Fachartikel, 19.01.2009
Perspektive Mittelstand
Erfolgsfaktor Büroorganisation – Teil 3
Arbeitsprozesse optimieren
Sie haben Standards für die Büroorganisation festgelegt und sich daran gewöhnt, sie einzuhalten? Dann werden Sie in den entsprechenden Bereichen Tag für Tag spüren, dass Sie mehr Übersicht haben und die Ordnung durch die Standards „automatisch“ hält. Damit haben Sie schon viel erreicht. Nun gilt es, die Prozesse sukzessive zu verbessern.
Sie erinnern sich vielleicht an die Aussagen im ersten Teil zum Kaizen-Ansatz. Das Kaizen-Denken geht davon aus, dass immer weitere Verbesserungen möglich sind – egal wie gut Sie schon sind. Nichts ist so gut, dass man es nicht noch weiter verbessern kann. Denken Sie daran, auch die Standards nachzuziehen. Sonst rollt die Kugel wieder zurück. Wenn Sie sich für bestimmte Optimierungen entscheiden, sollten Sie es also nicht versäumen, Ihre schriftlich formulierten Standards entsprechend anzupassen.

Beim Optimieren können Sie wieder mit Aufgaben beginnen, die Ihren eigenen Arbeitsplatz und Ihre eigenen Arbeitsabläufe betreffen. Darüber hinaus können Sie Ihr Augenmerk auch auf die Verbesserung von Prozessketten richten. Dabei geht es darum, die Voraussetzungen und Folgen Ihres Handelns zu durchdenken und Prozesse in ihrer Gesamtheit zu sehen. Hierbei ist es sinnvoll, alle am Prozess Beteiligten einzubinden. Da Prozesse das gesamte Unternehmen durchlaufen, überschreiten Sie bei der Prozessoptimierung die Abteilungsgrenzen.

Ob Sie nun Einzelarbeitsplätze betrachten oder sich um Prozessketten kümmern – wichtig ist es in beiden Fällen, Prozesse zu untersuchen und Ansatzpunkte für Optimierungen zu finden. Sie können recht einfach erkennen, ob ein (Teil-)Prozess optimiert werden kann: Fragen Sie danach, ob die jeweilige Tätigkeit Wertschöpfung bedeutet, das heißt, ob der Kunde dafür bezahlt. Wo die Antwort Nein lautet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass hier Verschwendung besteht und damit ein Ansatzpunkt für Verbesserungen gegeben ist.

Ein Prozess ist erst dann optimal, wenn nichts mehr weggelassen werden kann, ohne das Ergebnis zu verschlechtern. Mit anderen Worten: Das Geniale ist einfach. Wir bringen es in unserem Hause gern auf den Punkt, indem wir sagen: „Entweder es geht einfach, oder es geht einfach nicht.“

Sinn dieser Stufe ist aber nicht das Kopieren, sondern das Kapieren. Entwickeln Sie eigene Ideen!
Vielleicht sind Sie es bislang gewohnt, den wachsenden Herausforderungen dadurch zu begegnen, dass Sie mehr (schneller, länger) arbeiten. Wenn Sie Prozessoptimierungen durchführen, werden Sie feststellen, dass es auch anders geht. Damit sind Sie auf einem guten Weg. Denn es wird künftig mehr und mehr darauf ankommen, intelligenter statt mehr zu arbeiten.

Was können Sie nun tun, um immer besser zu werden? Eine erste Möglichkeit besteht darin, auf Engpässe zu achten. Wo stauen sich die Aufgaben? Wo kommt es immer wieder zu Problemen?

Fünf Mal „Warum“ fragen

Wenn Sie solch einen Ansatzpunkt identifiziert haben, eignet sich die bewährte Technik, mindestens fünf Mal „Warum“ zu fragen. Diese Gründlichkeit ermöglicht es, das Problem tiefer zu verstehen und sich nicht nur um die Symptome zu kümmern.

Nehmen wir an, ein Verkaufsleiter begibt sich in das Besprechungszimmer, um dort einen Kunden zu empfangen, mit dem er sich verabredet hat. Der Kunde kommt aber nicht. Nachdem er 30 Minuten seiner kostbaren Zeit verschwendet hat, findet er heraus, dass das Treffen auf den nächsten Tag verschoben wurde. Der Kunde hatte ein entsprechendes Fax geschickt, das den Verkaufsleiter jedoch nicht erreichte. Fragen Sie nun fünf Mal „Warum“:

  1. Frage: „Warum musste der Verkaufsleiter umsonst warten?“; Antwort: Weil ihn das Kundenfax mit der Terminänderung nicht rechtzeitig erreichte.
  2. Frage: „Warum erreichte ihn das Kundenfax nicht rechtzeitig?“; Antwort: Weil das Faxgerät nicht lief.
  3. Frage: „Warum lief das Faxgerät nicht?“;  Antwort: Weil der Toner alle war und kein neuer Toner da war.
  4. Frage: „Warum war kein neuer Toner da?“; Antwort: Weil versäumt wurde, rechtzeitig neuen Toner zu bestellen.
  5. Frage: „Warum wurde versäumt, rechtzeitig Toner zu bestellen?“; Antwort: Weil es im Unternehmen keine funktionierende Bestandssteuerung für Büromaterial gibt.

Das Vorgehen offenbart ein viel tiefer liegendes Problem, als sich zunächst erahnen lässt. Schafft das Unternehmen für dieses Problem eine funktionierende Lösung, indem es beispielsweise künftig Kanban als Methode zur Bestandssteuerung einsetzt, wird nicht nur immer der Toner für das Faxgerät verfügbar sein. Auch andere Schwierigkeiten werden sich lösen.

Oft entstehen beim Nachdenken über die Lösung eines Problems mehrere alternative Möglichkeiten. Diese Lösungen sind dann zu vergleichen. Bei der Bewertung hilft es, die Voraussetzungen und Folgen der jeweiligen Lösung aufzuschreiben. Bei der Entscheidung für eine Lösung sollte intelligenterweise nicht nur das Kosten-Nutzen-Verhältnis eine Rolle spielen, sondern auch die Nachhaltigkeit, also die Frage, ob der gewählte Weg das Problem tatsächlich dauerhaft löst.

Wenn Sie die volle Kraft der Prozessoptimierung entfalten möchten, denken Sie nicht alleine über die Probleme und die möglichen Lösungen nach. Holen Sie Mitarbeiter hinzu, die von dem Problem betroffen sind, und die zur Lösung beitragen können. Im Kaizen-Denken sind die Mitarbeiter die Experten für all das, was sie angeht. Sie können meist ganz gut beurteilen, welche Idee im Alltag funktioniert und welche eher scheitern wird. Bei meinen Beratungsprojekten mache ich in solchen Fällen immer sehr gute Erfahrungen mit dem Ratschlag, schriftlich zu arbeiten. Wenn ein Mitarbeiter ein Problem sowie mögliche Ideen zu dessen Behebung in Worte fassen muss, trägt dies spürbar zur gedanklichen Klarheit bei. Allerdings sollten Sie nicht einfach darum bitten, die Dinge aufzuschreiben. Wenn Mitarbeiter Probleme notieren, kann es sein, dass sie dies mit vielen Worten tun und ihre Gedanken vor allem auf das Problem richten.

Neben der Option, bei auftauchenden Problemen anzusetzen, können Sie auch vorbeugend an Stellen aktiv werden, die unproblematisch sind, aber lohnende Verbesserungen versprechen. Dabei ist es hilfreich, jeweils eine der folgenden fünf Brillen aufzusetzen:

  1. Prozess-Brille: Welche Prozesse kommen bei Ihnen besonders häufig vor? Was lässt sich tun, um diese Prozesse besser (schneller, einfacher, kundenorientierter) als bisher zu erledigen?
  2. Verschwendungs-Brille: Wo gibt es bei Ihnen Abläufe, die nichts zur Wertschöpfung beitragen, Prozesse, für die der Kunde nicht bezahlt?
  3. Struktur-Brille: Strukturen geben den alltäglichen Abläufen ihre Gestalt. Welche Strukturen lassen sich verbessern?
  4. Fehler-Brille: Was können Sie tun, um Fehler zu vermeiden, bevor sie entstehen?
  5. Gruppen-Brille: Welche Berufsgruppe kommt bei Ihnen besonders häufig vor? Was passiert, wenn Sie Prinzipien des Büro-Kaizen auf den Alltag dieser Gruppe anwenden?

Lesen Sie im vierten Teil dieser fünfteiligen Artikelserie, wie Sie in Ihrer Belegschaft unternehmerischen Denken fördern und ihre Mitarbeiter motivieren und befähigen, ihre Leistungspotenziale vollends auszuschöpfen. Um zu den anderen Beiträgen dieser Artikelserier zu gelangen, klicken Sie bitte einen der nachfolgenden Hyperlinks.

Erfolgsfaktor Büroorganisation - Teil 1: Mehr Effizienz durch Büro-Kaizen
Erfolgsfaktor Büroorganisation - Teil 2: Ordnung und Standards 
Erfolgsfaktor Büroorganisation - Teil 4: Selbststeuerung durch Eigenverantwortung
Erfolgsfaktor Büroorganisation - Teil 5: Arbeiten mit Zielen und Kennzahlen

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