Fachartikel, 06.11.2008
Perspektive Mittelstand
Fördern statt verordnen
Das Management als Wegbereiter unternehmerischen Denkens
Die meisten Betriebe wünschen sich Mitarbeiter, die unternehmerisch denken und eigenverantwortlich handeln. Im Alltag verhindern aber oft die Unternehmenskultur und -organisation, dass sich die Mitarbeiter so verhalten – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Führungskräfte selbst nach oben häufig nicht nach den Prinzipien unternehmerischen Denkens handeln.

 „Unsere Mitarbeiter sollen unternehmerisch denken und handeln.“ Diese Aussage hört man oft von Personalverantwortlichen in Unternehmen, wenn man mit ihnen spricht. Fragt man nach, was dies bedeutet, dann fallen meist Stichworte wie „Eigenverantwortlichkeit“ und „Bereitschaft, Risiken zu tragen“. Doch gerade diese Eigenschaften zeigen die Mitarbeiter oft nicht. Nur wenige blicken bei ihrer Arbeit über den Rand ihres Schreibtischs hinaus oder sind bereit, das Risiko eventueller Fehlentscheidungen zu tragen. Ihr Hauptengagement richtet sich darauf, sich abzusichern, so dass ja kein Kollege oder gar Vorgesetzter sie kritisieren kann. Von unternehmerischem Denken und Handeln findet man in vielen Unternehmen keine Spur – nicht nur bei den einfachen Mitarbeitern, sondern auch im mittleren Management.

Angst vor zu viel Eigeninitiative

Das ist kein Zufall. Viele Betriebe erwarteten jahrzehntelang primär von ihren Mitarbeitern, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen. Das taten sie denn auch. Völlig ungewohnt ist es für sie, (am Arbeitsplatz) eigenständig Entscheidungen zu treffen. Schließlich nahmen ihnen das Entscheiden in der Vergangenheit ihre Chefs ab. Entsprechend hilflos reagieren sie, wenn von ihnen plötzlich gefordert wird: Entscheide selbst – speziell dann, wenn diese Entscheidungen Auswirkungen auf andere Bereiche haben. Schließlich lautete eine unausgesprochene Vorgabe in der Vergangenheit: Erfüllt eure Aufgaben und mischt euch nicht in fremde Kompetenzbereiche ein. Folglich ist die Angst bei vielen Mitarbeitern groß, anzuecken und sanktioniert zu werden, wenn sie mehr Eigeninitiative und -verantwortung zeigen.

Mit einem über Jahrzehnte antrainierten Verhalten lässt es sich aber nicht erklären, warum auch viele junge Führungskräfte im Arbeitsalltag ein wenig risikobereites Verhalten zeigen. Schließlich sind sie neu in der Organisation. Trotzdem zeigen auch sie meist schnell die Verhaltensmuster der „alten Hasen“. Denn rasch sammeln sie die Erfahrung: Eigenverantwortliches Verhalten wird zwar propagiert, doch wenn ich zuviel davon an den Tag lege, wird dies sanktioniert. Mein berufliches Fortkommen fördert dies nicht. Wenn ich mich zu oft in Sachen einmische, die mich nichts angehen, gelte ich als nicht teamfähig und schwer integrierbar. Und treffe ich Fehlentscheidungen? Dann stehe ich schnell am Pranger.

Dass viele Führungs(nachwuchs-)kräfte diese Erfahrung sammeln, liegt auch daran, dass es vielen Unternehmensführern vor der Vorstellung, viele kleine Unternehmer in der eigenen Organisation zu haben, graut. Sie befürchten: Dann kann ich das Unternehmen nicht mehr kontrollieren und steuern. Schließlich haben sie verinnerlicht: Führung muss auf dem hierarchischen Prinzip fußen. Wer führt, ist oben; wer geführt wird, ist unten.

Das Wort Hierarchie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt: „Heilige Herrschaft“ oder „Herrschaft der Heiligen“. So verhalten sich denn auch viele Unternehmensführer. Hinterfragt ein „Untergebener“ ihre Entscheidungen oder möchte er mitentscheiden, wird er schnell mit ihrem heiligen Zorn gestraft. Nur wer oben ist, hat das Recht zu tadeln und zu strafen oder auch Gnade walten zu lassen. Entsprechend scharf reagieren viele obere Führungskräfte, wenn ihre Untergebenen es wagen, eigene Positionen nachhaltig zu vertreten und somit – in ihren Augen – ihre Entscheidungskompetenz und -macht zu hinterfragen.

Auch Führungskräfte müssen umdenken

Viele Führungskräfte betrachten es qua Position auch als ihr Privileg, über die Vergabe von Information zu entscheiden. Sie glauben zudem, es sei ihr Recht, in das Tagesgeschäft ihrer Untergebenen hineinzuregieren. Dabei müsste das Fordern von mehr Selbstverantwortung und Eigeninitiative mit einem Rückzug der Vorgesetzten aus dem Tagesgeschäft verbunden sein.

Diese Widersprüchlichkeit registrieren auch die Mitarbeiter. Entsprechend schizophren ist oft ihr Verhalten. Immer wieder beobachtet man in Unternehmen folgende Situation: Sitzt man zum Beispiel mit einem Bereichsleiter zusammen und unterhält sich mit ihm unter vier Augen, strahlt er eine große Selbstsicherheit aus. Fast könnte man meinen, ihm gehöre das Unternehmen. Trifft man dieselbe Person aber, wenn ihr Vorgesetzter anwesend ist, ist aus dem „selbstbewussten Entscheider“ ein unterwürfiger Aktentaschenträger geworden.

Wenn unternehmerisches Denken und Handeln in einer Organisation verankert werden soll, ist deshalb ein Umdenken und Neulernen bei den oberen Vorgesetzten nötig. Doch viele Personalentwicklungskonzepte setzen den Fokus einseitig auf die Mitarbeiter. Sie sollen ihre Fähigkeit entwickeln, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Übersehen wird, dass auch ihre Vorgesetzten die Fähigkeit entwickeln müssen, Mitarbeiter unternehmerisch denken und handeln zu lassen. Vernachlässigt wird zudem, dass es sich hierbei nicht nur um eine Frage individueller Kompetenzen, sondern auch der Unternehmenskultur handelt.

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ZUM AUTOR
Über Kurt-Georg Scheible
ErfolgsCampus
Der Unternehmensberater sowie Managementtrainer und -coach Kurt-Georg Scheible, Frankfurt am Main/Göppingen bei Stuttgart, unterstützt Inhaber sowie Geschäftsführer von mittelständischen Unternehmen und Führungskräfte von Großunternehmen, die unternehmerische (Mit-)Verantwortung tragen, beim Entwickeln und Umsetzen der Strategien, die sie zum Steigern ihres beruflichen (und privaten) Erfolgs brauchen. Vor seiner Beratertätigkeit war der Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsingenieur Verkaufsleiter in mehreren Maschinenbauunternehmen und Vertriebsleiter bei einem Automobilzulieferer. Außerdem gründete er mehrere Handels- sowie Dienstleistungsunternehmen, deren Inhaber er zum Teil heute noch ist.
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