Fachartikel, 18.06.2007
Perspektive Mittelstand
Bildung und Beruf
Erfolgreiche Personalentwicklung braucht eine Strategie
Das Know-how und die Fähigkeiten der Mitarbeiter eines Unternehmens sind immer mehr von wettbewerbsentscheidender Bedeutung. Die fortlaufende Ausbildung und Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen über eine gezielte Personalentwicklung ist längst unabdingbar, so man nicht Schritt für Schritt ins Hintertreffen geraten möchte. Doch können Qualifizierungsmaßnahmen schnell zur „Irrfahrt“ werden, wenn ihnen der Kompass fehlt. Aus diesem Grund braucht Personalentwicklung eine Strategie, an der sich die betriebliche Aus- und Weiterbildung orientiert.
Unternehmen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen wollen, müssen heute dafür sorgen, dass ihnen morgen die benötigen Mitarbeiter und Kompetenzen zur Verfügung stehen. Das ist leicht gesagt – doch im betrieblichen Alltag oft schwierig zu realisieren. Dies liegt unter anderem daran, das Unternehmen heute nur bedingt einschätzen können,
  • wie sich ihr Markt in den nächsten fünf oder gar zehn Jahren entwickelt und
  • welche Auswirkungen technische Innovationen – wie das Web 2.0 – auf ihr Geschäftsmodell haben.

So kann es leicht geschehen, dass manche (personal-)strategische Entscheidung, mag sie auch heute noch so sinnvoll erscheinen, in zwei, drei Jahren sich im Nachhinein als falsch erweist. Mit diesem Problem kämpfen alle Unternehmen. Dessen ungeachtet müssen sie eine vorausschauende Personalarbeit betreiben – auch weil absehbar ist: In einigen Jahren sind gute Fach- und Führungskräfte rar. Entsprechend begehrt werden sie sein. Und entsprechend schwer beziehungsweise teuer wird es für Unternehmen sein, sie am Arbeitmarkt einzukaufen. Also liegt die Idee nahe: Lasst uns die benötigten Kompetenzen selbst entwickeln!

Die Zukunft vorweg nehmen

Wollen Unternehmen für die Zukunft gewappnet sein, gilt es für sie im ersten Schritt zu ermitteln beziehungsweise zu definieren: Welche Ziele möchte unser Unternehmen mittel-/langfristig erreichen? Denn daraus können Sie wiederum ableiten: Welche Ziele und Kernaufgaben ergeben sich hieraus für die Personalarbeit, speziell die Personalentwicklung? Doch einfach ist diese Zieldefinition nicht. Denn hierbei sind unter anderem folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Wie wird sich unser Markt entwickeln?
  • Mit welchen technologische Entwicklungen müssen wir rechnen? Und:
  • Wohin geht die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt?.

Fragen über Fragen, die allesamt sich auf die Zukunft beziehen. Vor allem aber Fragen, deren Antworten sich zwangsläufig auf vielen Vermutungen und Annahmen begründet - und damit Antworten, die es mit Vorsicht zu genießen gilt. Dessen ungeachtet ist diese Basisarbeit nötig, damit die Kompetenzentwicklung nicht zur „Fahrt ins Blaue“ wird.

Sind die Ziele des Unternehmen und der Personalarbeit definiert, können Sie daraus ableiten: Wie viele Mitarbeiter mit welcher Qualifikation benötigt unser Unternehmen voraussichtlich in drei, fünf oder gar zehn Jahren? Damit ist aber noch nicht klar, welcher Handlungsbedarf besteht. Um dies zu klären, sollten Sie zunächst ermitteln: Wie sieht unsere Personalstruktur beispielsweise in fünf Jahren aus, wenn wir unsere bisherigen Personalaktivitäten einfach fortschreiben? Welche Altersstruktur hat dann unsere Belegschaft? Welche Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen haben wir dann? Diese Daten können Sie mit den Daten abglichen, welche Qualifikationen das Unternehmen braucht. Aus diesem Soll-/Ist-Vergleich ergibt sich der akute Handlungsbedarf.

Ein Erkenntnis daraus kann zum Beispiel sein: Wenn wir nichts tun, haben wir in drei Jahren zu wenig Mitarbeiter, die sich mit chemischen Analyseprozessen auskennen. Oder: Wenn wir keine zusätzlichen Initiativen ergreifen, können wir in fünf Jahren nur noch einen Bruchteil der altersbedingten Abgänge bei den Führungskräften mit eigenem Nachwuchs kompensieren.

Sobald die möglichen Engpässe identifiziert sind, geht es im nächsten Schritt darum, mögliche Handlungsalternativen zu entwerfen, um diese zu vermeiden. Eine zentrale Frage lautet hierbei: Welche Wege könnten wir beschreiten, um sicherzustellen, dass unser Unternehmen künftig über die nötigen Kompetenzen verfügt? Zum Beispiel in den Bereichen Personalmarketing sowie Mitarbeiterrekrutierung, aber auch Aus- und Weiterbildung.

Handlungsalternativen entwerfen

Da sich einem Unternehmen in der Regel nicht mehr als ein Dutzend Handlungsalternativen bieten, sind diese meist schnell formuliert. Viel schwieriger hingegen ist es, die zur Auswahl stehenden Alternativen zu bewerten. So gilt es nicht nur Kosten- und Qualitätsgesichtspunkte zu berücksichtigen, sondern auch voraussichtliche Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Hierzu ein Beispiel:

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Ein Unternehmen agierte bisher nach der Maxime: 50 Prozent der benötigten Techniker und Kaufleute bilden wir selbst aus. Den Rest heuern wir von extern an, denn dies ist günstiger als unseren Bedarf rein über eigene Ausbildungsaktivitäten zu decken. Diese Strategie kann heute richtig, effektiv und sinnvoll sein. Doch gilt dies auch noch in fünf Jahren? Dann könnte jene Strategie auch völlig falsch sein: Zum Beispiel, wenn das Angebot an Technikern knapp wird – sei es, weil deren Gesamtzahl sinkt oder weil auch andere Unternehmen einen höheren Technikerbedarf haben. Dann wird es für das Unternehmen nicht nur schwieriger, die erforderlichen Techniker zu akquirieren. Es muss auch damit rechnen, dass ihm Mitbewerber mehr Techniker abwerben.
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Vor diesem Hintergrund könnte eine für die Zukunft richtige Personalstrategie zum Beispiel lauten: Wir

  • erhöhen unsere Ausbildungsquote auf 80 Prozent und
  • starten ein Qualifizierungsprogramm für unsere angelernten Kräfte, damit sie künftig auch Technikeraufgaben übernehmen können und
  • zeigen unseren Technikern neue Karrierewege in unserem Unternehmen auf, um sie stärker an uns zu binden.

Sich vor für einen konkreten Weg entscheiden

Ist die Analyse und Bewertung der zur Auswahl stehenden Handlungsalternativen abgeschlossen, gilt es zu entscheiden, welcher Weg nun eingeschlagen werden soll An diesem Weg sind dann im nächsten Schritt unter Qualitäts- und Effizienzgesichtspunkten die einzelnen Maßnahmen zu gestalten. So kann zum Beispiel eine Grundentscheidung lauten:

  • Wir bilden die zusätzlich benötigten Techniker nicht selbst aus, sondern übertragen diese Aufgabe einem externen Dienstleister, damit wir nicht die nötige Infrastruktur aufbauen müssen. Oder:
  • Wir setzen beim Weiterbilden unserer angelernten Kräfte weitgehend auf Blended Learning, also ein Kombination von Seminarlernen und E-Learning, damit uns die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Oder:
  • Um unsere Techniker nicht nur über die Vergütung an uns zu binden, bieten wir den Spitzenkräften unter ihnen künftig die Chance, ein berufsbegleitendes Studium zu absolvieren.

Abgeleitet aus Zielen und Grundsatzentscheidungen sollte nun ein Maßnahmenbündel geschnürt werden. Das Maßnahmenpaket sollte dabei aber stets unter folgenden Vorbehalten stehen:

  • Durch die Maßnahme x erzielen wir die Wirkung y. Und:
  • Unser Unternehmen und der (Arbeits-)Markt entwi-ckeln sich wie folgt: .....

Erfolgskontrolle: Den Kurs regelmäßig überprüfen

Da den personalpolitischen Maßnahmen viele Annahmen und Vermutungen zu Grund liegen, sollten Unternehmen im Verlauf des Personalentwicklungsprozesses regelmäßig überprüfen.

  • Erweisen sich unsere Annahmen als richtig? Und:
  • Sind wir noch auf dem richtigen Weg, die definierten Ziele zu erreichen, oder müssen wir die Maßnahmen überdenken beziehungsweise unterstützenden Maßnahmen ergreifen, um die Ziele trotzdem zu erreichen?

Denn nur dann kann der Erfolg gesteuert werden und ist bei Bedarf ein Gegensteuern möglich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es Ihnen bei der Kompetenzentwicklung wie Kolumbus ergeht, als er einen neuen Seeweg nach Indien suchte. Sie landen stattdessen in Amerika. Was nicht schlimm ist – sofern Sie dies wissen und sich bewusst für das neue Ziel entschieden haben.

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