Fachartikel, 04.11.2005
Perspektive Mittelstand
Bildung und Beruf
Personalmanagement sichert den Unternehmenserfolg
Fehlentscheidungen bei der Bewerberauswahl, mangelnde Mitarbeitermotivation und Leistungsbereitschaft schwächen die eigene Wettbewerbsfähigkeit und kosten Unternehmen viel Geld. Der richtige Einsatz personalpolitischer Instrumente kann Abhilfe schaffen.
Gerne wird heutzutage davon gesprochen, dass Mitarbeiter das wichtigste Potential im Unternehmen sind. Tatsächlich gibt es auch genügend Menschen auf der Suche nach einem Arbeitsplatz. Paradiesische Zustände also für mittelständische Unternehmen? Sollte man meinen! Tatsache ist, dass sich Konzerne als die vermeintlich attraktiveren Arbeitgeber vor Bewerbern oft nicht retten können. Der Mittelstand hingegen sucht händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern. Ob Bewerber-Auswahl oder Mitarbeiter-Entwicklung – ein gezieltes und strukturiertes Vorgehen ist angesagt, um den richtigen Griff zu tun und mit einem ganzheitlichen Personalmanagement langfristig den Unternehmenserfolg zu sichern.

Fehlentscheidungen im Bereich Bewerberauswahl kosten Unternehmen Geld, richtig viel Geld. Bis zu 500 000 Euro kommen zusammen, so schätzen Experten, wenn der falsche Mann oder die falsche Frau eingestellt wird. Die „Fehlbesetzung“ kann den gestellten Anforderungen nicht gerecht werden. Es passieren schwerwiegende Fehler. Vorgesetzte können Aufgaben nicht ruhigen Gewissens delegieren. Die Stimmung unter den Kollegen ist schlecht, weil die Zusammenarbeit nicht passt. Die Leistungsquote des Teams sinkt entsprechend, Kunden fühlen sich nicht mehr gut betreut, Reklamationen häufen sich… und nach vielen Wochen oder Monaten kommt man doch zu dem Entschluss, dass diese Wahl die falsche Wahl war. Das Ergebnis sind Umbesetzung, Kündigung, nach längerer Zugehörigkeit vielleicht sogar Abfindungszahlungen, und das Spiel beginnt von neuem. STOP!

Zwischen Bewerberauswahl und Führungskräfteentwicklung

Ob Neueinstieg im Job oder Aufstieg in eine Führungsposition – beide Aufgaben bringen diverse Anforderungen mit sich. Gefragt sind vielfältige Kompetenzen. Im Auswahlverfahren werden die Kandidaten typischerweise nur auf ihr Fachwissen hin überprüft, Zeugnisse gesichtet, Referenzen begutachtet und Lebensläufe studiert. Aber: Verfügt der kompetente Techniker auch über Fähigkeiten, die sicherstellen, dass er sich in ein Team integrieren kann oder beim Kunden gut ankommt? Ist eine herausragende Fachkraft auch zwangsläufig eine gute Führungskraft, die es versteht, Menschen anzuleiten, zu motivieren und strukturierte Mitarbeitergespräche zu führen? Oder braucht sie hier möglicherweise Unterstützung durch das Unternehmen? Nur selten werden solche „weichen“ Kompetenzen, von denen hier nur auszugsweise aufgeführt wurden, bei der Auswahl berücksichtigt. Sie sind meist weder in der Stellenbeschreibung aufgeführt, noch wird gezielt bei persönlichen Gesprächen danach gefragt.

Von der Stellenbeschreibung zum Anforderungsprofil

Werden Stellen neu besetzt, orientiert sich der Unternehmer oder Personalverantwortliche in der Regel an einer Stellenbeschreibung im klassischen Sinn. Er hinterfragt Inhalte wie:

::: Hat der Bewerber die Qualifikation, um die aufgeführten Aufgaben und Tätigkeiten anzugehen

::: Welche Berufserfahrung bringt er mit

::: Wo hat er die erforderlichen fachlichen Kenntnisse erworben

::: Welche Berufsausbildung/Studium hat er erfolgreich absolviert

Mit solchen formalen Kenntnissen lässt sich jedoch noch nicht treffsicher vorhersagen, ob der Bewerber wirklich geeignet ist, die an ihn gestellten Aufgaben erfolgreich zu erledigen. Vielmehr gilt es festzulegen, welche weiteren Anforderungen die zu besetzende Position an den Bewerber stellt.

::: Wird ein Teamplayer gesucht oder eher ein Einzelkämpfer?

::: Bringt die Position intensiven Kontakt zu Anderen – z. B. Kunden, Lieferanten, Partnern - mit sich?

::: Wird vom Bewerber erwartet, dass er schnell Kontakte knüpfen kann und gut ankommt?

::: Ist es von Bedeutung, dass er sich rasch auf veränderte Situationen einstellt und Belastbarkeit ihn auszeichnet?

::: Oder wird von ihm ein strukturiertes, wohlüberlegtes abwägendes Verhalten erwartet?

An dieser Stelle kommt das Anforderungsprofil zum Einsatz. Neben der fachlichen Kompetenz werden hier Fähigkeiten im methodischen, persönlichen und sozialen Bereich gezielt abgefragt und getestet.

Strukturierte Interviews helfen bei der Auswahl

Ob Neueinstellung oder die Qual der Wahl, wer denn nun wirklich das Potential für die zu besetzende Position hat – unterschiedliche Tools, professionell durchgeführt, bieten wertvolle Hilfestellung. In Konzernen werden aufwändige Assessments als Methode zur Auswahl externer oder zur Beurteilung des Führungspotentials interner Bewerber angewandt. Aber: Ist ein solches Verfahren auch für den Mittelstand effektiv? Und sind da nicht immense Kosten und langfristige Prozedere zu erwarten? Diese Fragen stellen sich Mittelständler zu Recht.

In Konzernen werden im Rahmen eines Assessments sowohl strukturierte Interviews und Bewerber-Potentialanalysen durchgeführt, als auch Kandidaten in Rollenspielen und Präsentationen von speziell geschulten Beobachtern beurteilt. Schön und gut. Aber ist diese Vorgehensweise auf ein mittelständisches Unternehmen übertragbar und praktikabel? Nicht zwangsläufig, denn weniger ist oft mehr und – unter professioneller Anleitung – sicherlich genauso effektiv. So wird im ersten Schritt gemeinsam mit dem Arbeitgeber ein Anforderungsprofil für die zu besetzende Position erstellt, damit sich der Unternehmer oder Personalverantwortliche ins Bewusstsein ruft, welche Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten der Bewerber mitbringen soll. Im nächsten Schritt fließen diese Anforderungen dann in ein strukturiertes Interview in der Art ein, dass gezielte Fragen vorformuliert werden.

Mittels einer Potentialanalyse, in der Regel computergesteuerte Tests, die die Bewerber bei Bedarf sogar außer Haus bearbeiten können, werden zusätzlich die erforderlichen Kompetenzen abgetestet. Etwas mehr Aufwand bedeutet dies schon, als wenn mittelständische Unternehmer, wie bislang, einfach intuitiv jedem Bewerber unterschiedlich formulierte Fragen stellen. Der hohe Nutzen rechtfertigt dieses Vorgehen aber sicherlich. Und auch die Kosten bleiben im Rahmen. In Euro beziffert, beläuft sich der Aufwand pro Bewerber – je nach Umfang - auf etwa 150 Euro. Gegenüber den geschätzten 500 000 Euro für eine Fehlentscheidung, ist dies doch wirklich nur eine verschwindend geringe Investition – in die Zukunft jedes einzelnen (neuen) Mitarbeiters und damit für ein erfolgreiches Unternehmen.

Gezielte Personalentwicklung

Momentan geht es im Mittelstand ja eher seltener darum, unbedingt eine neue Stelle besetzen zu müssen. Viel häufiger ist es der Fall, dass der bestehende Mitarbeiterstamm gezielt entwickelt und gefördert werden soll. Die Aufgabe kann lauten, das Zusammenspiel im Team zu optimieren, bei dem Einen oder Anderen das Verhandlungsgeschick oder den Umgang mit Beschwerden zu schulen, (Nachwuchs-)Führungskräften das Thema Mitarbeiterführung zu vermitteln.

Eine gezielte Mitarbeiterentwicklung macht Sinn und kann nur dort stattfinden, wo vorher die Kompetenzen und Fertigkeiten zunächst einmal geprüft und dann gemeinsam mit dem Mitarbeiter eine sinnvolle Richtung festgelegt wurde. Wie? Auch hier sind das Anforderungsprofil und die Potentialanalyse ideale Hilfsmittel. Aufgabenspezifisch zusammengestellt, gewähren diese in kürzester Zeit Einblick in das jeweilige Entwicklungspotential. Qualifiziert wird also genau dort, wo der Mitarbeiter in seinem jetzigen Aufgabenbereich oder für spätere Gebiete mehr oder andere Kompetenzen benötigt.

Die gelungene Bewerberauswahl und gezielte Förderung von Mitarbeitern gehören zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren eines Unternehmens.

Die große Herausforderung unserer Zeit liegt zum einen darin, den geeigneten Mitarbeiter für das Team und die Aufgaben im Unternehmen auszuwählen, zum anderen gilt es, Mitarbeiter da gezielt zu fördern, wo es von Nöten ist.

Der Unternehmer, dem dies gelingt, stellt die Weichen für hohe Qualität und hervorragende Arbeitsergebnisse – im Team und bei den Kunden.


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