Fachartikel, 22.03.2006
Perspektive Mittelstand
Vertrieb und Verkauf
Beraten statt verkauft!?
Der klassische Verkäuferberuf scheint heutzutage praktisch ausgestorben – allerorts trifft man auf Kundenberater. Wie ein Umschwung im Verkauf den Aufschwung bringen könnte.
Mit möglichst vielen Argumenten sollen die Kunden zum Kauf bewegt werden. Und das, obwohl längst erwiesen ist, dass in vielen Fällen rationale Gründe nicht kaufentscheidend sind. Dabei ist es fast egal, ob es sich um ein Paar Socken oder eine komplexe Softwarelösung handelt.

Früher war Deutschland eine Servicewüste, heute ist es ein Beratungsdschungel: Eine junge Frau wartet im Autohaus darauf bedient zu werden. Eigentlich fest zum Kauf entschlossen, vergeht ihr langsam die Lust. Gerade als sie gehen möchte, ruft ihr ein Verkäufer zu: „Junge Frau, Sie müssen entschuldigen, aber wir haben gleich Feierabend, wollen Sie vielleicht ein Prospekt mitnehmen?“

Zur gleichen Zeit bei einem Herrenausstatter. Ein Mann probiert eine Lederjacke an. Die Verkäuferin kommt hinzu. „Das Hemd, das sie da anhaben, passt natürlich nicht dazu, aber mit einem rostroten schaut das toll aus!“ Sie verschwindet, um nach eben diesem zu suchen. Der Herr verschwindet auch – er mag keine rostroten Hemden.

Und dann ist da noch der Jugendliche, der sich im Sportgeschäft ein cooles Shirt ausgesucht hat. Preisreduziert! „Da drüben haben wir noch mehr von den Dingern..“, der Verkäufer deutet auf einen großen Ständer mit Neuware, „...das hier ist ja noch von der letzten Saison!“

Drei typische Beispiele, wie sie tagtäglich im Einzelhandel vorkommen. Was im kleinen nicht funktioniert, klappt im Großen natürlich erst recht nicht. Und trotzdem wird nach wie vor mehr Geld für Produktschulungen ausgegeben, als für individuelle Verkaufstrainings. Mit dem Ergebnis, dass aus Verkäufern Berater geworden sind, die statt Verkaufsgespräche dann eben auch reine Beratungsgespräche führen. Dahinter steckt die Grundannahme, der Kunde habe Anspruch auf eine ordentliche Beratung. Im Prinzip zwar richtig, aber eben nicht zielführend. Denn das primäre Gesprächsziel heißt hier Information. Die Kaufentscheidung und damit der erfolgreiche Abschluss wird ganz allein „König Kunde“ überlassen. Leider ist dieser in letzter Zeit wenig entscheidungsfreudig. Und so lange ihm keiner zu Hilfe eilt, wird sich daran auch gewiss nichts ändern.

Diese als Beratung getarnte Überforderung des Kunden findet sich in nahezu jeder Branche. Werbeagenturen beispielsweise präsentieren oft tolle Ideen, der Kunde ist begeistert. Kommt dann zwei Wochen nach dem Pitch die Absage, herrscht Ratlosigkeit. Die Erklärung ist einfach: Es wurde beraten statt verkauft. Dasselbe gilt für Finanzdienstleistungen. Früher erklärte der freundliche Banker am Schalter, er habe da „eine interessante Anlageform“, die man bei einer Tasse Kaffee besprechen könnte. Heute wird vom Kunden verlangt, per möge doch per Online-Banking und Checkliste die für ihn passende Anlagevariante selbst auszuwählen. Information ja, Verkauf nein.

Als Kunden sind leider die wenigsten Menschen entscheidungsfreudig. Die übliche Erörterung verschiedener Kauf-Alternativen hilft da herzlich wenig. Vielmehr gilt es, die Kundenbedürfnisse im Gespräch genau zu ergründen. Signalisiert der Kunde durch interessiertes Nachfragen Kauffreude, so ist er in seiner Wahl unbedingt zu bestätigen.

Merke: Ein erfolgreicher Verkäufer ist die Hebamme der Kaufentscheidung.
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