VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 03.11.2006
Finanzierung
Bonitätsprüfungen - Kleine strecken sich nach der Decke
Artikel zur Finanzierung im Mittelstand, den Rahmenbedingungen und Instrumenten im Bereich Unternehmensfinanzierung und der Situation insbesondere von Kleinbetrieben in Hinblick auf Bonitätsprüfungen und ihren Möglichkeiten Bankkredite zu bekommen.
Für größere Unternehmen ist es zuletzt leichter geworden, an Bankkredite zu gelangen. Kleinbetriebe tun sich dagegen schwerer. Der Mittelstand ist zwar nicht besonders glücklich mit der Situation, aber für ihn zeigt sich Licht am Ende des Tunnels. Alle Investoren – ob ganz klein oder groß – suchen jedoch vermehrt nach Alternativen zum Bankkredit. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Befragung von 6.000 Unternehmen durch die KfW-Research und 28 Wirtschaftsverbände im Frühjahr 2006.

Der Aufschwung ist da. Die Umsätze nehmen zu und der eine oder andere Betrieb stellt wieder ein. Die Kapazitäten werden erweitert. Entsprechend wächst die Nachfrage nach Krediten für neue Investitionsvorhaben erstmals seit Ende 2000 wieder. Nach Angaben der Bundesbank wurden im zweiten Quartal 2006 an Unternehmen Kredite in Höhe von 134 Milliarden Euro vergeben; das sind 4 Milliarden Euro mehr als in den beiden Vorquartalen.

Doch etwas unterscheidet den Aufschwung 2006 von früheren Erholungsphasen. Die Nachfrage nach Krediten kommt nur langsam in Fahrt. Offenbar besorgen sich die Unternehmen Investitionsmittel inzwischen verstärkt auf anderen Wegen – z.B. über Beteiligungsgesellschaften
oder das Leasing von Maschinen, Gebäuden und Anlagen. Aber auch die Banken sind aufgrund neuer Kreditvergaberichtlinien (Stichwort Basel II) nicht mehr ganz so freigiebig wie zuvor. Das bekommen vor allem kleine Unternehmen zu spüren:

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Nahezu die Hälfte der Unternehmen mit Umsätzen bis 2,5 Millionen Euro im Jahr gab der KfW zu Protokoll, dass die Kreditaufnahme für sie schwieriger geworden sei.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Weitere 49 Prozent sagten, bei ihrer Bank hätte sich nichts geändert, einfach sei das Gespräch mit dem Sachbearbeiter jedoch nicht. Nur magere 6 Prozent der Kleinunternehmer fanden die Atmosphäre bei ihrem Kreditsachbearbeiter entspannter.

Für Mittelständler ist die Situation zwar nicht optimal: Rund 27 Prozent der Firmen mit maximal 50 Millionen Euro Jahresumsatz berichten von schwierigeren Verhandlungen mit der Bank, und nur 14 Prozent tun sich leichter. Allerdings hatten ein Jahr zuvor noch 40 Prozent
der mittelgroßen Unternehmen über zunehmende Probleme geklagt. Außerdem gilt: Je größer der Mittelständler ist, desto eher lässt die Bank oder Sparkasse mit sich reden.

Eindeutig verbessert hat sich die Ausgangslage für Großunternehmen: Fast jedes vierte sagt, es käme jetzt leichter an Kredite; lediglich 12 Prozent macht es größere Mühen, frisches Geld zu erhalten. Wenn die Banken infolge von Basel II den Unternehmen das Leben schwerer
machen, dann bekommen Große und Kleine das auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu spüren.

Den Großunternehmen wollen die Kreditinstitute vermehrt in die Bücher sehen. Drei von vier Firmen, die nicht mehr so leicht an Geld kommen, berichten von solchen höheren Transparenzanforderungen. Für jede dritte Firma haben sich die Kreditkonditionen verschlechtert
– sie müssen einen Risikoaufschlag auf die Zinsen zahlen.

Die Kleinunternehmen müssen dagegen neuerdings mehr Sicherheiten herbeischaffen; höhere Zinsen werden nur von jedem vierten Kleinbetrieb verlangt. Im Zweifelsfall erhält jede zweite Firma gar keinen Kredit mehr.

Vielen Kleinen wird überdies eine Klausel in Basel II zum Verhängnis, die eigentlich gut gemeint war. Danach müssen sich Unternehmen mit einem Jahresumsatz von höchstens 5 Millionen Euro wie Privatleute keinem Ratingverfahren unterziehen. Dies nützt den Betroffenen
in der Praxis jedoch wenig. Denn die Banken haben aufgrund der fehlenden Bonitätsprüfung und den damit verbundenen höheren Ausfallrisiken oft kein Interesse daran, diesem Kundenkreis Geld zu leihen. Außerdem geht es bei den Kleinunternehmern häufig nur um kleine Beträge – dann steht für die Kreditinstitute der Bearbeitungsaufwand in keinem Verhältnis zum Zinsertrag; der Kredit rechnet sich nicht.

Die staatliche KfW-Mittelstandsbank versucht hier gegenzusteuern. Als Anreiz erhalten Banken, die KfW-Kredite vermitteln, beim Programm „Mikro 10“ für Kleinkredite von bis zu 10.000 Euro eine höhere Bearbeitungsgebühr. Oberhalb dieser Grenze greifen zwei andere Programme: Das „Mikrodarlehen“ mit maximal 25.000 Euro und das „Start- Geld“ für Gründungsinvestitionen bis 50.000 Euro. Im Rahmen dieser beiden noch jungen Programme wurden im Jahr 2005 rund 4.600 Kredite mit einem Volumen von 124 Millionen Euro vergeben; im ersten Halbjahr 2006 legte die KfW nach aktuellen Prognosen noch einen Zahn zu.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die Darlehen sind für die Hausbanken der Gründer deshalb interessant, weil sie bei einem Ausfall nur begrenzt haften müssen; 80 Prozent der Verluste trägt die KfW.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Wer als Selbstständiger allerdings einen größeren Kredit braucht, der kommt am Ende doch nicht um eine detaillierte Bonitätsprüfung herum. Und so sagen immerhin 38 Prozent der Betriebe mit einem Umsatz von höchstens 2,5 Millionen Euro im Jahr, sie seien von ihrer Bank bereits „geratet“ worden. Für Mittelständler und Großunternehmen ist dagegen eine Bonitätsprüfung fast schon Standard.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass jedes achte Unternehmen gar nicht weiß, ob es von seiner Bank überhaupt schon bewertet wurde. Entweder benötigen diese Unternehmen keine neuen Kredite oder die Kommunikation zwischen Firmenleitung und Bank lässt sehr zu wünschen übrig. In allen anderen Fällen, wenn man Liquidität braucht, ist ein gutes Rating jedoch die Voraussetzung für günstige
Kreditkonditionen. Jede dritte Firma mit verbesserter Bonität sagte, sie käme neuerdings leichter an Finanzierungsmittel; nur 18 Prozent beklagen erschwerte Bedingungen. Dagegen haben zwei Drittel der Unternehmen mit geringerer Bonität Probleme, an zusätzliches Geld zu
gelangen.

Generell gibt es noch Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung des Ratings: Von den bewerteten Unternehmen kennen zwar 85 Prozent die Kriterien, nach denen ihr Kreditinstitut bei der Bonitätsbewertung vorgeht. Und gegenüber früheren Umfragen hat das Wissen über diesen Aspekt sogar zugenommen. Stichworte wie Eigenkapitalquote, Transparenz und Controlling sind zumindest für Großunternehmen längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Doch viele Firmenchefs scheuen sich offenkundig, der Realität ins Auge zu blicken – aus Furcht
vor einem bösen Erwachen. So kennen nur drei von vier Unternehmen, die über ein Rating verfügen, ihre Note. Diese Wissenslücke
betrifft insbesondere Kleinbetriebe; aber auch 13 Prozent der Großunternehmen haben keine Ahnung, wie ihr Testat ausgefallen ist.

Die Banken spielen ebenfalls nicht immer mit offenem Visier – man möchte wohl die Kunden nicht vor den Kopf stoßen. Wenn ein Unternehmen seine Note nicht kennt, ist laut Befragung in jedem vierten Fall die Bank daran schuld, weil sie mauert. Hier muss dringend nach einem Modus vivendi gesucht werden, dass die einen ohne Scheu nachfragen können und die anderen nicht befürchten müssen, durch
eine ehrliche Antwort die Kunden zu vergraulen. Denn nur wer um seine Schwachstellen weiß, kann daran arbeiten. Und das tun die Unternehmen, die ihr Bonitätsergebnis kennen, mit Erfolg. Im zurückliegenden Jahr hat sich bei vier von zehn Firmen die Note verbessert,
nur 8 Prozent berichten von einer Verschlechterung.

Alternativen zum Kredit

Nicht immer führt die Ablehnung eines Kredits durch die Hausbank zum Scheitern des Investitionsvorhabens. Das gilt insbesondere für Großunternehmen. So konnten 40 Prozent der Firmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro im Jahr ihr Projekt ohne Verzögerung doch noch durchziehen, obwohl sie kein O.K. von der Bank bekamen. Denn gerade die großen Unternehmen stützen sich zunehmend auf andere Finanzierungsoptionen:

::: Die Innenfinanzierung aus thesaurierten Gewinnen ist dabei eine traditionelle Variante, die aufgrund der wieder anziehenden Gewinne laut
KfW von 65 Prozent der Firmen zusätzlich genutzt wird. Aber auch neue Finanzierungsformen wie Private Equity – Eigenkapital von Beteiligungsgesellschaften – sowie Mezzanine-Kapital, das im Insolvenzfall wie Eigenkapital zurückstehen muss, werden immer mehr genutzt (zusammen 9 Prozent).

::: Mit dem Leasing von Investitionsgütern (41 Prozent) existiert ein weiteres beliebtes Instrument, den Finanzierungsbedarf zu senken. Hierzu dient auch der Forderungsverkauf, das so genannte Factoring. Die Optimierung der Kreditlinien von Lieferanten kann ebenfalls teure
Bankkredite ersetzen.

::: Ein Instrument für größere Mittelständler und Großunternehmen ist schließlich ABS. Diese „Asset Backed Securities“ sind Großanleihen für ganze Fabrikanlagen, die an Investoren veräußert werden. Als Sicherheit dient die finanzierte Anlage selbst, das Unternehmen haftet nicht direkt für die Anleihe.
ZUM AUTOR
Über Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Postfach 101942
50459 Köln

+49-221-49810
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Studie zur gesellschaftlichen Mitte
Vom Facharbeiter bis zum Gymnasiallehrer – die Mittelschicht in Deutschland ist bunter und ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG