dies dem Finanzamt anzuzeigen. Das Finanzamt ist berechtigt, die Vorlage einer übersetzten Fassung des Gesellschaftsvertrages und eines englischen Registerauszuges zu verlangen. Grundsätzlich muss die inländische Zweigniederlassung nach § 13 e ff. HGB in das Handelsregister eingetragen werden. Die Eintragung der Ltd. in das Handelsregister ist für die Steuerpflicht in Deutschland nicht erforderlich.

Zuständig für die Ertragsteuern ist der Sitz der Niederlassung bzw. der Ort der Geschäftsleitung in Deutschland. Für die Umsatzsteuer besteht eine Sonderzuständigkeit des Finanzamtes Hannover-Nord für die im Vereinten Königreich und Nordirland ansässigen Ltd. Die Zuständigkeiten für die Ertrags- und die Umsatzsteuer fallen somit auseinander.

Die Ltd. wird im deutschen Steuerrecht grundsätzlich wie eine GmbH behandelt und ist kraft ihres Verwaltungssitzes ebenfalls unbeschränkt mit ihrem Welteinkommen körperschaftsteuerpflichtig. Nach der gesetzlichen Fiktion in § 8 Abs. 2 KStG erzielt sie stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Gewinn der Ltd. ist nach den Vorschriften des HGB zu ermitteln und in eine Steuerbilanz überzuleiten. Ein etwa nach englischem Recht ermittelter Gewinn ist für das deutsche Finanzamt unbeachtlich und kann allenfalls zur Verprobung der eingereichten deutschen Besteuerungsgrundlagen herangezogen werden. Dies gilt auch für Gewinnermittlungen, die nach IAS/IFRS aufgestellt wurden.

Ist die Ltd. nicht im deutschen Handelsregister eingetragen, so ist sie kein Kaufmann kraft Rechtsform. In diesem Fall ist auch eine Gewinnermittlung durch eine Einnahmenüberschussrechnung zulässig.

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3. Vermeidung der Doppelbesteuerung
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Die Doppelbesteuerung wird durch das Abkommen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich durch die sog. „tie-breaker-rule” vermieden. Wenn eine juristische Person i. S. d. Abkommens in beiden Ländern ansässig ist, gilt sie nach der „tie-breaker-rule“ in dem Land als ansässig, in dem sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet. Da sich die Geschäftsleitung der zugezogenen Ltd. in Deutschland befindet, tritt das Vereinte Königreich mit seinem Besteuerungsrecht zurück und behält dies nur, soweit es ihr kraft DBA belassen wird.

Zum gleichen Ergebnis führt die Anwendung des Art. II Abs. 1 lit. 1 DBA GB/D. Danach ist die Zweigniederlassung der Ltd. in Deutschland als Betriebsstätte und der Satzungssitz als Stammhaus zu werten. Nach Art. III Abs. 1 DBA GB/D werden gewerbliche Gewinne eines Unternehmens in einem Land nur in diesem Land besteuert, es sei denn, dass das Unternehmen in einem anderen Gebiet eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Da die zugezogene Ltd. ausschließlich in Deutschland tätig ist, wird das alleinige Besteuerungsrecht auch über diese Vorschriften dem deutschen Staat zugewiesen.

II. Besteuerung der Gesellschafter

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1. Besteuerung im Vereinten Königreich
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Nach Sec. 263 CA 1985 dürfen Beträge nur dann an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, wenn der Jahresabschluss der Ltd. einen Gewinn ausweist. Maßgebend sind nicht die erwirtschafteten Gewinne des laufenden Geschäftsjahres, vielmehr müssen die Gewinne seit Bestehen der Gesellschaft die Verluste seit Bestehen der Gesellschaft übersteigen. Da es sich bei der zugezogenen Ltd. um eine Betriebsstätte und nicht um ein selbständiges Unternehmen handelt, ist diese der organisatorischen Einheit der UK Ltd. zuzuordnen. Die Quelle der Einkünfte liegt somit im Vereinten Königreich. Als Quellenstaat ist das Vereinte Königreich berechtigt, die Ausschüttungen an die Gesellschafter zu besteuern und eine Steuer von 15 % der Bruttodividende zu erheben.

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2. Besteuerung in Deutschland
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Aufgrund des Wohnsitzes in Deutschland ist der Gesellschafter nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland erstreckt sich auch auf Dividenden, die im Vereinten Königreich ausbezahlt werden.

Für die Besteuerung des Gesellschafters ergeben sich dabei keine Besonderheiten. Die Dividenden sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen und werden bei natürlichen Personen als Gesellschafter nach dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) veranlagt.

Handelt es sich bei den Gesellschaftern um Kapitalgesellschaften, sind die Ausschüttungen zu 95 % steuerbefreit.

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3. Vermeidung der Doppelbesteuerung
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Aufgrund des Steueranspruchs beider Staaten liegt ein Fall der Doppelbesteuerung (Besteuerung im Ansässigkeitsstaat sowie im Quellenstaat) vor, der ebenfalls durch das DBA GB/D gelöst wird. Die Ltd. ist nach Art. II Abs. 1 Lit. h unter Abschnitt iii DBA D-GB aufgrund ihrer in Deutschland gelegenen Geschäftsleitung als in Deutschland ansässig. Die Dividenden werden nicht „an eine in dem anderen Gebiet ansässige Person“, sondern an den im gleichen Staat (Deutschland) wie die Ltd. ansässigen Gesellschafter gezahlt. Aufgrund der Ansässigkeitsfiktion der „tie-breaker-rule“ wird die Besteuerung daher nur dem Deutschen Staat zugewiesen. Demnach sind die Dividendeneinkünfte der Gesellschafter auf der Gesellschafterebene nur in Deutschland zu versteuern. Die Pflicht zur Einhaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer gilt daher auch für die in Deutschland ansässige Ltd.

Es zeigt sich also, dass neue Gesellschaftsformen auch neue Probleme verursachen. Auf jeden Fall empfiehlt es sich für Gesellschafter und Geschäftsführer einer Limited, die einschlägigen englischen Vorschriften streng zu beachten.
ZUM AUTOR
Über AWACONSULT GmbH
Dr. Achim Walk ist Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater sowie Geschäftsführer der AWACONSULT GmbH. Die AWACONSULT ist ein Geschäftsbereich der AWAGROUP und bietet Unternehmen Unterstützung bei Unternehmensakquisitionen bzw. beim Unternehmensverkauf. Das Leistungsspektrum der AWACONSULT reicht dabei von vorbereitenden Strukturierung über die Durchführung von „due-diligence“-Prüfungen bis zur Gestaltung und Verhandlung von Kauf- bzw. Verkaufsverträgen.
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