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Fachartikel, 20.08.2007
Logistikwirtschaft
Die Logistik-Branche boomt und wird zum Jobmotor in Deutschland
Der weltweite Güterverkehr kennt keine Grenzen mehr. Ob nun per LKW, Zug, Flugzeug oder Schiff – die Globalisierung macht die Logistikunternehmen zu Gewinnern. Weil Deutschland im Herzen Europas liegt, wird es immer mehr zu einer der bedeutendsten Drehscheiben der Welt. Die Logistik-Branche verzeichnet kräftige Zuwächse und ist bereits zum drittwichtigsten Wirtschaftszweig hierzulande aufgestiegen. Zunehmende Kapazitätsprobleme etwa von Häfen und Flughäfen könnten die Güterströme jedoch merklich ins Stocken geraten lassen.
Der Schriftsteller Jules Verne träumte einst davon, in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Sein Held Phileas Fogg betätigte sich als Reiselogistiker und erreichte durch das geschickte Vernetzen verschiedener Verkehrsträger eine für damalige Verhältnisse unglaubliche Reisegeschwindigkeit. Von dem, was heutzutage in puncto Transport abgeht, hätten die beiden Abenteurer allerdings nicht zu träumen gewagt. Denn die Güterströme fließen nicht nur immer schneller und weiter, sie haben auch hinsichtlich Menge und Komplexität ein Niveau erreicht, das man noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten hätte.

Wie moderne Gütersteuerung funktioniert, zeigt das Beispiel eines großen Automobilwerks in Süddeutschland. Täglich laufen dort knapp 1.500 Lastwagen und 65 Güterwaggons der Bahn knapp 70 Entladepunkte auf dem Werkgelände an. Jeder dieser Punkte ist für bestimmte Zulieferteile zuständig. Zusätzlich hierzu muss auch noch der Abtransport der Tagesproduktion von gut 2.000 Fahrzeugen organisiert werden. Transportieren bedeutet aber längst nicht mehr, dass etwas nur von A nach B geschafft wird – das Befördern ist längst fester Bestandteil des Produktionsprozesses. So gehört etwa die „Just-in-time“-Lieferung mancherorts bereits zum alten Eisen.

Das neue Zauberwort heißt „just in sequence“. Dahinter verbirgt sich, dass der Zulieferer nicht nur für die bei der „Just-in-time“-Logistik übliche exakte zeitliche Taktung der Lieferungen sorgt; er muss zusätzlich gewährleisten, dass die Teile bei Ankunft bereits in der Reihenfolge sortiert sind, in der sie weiterverarbeitet werden. Die Logistik umfasst aber noch mehr als den Transport – dazu gehört auch die Planung und Steuerung sämtlicher Informations- und Materialflüsse in einem Unternehmen. Besonders wichtig ist dies, wenn Unternehmen verschiedene Standorte haben. Tatsächlich machen solche Prozesse zwei Drittel des Logistikgeschäfts aus.

Im Unterschied zu den allerorten sichtbaren Transportmitteln Brummi, Bahn und Binnenschiff spielen sich diese Abläufe mehr hinter den Kulissen ab. Daher verwundert kaum, dass das eigentliche Gewicht der Branche wenig wahrgenommen wird. Dabei strotzt der Wirtschaftszweig nur so vor Kraft:

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Die Logistikbranche ist derzeit der drittgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland mit knapp 2,6 Millionen direkt Beschäftigten und einem Jahresumsatz von knapp 180 Milliarden Euro. Die Branche besteht vornehmlich aus mittelständischen Unternehmen, aber auch einigen Global Playern, denen Frachten und Co. Umsätze in Milliardenhöhe einbringen. Weitere 600.000 Mitarbeiter sind in Betrieben beschäftigt, die Produkte für die Logistikbranche herstellen.
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Das eigentliche Transportgeschäft macht etwa ein Drittel aller Logistikleistungen aus. Darum kümmern sich knapp 60.000 meist mittelständische Unternehmen. Sie bewegen je Bundesbürger jährlich knapp 50 Tonnen Fracht. Diese rollt vorwiegend über die Straße (69 Prozent) und die Schiene (16 Prozent); gut ein Zehntel erreicht über die Wasserstraßen ihr Ziel. Auch für diese Spezialisten stehen die Zeichen auf Wachstum:

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Die Transportleistung im binnenländischen Güterverkehr ist seit der Wiedervereinigung um 45 Prozent auf gut 581,8 Milliarden Tonnenkilometer gestiegen – mehr als doppelt so stark wie das Bruttoinlandsprodukt. Über das Meer wurden zuletzt sogar zweimal so viele Güter transportiert wie
1991.
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Den entscheidenden Schub hat die Globalisierung der Logistikbranche verpasst. Die Güter werden inzwischen über längere Strecken befördert, aber ihr Umfang hat sich seit Beginn der neunziger Jahre kaum verändert. Möglich wurde die Erfolgsstory der Branche nicht zuletzt durch den Einsatz von Containern im Frachtwesen. Die Metallboxen haben den Warenferntransport in den letzten 20 Jahren revolutioniert. Mit ihnen lässt sich viel Zeit sparen, weil der Ladevorgang weitgehend automatisch abläuft. Containerschiffe benötigen nur noch etwa ein Zehntel der für Stückgutfrachter üblichen Ladezeit. Beim Wechsel von einem Verkehrsmittel auf ein anderes wird die Box samt Inhalt einfach übergeben. Auf diese Weise lassen sich auch kleinteilige Lieferungen gut bündeln und mittels Container entlang einer vorgegebenen weltweiten Logistikkette verfrachten. Dadurch sind die Kosten für den Ferntransport von Fertigwaren per Schiff gesunken, und auch in puncto Transportgeschwindigkeit ging sozusagen die Post ab:

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Seit 1991 hat sich der Containerumschlag in den deutschen Seehäfen nahezu vervierfacht.
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Zuletzt explodierten die Wachstumsraten geradezu – während die gesamte deutsche Wertschöpfung kaum zunahm. Und die Erfolgsstory geht weiter – noch schwelgt die Branche in Sektlaune: Immerhin drei von zehn im Rahmen des sci-Logistikbarometers befragten Unternehmen erwarten, dass die Geschäfte noch mehr florieren werden. In früheren Befragungen hatten sich die Logistiker sogar noch optimistischer gegeben. Das Gros der Geschäftsleute rechnet damit, dass der Laden weiter so brummt wie bisher, und nur gut vier von zehn befürchten steigende Kosten. Die Logistik dürfte sich daher als Jobmaschine entpuppen, denn stattliche 58 Prozent der Unternehmen brauchen in den kommenden sechs Monaten mehr Personal: Schätzungsweise bis zu 120.000 Arbeitsplätze könnten im Logistikbereich entstehen. Trotz aller Zuversicht brennen den Unternehmen der Branche vor allem zwei Dinge auf den Nägeln:

• Die Transporteure suchen händeringend qualifizierte Lkw-Fahrer – derzeit fehlen 15.000 bis 20.000 Brummilenker.
• Die Infrastruktur platzt aus allen Nähten.

Vor allem die Häfen und Flughäfen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen – der Investitionsbedarf an diesen Umschlagplätzen ist deshalb gewaltig. Beispiele hierfür liefern die geplante neue Landebahn am Frankfurter Flughafen oder die Ausbauvorhaben im Hamburger Hafen. Allein dort sollen bis 2011 gut 1,2 Milliarden Euro in den Ausbau der Containerumschlagkapazitäten investiert werden. Doch damit ist es nicht getan, denn die Güter müssen den Hafen auch wieder verlassen und die dafür nötigen Anbindungen an das Hinterland sind schon lange nicht mehr erweitert worden.

Immerhin ist der Bedarf erkannt – 15 Projekte zur „Seehafenhinterlandanbindung“ wurden im aktuellen Bundesverkehrswegeplan als vordringlich eingestuft. Insgesamt wollen Bund, Länder und Hafenwirtschaft bis 2012 über 10 Milliarden Euro in den Ausbau investieren. Fraglich ist, ob das reicht. Einen Fahrplan zur Bewältigung dieser Krise verspricht der „Masterplan Güterverkehr“, den die Bundesregierung noch in diesem Jahr vorstellen will. Vor allem die extrem langen Umsetzungszeiten für Baumaßnahmen legen allerdings nahe, über Alternativen nachzudenken und die Güterströme beispielsweise noch stärker zu bündeln. Möglich wäre dies mit größeren Transportmitteln – den Plänen für Containerfrachter mit über 12.000 Stellplätzen oder den als EuroCombis bekannten Großlastern begegnen die Deutschen allerdings mit großer Skepsis.

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