Struktur der Umfrage
Die Umfrage basiert auf einem Fragebogen aus dem Buch von Mathieu Weggemann.: „Wissensmanagement“, (c) 1999 by mitp, REDLINE GmbH, Heidelberg, Gemany, der mit freundlicher Genehmigung des Verlages verwendet wurde. Durch die Unterstützung der Kompass GmbH wurden dem Umfrageteam e-mail-Adressen baden-württembergischer Firmen als Kontaktbasis zur Verfügung gestellt, rund 4.500 e-mails konnten erfolgreich übermittelt werden. Hiervon haben sich 101 Unternehmen an der Umfrage beteiligt, was einer Rücklaufquote von 2,24% entspricht – für eine solche Online-Umfrage ein üblicher Wert, der aber auch zeigt, dass die Sensibilisierung für dieses Thema zumindest in den baden-württembergischen Unternehmen noch ausbaufähig ist.
Der Fragebogen enthält 51 Fragen zu den Themen Unternehmensdaten, Strategie/Ziele, Wissensermittlung, Wissensinventarisierung, Wissenserwerb, Wissenstransfer, Wissensnutzung, Widerstände, Wissensevaluierung und Wissensbilanz. Zu vorgegebenen Aussagen/Thesen wurden die Unternehmen befragt, in wie fern sie der jeweiligen These bezogen auf eine Skala von 1 bis 4 zustimmen. Zur Auswahl standen dabei folgende Antworten:
Nachfolgend werden zu jedem Thema die Kernaussagen wiedergegeben. Zur Struktur und den Merkmalen der Unternehmen, die sich an der Befragung beteiligt hatten, wurden unter anderem folgende Daten erfaßt:
Strategie und Wissen
82% der befragten Unternehmen stimmen der Aussage „Ein Unternehmen sollte explizite Ziele haben“ in großem Umfang zu. Die Aussage „Unser Unternehmen hat sich Ziele gesetzt“ findet bei 69% der Umfrageteilnehmer sehr große Zustimmung. Auf etwa jedes fünfte Unternehmen traf diese Aussage nur zum Teil zu.
Wissensermittlung
Bei der Ableitung der Wissensermittlung aus der Strategie sehen sich die Umfrageteilnehmer auf einem guten Stand. Die Ableitung von benötigtem Wissen aus strategischen Überlegungen heraus findet überwiegend große bzw. teilweise Zustimmung.
Aussage: Die Strategie unseres Unternehmens ist so deutlich, dass wir daraus ableiten können, welches Wissen erforderlich ist, um die Strategie zu realisieren.
Antworten
Aussage: Wir sind uns im Kklaren, welches Wissen wir benötigen, um unsere Strategie zu realisieren
Antworten
Aussage: Die Ermittlung des für die Realisierung der Strategie erforderlichen Wissens ist bei uns ein Routinevorgang
Antworten
Wissensinventarisierung
Bei der Inventarisierung – und damit der einfachen Wiederauffindbarkeit von Wissen – vertrauen die Unternehmen auf informelle Strukturen.
Aussage: Uns ist bekannt, welche Mitarbeiter über nicht leicht ersetzbares Wissen verfügen
Antworten
Aussage: Wenn eine bestimmte Frage zu klären ist, dann können wir sagen, welche Personen mit dem geeigneten Wissen ausgestattet sind, um solche Frage zu beantworten
Antworten
Entsprechende Dokumentationen, aus denen ersichtlich ist, welches Wissen wo verfügbar ist, sind aber wenig verbreitet: Nur bei jedem siebten Unternehmen ist dies in vollem Umfang dokumentiert.
Aussage: Wir verfügen über Aufzeichnungen, in denen nachgeschlagen werden kann, welches Wissen sich an welcher Stelle im Unternehmen befindet.
Antworten
Wissenserwerb
Beim Wissenserwerb ergibt sich ein ähnliches Bild. Auch hier haben die Unternehmen ein klares Bild, welches Wissen entwickelt werden muss bzw. wo die Wissenslücken sind, Verfahren zur Wissensentwicklung haben sich aber nicht flächendeckend durchgesetzt.
Aussage: Wir haben klare Vorstellungen, welches Wissen wir entwickeln oder uns aneignen müssen. Kurz: Die Wissenslücken sind bekannt
Antworten
Aussage: Wir verfügen über Verfahren zur Wissensentwicklung
Antworten
Wissenstransfer
Beim Transfer von Wissen im Unternehmen geben die Umfrageteilnehmer an, dass sowohl Wissen an die richtige Stelle gebracht wird als auch dass Wissenssuchende die richtigen Wissensträger im Unternehmen finden.
Aussage: Wir tragen dafür Sorge, dass das verfügbare Wissen mit Mitarbeiter geteilt wird, von denen angenommen wird, dass sie dieses für die Bewältigung ihrer Aufgaben benötigen.
Antworten
Aussage: Wenn ein Mitarbeiter für seine Arbeit auf die Suche nach einem bestimmten Wissen geht, kommt er in den meisten Fällen mit denjenigen zurecht, die zu diesem Thema über das meiste Wissen verfügen.
Antworten
Aussage: Kostenträchtige Fehler halten sich in Grenzen, weil das benötigte Wissen zum rechten Zeitpunkt oder an der passenden Stelle zur Verfügung stand.
Antworten
Teilen von Wissen
Hinsichtlich der Frage, wie Wissen im Unternehmen geteilt und zur Verfügung gestellt wird, setzen die befragten Unternehmen stark auf informelle Kommunikation.
Das Teilen von Wissen wird dabei in den Unternehmen ermöglicht…
a) … über interne Diskussionsrunden und Meetings
b) …über interne und/oder externe Bildungsmaßnahmen, Kurse, Seminare etc.
c) …über informelle Face-to-Face-Kontakte
Hinsichtlich strukturierter Verfahren und Methoden der Wissensteilung, setzen die Unternehmen auf eine Wissensvermittlung…
a) …über Berichte, Handbücher, schriftliche Anweisungen, Leitfäden etc.
b) …über Fallstudien von abgeschlossen Projekten
c) …über Rotation von Wissensträgern in unterschiedlichen Abteilungen
d) …über Archivierungs-, Bibliotheks- und Dokumentationsdienste
e) …über Informationstechnologien (Datenbanken, Intranet, Groupware)
Nutzung von Wissen
Die Nutzung des im Unternehmen verfügbaren Wissens ist nach Einschätzung der der absoluten Mehrheit der befragten Unternehmen mindestens zum größten Teil gewährleistet.
Aussage: Neu entwickeltes oder erworbenes Wissen wird, nachdem es mit anderen geteilt wurde, stets schnell durch die Mitarbeiter, für die dieses Wissen bestimmt ist, eingesetzt.
Antworten
Widerstände
Wenn es in den Unternehmen der Umfrageteilnehmer Widerstände gibt, neues, geteiltes Wissen anzunehmen, so ist dies in der Regel mit dem Festhalten an Tradiertem begründet.
Aussage: Mitarbeiter „hängen“ in hohem Maße an ihren Gewohnheiten und Routinen (wir haben stets auf diese Art gearbeitet und dies hat immer gut funktioniert).
Antworten
Andere Faktoren wie fehlender Einbezug der betroffenen Mitarbeiter, mangelnder Mehrwert neu generierten Wissens oder Veränderungsresistenzen älterer Mitarbeiter finden überwiegend lediglich geringe oder sehr geringe Zustimmung.
Evaluierung von Wissen
Ein gemischtes Bild ergibt sich bei der Evaluierung von Wissen, insbesondere beim „Aussortieren“ bzw. Ersetzen nicht mehr benötigten Wissens.
Aussage: Wir kennen das im Unternehmen verfügbare Wissen, das nicht mehr für die Ausführung unserer Strategie benötigt wird.
Antworten
Aussage: In unserem Unternehmen sind keine Mitarbeiter zu finden, für die gilt, dass mehr als 50 Prozent des Wissens dieser Personen nicht (mehr) bedeutsam für die Ausführung unserer Strategie ist.
Antworten
Erstellung von Wissensbilanzen
Nur vier Prozent der Umfrageteilnehmer haben bereits eine Wissensbilanz erstellt. In zwei Drittel der befragten Unternehmen wurde hingegen eine Wissensbilanzierung noch nie durchgeführt (66%). Jedem vierten Unternehmen ist das Thema „nicht bekannt“ (25%). Bei weiteren fünf Prozent wird die Erstellung einer (ersten) Wissenbilanz zurzeit gerade vorbereitet.
Dass die Umfrageteilnehmer die Verantwortung für die Wissensbilanz überwiegend bei der Geschäftsführung sehen, lässt die strategische Komponente dieses Instruments deutlich werden.
Frage: Wer ist für Wissensbilanzierung in Ihrem Unternehmen zuständig oder sollte zuständig sein?
Antworten
Resümee
Als Grundaussage der Umfrage kann festgehalten werden, dass Wissensmanagement von den Umfrageteilnehmern als wichtiges Thema wahrgenommen wird und eine unmittelbare Verknüpfung zur Unternehmensstrategie gesehen wird. Interesse am Thema haben insbesondere Kapitalgesellschaften. Bei Wissensermittlung, Wissensinventarisierung und Wissenstransfer setzen die Unternehmen eher auf informelle denn auf strukturierte Verfahren. In dieses Bild passt auch, dass nur 4% der Umfrageteilnehmer bereits eine Wissensbilanz – ein typischer Vertreter eines strukturierten Wissensmanagements – durchgeführt haben und lediglich 5% dies planen. Verbesserungspotenziale im Wissensmanagement baden-württembergischer Unternehmen sind daher durch die Anwendung strukturierter Verfahren wahrscheinlich. Der RAK BW des BDU und das Kompetenzzentrum Unternehmensberatung werden dies in Pilotprojekten in den kommenden Monaten evaluieren und die Ergebnisse beim 4. Freiburger Mittelstandskongress am 08. Oktober 2008 vorstellen.´
Um zu den anderen Beiträgen dieser Serie zu gelangen, klicken Sie bitte einen der nachfolgenden Hyperlinks.Teil 1Grundlagen der Wissensbilanzierung
Teil 3: Erstellung einer Wissensbilanz
Teil 4: Erfahrungsbericht IT-Dienstleister
Teil 5: Von der Theorie zur Praxis
Teil 6: Wissensmanagement wird unverzichtbar
Quellen: [1] Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Wissensbilanz – Made in Germany“, Berlin, 2006; [2] Mathieu Weggemann: „Wissensmanagement“, Heidelberg, 1999
Autoren-Verweis
Kompetenzzentrum Unternehmensberatung
Prof. Dr. Friedrich Augenstein
Berufsakademie Stuttgart
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