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Fachartikel, 15.05.2006
BDI-Mittelstandspanel
Mittelstand - mit einem Zeh im Ausland
Mittelständische Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten investieren im Vergleich zu Großunternehmen erst sehr zaghaft jenseits der deutschen Grenze. Allerdings wollen sie in diesem Jahr das Investitionsvolumen in etwa verdoppeln. Dies ist ein Ergebnis des jüngsten BDI-Mittelstandspanels vom November 2005.
Der Mittelstand ist recht zuversichtlich, was seine wirtschaftlichen Perspektiven für die kommenden Monate anbelangt. Allerdings gibt es eine Reihe von roblemen, die von der großen Koalition möglichst bald angepackt werden sollten, damit der Investitionsmotor richtig in Schwung kommt. Auf der Seele brennt den Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) hierzulande vor allem dreierlei:

1. Bürokratiebelastung

Praktisch alle befragten Firmen ertrinken in der Papierflut. Der Handlungsbedarf ist entsprechend
groß. Dabei ist durchaus Land in Sicht. Denn einige Maßnahmen, wie etwa ein BürokratieTÜV
im Kanzleramt, sind bereits in der Pipeline von SchwarzRot. In dieselbe Kerbe hauen die Unternehmen auch beim Thema Steuerreform. Dabei muss es nach ihrer Ansicht vorrangig
um eine radikale Steuervereinfachung bei gleichzeitigem Abbau der Subventionen gehen. Mittel
bis langfristig bleibt jedoch auch eine Senkung des Steuersatzes bei der Einkommens
und Körperschaftssteuer auf der Agenda.

2. Lohnzusatzkosten

Die enormen Ausgaben für die sozialen Extras brennen neun von zehn Mittelständlern unter
den Nägeln. Würden die Mehreinnahmen aus der für Anfang 2007 vorgesehenen höheren Mehrwertsteuer wie ursprünglich angedacht ausschließlich zur Senkung der Personalzusatzkosten verwendet, wäre das für die befragten Industrieunternehmen daher ein Segen.

3. Bildung und Ausbildung


Ebenfalls neun von zehn Unternehmen halten alle politischen Maßnahmen, die auf diesen
Bereich zielen, für sehr wichtig oder wichtig. Insbesondere der wachsende Anteil von Schulabgängern, die nicht die notwendigen Mindestvoraussetzungen für eine Lehre mitbringen, bereitet Personalchefs und Ausbildern Sorgen.

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Die mittelständischen Industriebetriebe fordern aber nicht nur Unterstützung von politischer Seite ein. Sie nehmen auch sich selbst in die Pflicht

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Punkt 1: Investitionen

Nach jahrelanger Zurückhaltung wollen die industriellen Mittelständler 2006 sogar mehr investieren als Großunternehmen; der Anteil des Mittelstands an den Investitionen steigt damit voraussichtlich von 48 auf 52 Prozent. Insgesamt wird die Investitionssumme im mittelständischen Industriesektor in diesem Jahr um beinahe 20 Prozent zulegen.

Allerdings stehen diese guten Absichten noch unter dem Vorbehalt vernünftiger Tarifabschlüsse in der Metall und ElektroIndustrie. Wenn Maß gehalten wird, dann könnten auch neue Jobs drin sein. Denn ein Drittel aller geplanten Neuinvestitionen geht in Sachanlagen – im Vorjahr standen noch Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungsinvestitionen im Vordergrund.

Wenn der Mittelstand nach vierjähriger Durststrecke wieder an Expansion denkt, dann nicht zuletzt deshalb, weil die Unternehmen in den zurückliegenden Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben.

Die Eigenkapitalausstattung hat sich merklich verbessert, so dass auch die Banken wieder mehr Bereitschaft zeigen, Investitionskredite zu vergeben:

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Industrielle Mittelständler kommen inzwischen auf eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von 27 Prozent – im Jahr 1996 waren es erst 18 Prozent.
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Die befragten Unternehmen sind nach wie vor fest in Deutschland verwurzelt. Allerdings versuchen sie peu à peu ein zweites Standbein im Ausland aufzubauen.

So haben im vergangenen Jahr 7 Prozent der mittelständischen Industriebetriebe jenseits der Grenzen investiert, 2006 soll der Anteil noch einmal leicht auf 8 Prozent zulegen. Im Vergleich zu den Großunternehmen sind das freilich Peanuts. Denn zum einen betrug der Anteil im Ausland
investierender Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern schon 2005 über 60 Prozent. In diesem Jahr wird er auf knapp 70 Prozent steigen.

Generell ist die Dynamik beim Drang über die Grenzen jedoch nicht ganz so groß, wie es diese
Zahlen suggerieren. So wird das Gros aller Investitionen weiterhin in Sachanlagen im Inland getätigt (KMU: 95 Prozent, Großbetriebe: 67 Prozent).

Punkt 2: Kooperationen

Der zunehmende Wettbewerbsdruck auf den inländischen wie auf den internationalen Märkten ist für die mittelständische Industrie eine besondere Herausforderung. Viele Firmen haben inzwischen erkannt, dass sie ihre Effizienz durch eine Bündelung der Kräfte nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker“ steigern können.

Im Einkauf können dann z.B. Konditionen erzielt werden, die sonst nur Großunternehmen erreichen. Auch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten lassen sich so stemmen, für die die Unternehmen sonst eine Nummer zu klein wären.

Gedacht, getan: Der Zug in Richtung Zusammenarbeit hat schon gewaltig Fahrt aufgenommen. Sechs von zehn Industrieunternehmen kooperieren bereits mit einem oder mehreren Unternehmen, Forschungseinrichtungen oder Universitäten.

Vor allem bei der Produktion und beim Vertrieb arbeiten mehr als 50 Prozent der Mittelständler eng zusammen – weil sie hier die größten Produktivitätsreserven wittern. Außerdem versprechen sich die meisten Unternehmen von der Kooperation auf diesem Feld einen HuckepackEffekt. Sie erhoffen sich davon einen Zugang zu neuen Märkten.

Oft ersetzt die Zusammenarbeit dann auch eigene Auslandsinvestitionen – man nutzt einfach das Vertriebszentrum des Partnerunternehmens mit. Doch nicht auf allen Gebieten ist ein Miteinander der Betriebe bereits gelebte Realität:

Bei der gemeinsamen Beschaffung hapert es noch – nur jede dritte Firma geht hier mit anderen ein Bündnis ein, um auf diese Weise beim Lieferanten bessere Preise durchzusetzen.

Ebenfalls schwer tun sich viele Mittelständler bei gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, wobei mit der Größe der Trend zur FuE-Kooperation zunimmt. So sind erst 24 Prozent der ganz Kleinen mit bis zu 19 Mitarbeitern hier eine Zweckehe eingegangen und suchen nach neuen Problemlösungen; bei den mittleren Mittelständlern mit bis zu 249 Beschäftigten sind es immerhin 52 Prozent.

Dass es vielerorts noch Vorbehalte gegen eine engere Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung gibt, lässt sich leicht erklären. Während sich eine die Preise senkende Zusammenarbeit im Einkauf sofort positiv auswirkt, verursacht die Durchführung von FuE-Projekten, ob in Kooperation oder in Eigenregie, zunächst einmal Kosten. Erst längerfristig rechnet sich die Sache über wettbewerbsfähige neue Produkte oder Prozesse.

Daneben lehnen viele Firmen eine Kooperation mit anderen Unternehmen auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ab. So meinen 41 Prozent der Gegner, dass ihre Eigenständigkeit durch ein Miteinander verloren geht. Weitere 41 Prozent haben schlicht keinen geeigneten Partner gefunden.

Generell hat sich die enge Zusammenarbeit mit anderen jedoch für die meisten bereits ausgezahlt. Drei Viertel der kooperierenden Unternehmen gaben an, dass mit der Zusammenarbeit ihr Erfolg gestiegen ist. Ernste Probleme beim jeweils wichtigsten Kooperationsprojekt meldete nicht einmal jedes zwanzigste Unternehmen; jedes fünfte hatte aber leichtere Schwierigkeiten zu überwinden.

Dementsprechend können sich 90 Prozent der Industrieunternehmen vorstellen, dass ihre „Ehe“ keine auf Zeit, sondern von Dauer ist. Vor allem beim Absatz sowie der Beschaffung wollen fast alle Befragten lange miteinander gehen. Nur bei den FuE-Kooperationen sieht es etwas anders aus – jede dritte ist zeitlich begrenzt, was auch in der Natur der Sache liegt. Wenn das Forschungsziel erreicht ist, gibt es für die Zusammenarbeit keinen Grund mehr.
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