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Fachartikel, 18.09.2007
Bildung und Beruf
Gewerkschaften – die Frauen reden inzwischen mit
Der Anteil der weiblichen Mitglieder in den Gewerkschaften steigt seit Jahren. Auch werden in den Verbänden einige Führungspositionen bereits von Frauen besetzt. Misst man die Arbeitnehmervertretungen aber an deren selbst gesteckten Ziel, die Gleichberechtigung von Mann und Frau in ihren Organisationen durchzusetzen, gibt es noch viel Nachholbedarf.
Trotz Angela Merkel – Frauen in Spitzenpositionen sind in Deutschland immer noch eher selten. Gewerkschaften greifen dieses Manko daher gern in ihren Diskussionen über Gleichberechtigung und Quoten auf. Dabei sah es in den eigenen Reihen bis in die jüngste Zeit auch nicht viel anders aus: Selbst bei DGB & Co. haben meist noch die Männer das Sagen. Bis heute ist der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) die einzige Gewerkschaft mit einer Frau an der Spitze, sieht man einmal von reinen Frauengewerkschaften ab.

Doch es tut sich etwas, zumindest auf regionaler Ebene. Seit kurzem führt eine Frau die Geschäfte des Saarländischen Journalistenverbands. Und beim Hamburger Bezirk der IG Metall sitzt schon seit gut zwei Jahren eine Frau auf dem Chefsessel. Auf Landesebene hingegen sieht es vor allem für den DGB mau aus: Der Dachverband war bei seinen Vorstandswahlen 2006 nicht imstande, wenigstens einen Vorsitz in seinen neun Landesbezirken an eine Frau zu vergeben.

Bessere Karten haben hingegen Journalistinnen im Deutschen Journalistenverband (DJV). Der zählt in 18 Landesorganisationen immerhin vier weibliche Mitglieder in der ersten Position. Auf Bundesebene steht der DGB etwas besser da. In seinem fünfköpfigen geschäftsführenden Vorstand sitzen zwei Frauen, während im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) nur drei von 15 Spitzenleuten weiblich sind und unter den insgesamt sieben Mitgliedern der Bundesleitung von Beamtenbund und Tarifunion (DBB) gerade eine Frau zu finden ist.

Im Vergleich zu den kleinen und selbstständig operierenden Verbänden von Spezialisten geraten allerdings die drei Großen ins Hintertreffen. Erneuter Frauen-Spitzenreiter ist der DBV – drei Frauen und vier Männer bilden hier den Bundesvorstand. Die Mitgliedsgewerkschaften des DGB können da kaum mithalten: Zwar besteht das Spitzengremium der traditionell stärker weiblich besetzten Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sogar zu mehr als der Hälfte aus Frauen. Danach folgt aber bereits die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit nur einem Drittel Frauenpower im Vorstand.

Das passt nicht so ganz zum Engagement der Frauen, die in einer der acht Branchengewerkschaften des DGB Mitglied sind. Die 2,2 Millionen Gewerkschafterinnen innerhalb des DGB repräsentieren bundesweit knapp 32 Prozent der Mitglieder. Dieser Wert wäre allerdings weniger hoch, wenn es die deutsche Wiedervereinigung nicht gegeben hätte:

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Im Osten der Republik ist die Frauendichte in den Gewerkschaften am größten; dort sind rund 45 Prozent der Mitglieder weiblich.
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Auch mit Blick auf die einzelnen Bundesländer finden sich die Spitzenquoten in Ostdeutschland – angeführt von Mecklenburg- Vorpommern mit 47 Prozent DGBlerinnen. Die rote Laterne der weiblichen Gewerkschaftsrepublik hingegen hält das von Bergbau und Stahlindustrie geprägte westdeutsche Saarland. Die Bundesländer im Osten stellen jedoch nur etwa ein Viertel aller DGB-Frauen. Das war einmal anders:

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Kurz nach der Wende kam noch die Hälfte der Gewerkschafterinnen aus der ehemaligen DDR.
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Dass Frauen nicht von Anfang an eine große Rolle bei den Arbeitnehmerorganisationen gespielt haben, zeigt ein Blick in die Geschichte. Zu Beginn der fünfziger Jahre zählte nur der DGB und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) weibliche Mitglieder. Beim DBB tauchten Frauen in den veröffentlichten Statistiken ab dem Jahr 1969 auf, beim CGB 1980 und bei der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (mb) im Jahr 1992. Die Bilanz über die Jahre kann sich allerdings sehen lassen:

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Die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Frauen hat sich seit 1950 von gut 948.000 auf über 2.691.000 nahezu verdreifacht; und ihr Anteil hat sich von ursprünglich 17 auf heute 32 Prozent fast verdoppelt.
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Ursprünglich galt die DAG unter den Spitzenverbänden als die Frauengewerkschaft schlechthin. Ihre Frauenquote lag schon 1951 mit 31 Prozent dort, wo sich heute die gewerkschaftlichen Dachorganisationen einzeln und im gemeinsamen Durchschnitt wiederfinden. Die 40-Prozent-Marke übersprang die Angestelltenvereinigung dann Mitte der Achtziger. Als sie im Jahr 2000 in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di aufging, brachte sie einen Frauenanteil von 57 Prozent mit ein.

Die rasanteste Entwicklung nahm in den vergangenen 15 Jahren jedoch der Marburger Bund. Seit 1993 kamen Jahr für Jahr immer mehr weibliche Mitglieder hinzu. Ende 2005 kletterte die Frauenquote in der Medizinervertretung auf über 46 Prozent. Innerhalb des DGB sind drei der acht Mitgliedsverbände hervorzuheben, in denen sich überdurchschnittlich viele Frauen engagieren. Das sind die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit knapp 69 Prozent als Spitzenreiter, gefolgt von ver.di, wo fast jedes zweite Mitglied eine Frau ist, und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Wiedervereinigung hat allen dreien mehr weibliche Energie gebracht. Das lässt sich einzig für die IG Metall nicht behaupten:

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Obwohl sie neben der ehemaligen Gewerkschaft Holz und Kunststoff im Jahr 2000 schon 1998 die Gewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB) mit einem Frauenanteil von rund 60 Prozent vereinnahmt hatte, fiel die Frauenquote der IG Metall nach einem Zwischenhoch auf 18 Prozent zurück – den Stand von vor 1980.
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Gewerkschafterinnen können allerdings nicht nur in der eigenen Organisation für Arbeitnehmerrechte eintreten. Eine weitere Möglichkeit, sich zu engagieren, bieten die Betriebsräte. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befragt seit 1975 Unternehmen zu ihren Betriebsratswahlen. In den siebziger Jahren konnte sich der Frauenanteil in den Mitarbeitervertretungen zwischen 16 und 20 Prozent durchaus mit den Quoten der Gewerkschafterinnen messen.

Doch nach Rückschlägen in den folgenden 20 Jahren kann man das erst wieder für die Ergebnisse der Betriebsratswahlen seit 2002 sagen. Hier hatte jedoch auch der Staat seine Finger mit im Spiel. Denn die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes vom Juli 2001 schreibt Quotenregelungen vor für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und begünstigt damit die Wahl von Frauen. Das Gleiche galt auch für den Anteil weiblicher Betriebsratsvorsitzender. Er kletterte von 2,7 Prozent im Jahr 1975 bis zum bisherigen Maximum von 19,7 Prozent im Jahr 2006.

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