Fachartikel, 04.04.2007
Perspektive Mittelstand
Frust im Management-Alltag
Sechs Anti-Frust-Strategien für neue Energie
Unzuverlässige Lieferanten, unloyale Partner, verlorene Aufträge oder Banken, die einem das Leben schwer machen - das Frust-Potenzial im Management ist groß. Umso bedeutender ist es, eine hohe Frustationstoleranz aufzubauen. Sechs Strategien können dabei helfen.
Täglich gehen Dinge im Geschäftsleben schief: Eine Lieferung kommt nicht pünktlich an. Der Grafiker kommt nicht voran. Ein Webdesigner hat etwas falsch verstanden. Und die zugesagte Email mit wichtigen Informationen ist auch nach zwei Tagen noch nicht im Posteingang. Je aktiver man ist, desto größer ist auch die Gefahr, dass irgendetwas schief geht oder zumindest nicht so klappt, wie man es gerne hätte. Oft birgt auch der Wunsch nach Perfektion – bei sich selbst und anderen – die Gefahr, in Zeitstress zu kommen und ein gesetztes Ziel nicht zu erreichen. Frust ist vorprogrammiert. Wie aber gehen wir am besten mit Frustsituationen um, damit diese uns nicht alle Energie rauben?

Manchmal sehne ich mich beinahe zurück in die Zeit, als meine Firma noch ein Einmannbetrieb war, genauer 1,7 – ich selbst und zwei Teilzeitkräfte. Damals war alles ruhiger, und viel weniger ging schief. Aber warum war das so? Ganz einfach – wir hatten weniger Verlagsprodukte, weniger Kunden, weniger Transaktionen und weniger Marketing-Aktivitäten. Dadurch gab es automatisch weniger Dinge, die schief gehen konnten. Aber ich wollte wachsen, wollte meine Firmengruppe weiterentwickeln, wollte mehr! Ja, ich wollte „Action“ und sichtbaren Erfolg. Das Resultat: Mehr Frust-Potenzial. Die Konsequenz: Ich musste Strategien finden, mit diesem Frust umzugehen. Hier sechs meiner ganz persönlichen Anti-Frust-Strategien:

1. Rechnen Sie damit

Je mehr Sie geschäftlich bewegen wollen, desto mehr kann und wird schief gehen. Das heißt also, dass Sie einfach damit rechnen – und dann entsprechend reagieren müssen. Machen Sie das Beste daraus. Für gewisse Projekte sollten Sie auch schon mal einen Plan B, C oder sogar D im Kopf (oder griffbereit in der Schublade) haben.

2. Budgetieren Sie damit

Ein Frust-Faktor ist zum Beispiel, wenn das Auto einen Defekt hat oder für die TÜV-Prüfung vorbereitet werden muss, und Sie plötzlich 1000 Euro Reparaturkosten bezahlen müssen. Diesem Frust- Faktor können Sie vorbeugen, wenn Sie jeden Monat den Betrag X als Budget für zukünftige Reparaturen zurücklegen. Wenn dann irgendwann einmal eine größere Reparatur auf Sie zukommt, liegt das Geld bereit, und die Rechnung tut nicht so weh. Und wer weiß, vielleicht bleibt am Ende des Jahres auch noch ein schöner Betrag aus dem Budget übrig, und Sie freuen sich darüber. Dieses einfache Beispiel können Sie auf viele weitere geschäftliche und private Ausgaben optimal übertragen.

3. Eine negative Situation kann zu etwas Gutem führen

Zuerst scheint eine Situation schlimm zu sein, und später stellt sich heraus, dass es „a blessing in disguise“ ist, wie Napoleon Hill es nannte. Vielleicht verlässt Sie ein in Ihren Augen wichtiger Mitarbeiter. Im Nachhinein stellt sich aber heraus, dass es für die Firma gut war, weil sich große private Probleme auf seine Arbeitsleistung und die Stimmung in der Firma ausgewirkt hätten. Sie wissen also nie, ob eine Situation, die schlecht zu sein scheint, nicht doch positive Aspekte enthält. Suchen Sie nach dem „Guten im Schlechten“.

4. Lernen Sie aus Frust-Situationen

Aus vielen Dingen, die nicht reibungslos ablaufen, können wir lernen. Wenn zum Beispiel etwas mit einem Druck- oder Webdesign-Auftrag schief geht, hinterfragen wir die Abläufe und verändern sie, sofern sinnvoll. Und vielleicht erstellen wir eine Checkliste für das nächste Mal. Durch diesen (dokumentierten) Lern-Gewinn nimmt unsere Arbeit von Tag zu Tag an Wert zu. Es gibt so viele Dinge, die Sie jeden Tag lernen könnten und sollten. Und mein wichtiger Tipp hierzu: Halten Sie diesen Lerngewinn – wann immer möglich – schriftlich fest, zum Beispiel in einem Mitarbeiter-Handbuch oder einer Checkliste. Sonst vergessen Sie alles wieder, bis ein bestimmtes Projekt – zum Beispiel erst ein Jahr später – das nächste Mal in Angriff genommen werden muss.

5. Delegieren Sie!

Früher, in den Anfangszeiten meines Verlages, brachte ich selbst die Pakete von der Schweiz über den Zoll nach Konstanz/Deutschland. Es war dann stets frustrierend, wenn die Zöllner Pakete zählten, einige öffneten, dumme Fragen stellten. Daher delegierte ich dies bald an einen freiberuflichen Boten und später an eine Speditionsfirma. Die haben das Know-how und auch das Interesse an der Materie. Und ich konnte mich in dieser Zeit auf Dinge konzentrieren, die mir mehr Spaß machten und mehr Geld brachten. Es gibt viele Dinge, die bei Ihnen Frust verursachen, die andere gerne und meist auch besser erledigen. Dann delegieren Sie! Aber noch eine kleine Warnung: Machen Sie nicht „Delegieren durch Abdankung“. Behalten Sie die Fäden in der Hand, und führen Sie stichprobenartige Kontrollen durch.

6. Lassen Sie es raus!

Ab und zu gehen Dinge schief, die einfach nicht hätten schief gehen dürfen. Einmal ließen wir sechs Mitarbeiterinnen an einem Samstagmorgen nach Berlin fliegen, um dort einen Hörbuchtisch bei einem Groß-Seminar zu betreuen. Leider fuhr die Spedition am Vortag zur falschen Halle, nahm die Ware wieder mit ins Lager und war dann an diesem Samstag telefonisch nicht erreichbar. Das war für uns ein Mega-Frust! Dann gibt es nur eine Strategie: „Fressen Sie nicht alles in sich herein!“. Es ist okay, wenn Sie einmal zehn Sekunden lang Dampf ablassen. Stampfen Sie mal richtig auf den Boden. Oder werden Sie kurz einmal laut, ohne jedoch Ihre Mitarbeiter oder Kollegen zu erschrecken. Das ist viel besser, als ein Magengeschwür zu bekommen. Aber es soll kein (!) Ausrasten sein, sondern eine kontrollierte Dampfablass-Aktion. Daraus lernen die „Adressaten“ Ihres „Ausbruchs“ auch konstruktiv etwas. Eine Alternative ist auch, zumindest einen kurzen zügigen Spaziergang – und sei es einmal über das Firmengelände – zu machen. Das Adrenalin muss raus!

Mit diesen sechs Strategien lässt sich der Umgang mit Frust in erträglichere, ja nützlichere Bahnen lenken. Lassen Sie es einmal auf sich wirken, und versuchen Sie, einige der Tipps in Ihr Leben zu integrieren und mit Ihren eigenen Strategien zu kombinieren. Frust kann ungeheuer destruktiv sein. Man kann die Energie, die darin steckt, aber auch konstruktiv nutzen. Machen Sie etwas daraus!
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