Doch was ist Vertrauen? Und wovon hängt es ab, ob einem eine Person Vertrauen schenkt? Rein vom Zufall? Dann wäre das Entstehen von Vertrauen nicht beeinflussbar! Oder folgt das Fassen von Vertrauen klaren Regeln? Dann wäre sein Entstehen beeinflussbar! Wir reden viel und oft über Vertrauen. Doch was es ist und wie es entsteht, das ist uns keineswegs klar. Höchste Zeit also, einmal genauer hinzuschauen und der Sache auf den Grund zu gehen.
Voraussetzung: Glaubwürdig und authentisch sein
Wir wissen: Vertrauen ist ein Geschenk. Und dieses Geschenk muss man sich erarbeiten, verdienen und positiv bestätigen – sonst wird es einem wieder entzogen. Vertrauen ist die feine Würze und Krönung des menschlichen Miteinanders, und es bewirkt oft wahre Wunder. Denn Vertrauen ist ein entspannter, hochemotionaler Zustand,
- aus dem heraus offene und innige Gespräche möglich werden und
- der zu einem Austausch intimer Informationen, Gedanken, Gefühle und Wünsche führt.
- ein echten Verständnis für- und Interesse aneinander haben und
- ihr Handeln von einem aufrichtigen, gegenseitigen Wohlwollen geleitet wird.
In diesem entspannten, hochemotionalen Zustand, den man Vertrauen nennt, sind unsere Sprache und Körpersprache kongruent. Wir sind authentisch! Und erst in diesem wertvollen Zustand erleben Sie als Verkäufer Ihre Kunden wirklich echt – ohne Fassade, genauso, wie sie sind. Und erst dann können Sie als Verkäufer mit ihnen auch auf allen Ebenen offen kommunizieren, sie überzeugen und für Ihre (Verkaufs-)Ziele gewinnen. Denn in diesem Zustand ist fast alles möglich!
Das Gehirn schaltet auf den Modus „Freund“
Jetzt wissen wir, was Vertrauen ist und, was noch wichtiger ist, was es bewirkt. Doch wie entsteht Vertrauen? Interessanterweise ist Vertrauen keineswegs die Folge eines rationalen Abwägens, sondern einer rasend schnellen und meist völlig unbewussten Entscheidung unseres Gehirns. Es basiert auf einem folgenschweren Gesamturteil, das unser Gehirn bereits in den ersten Sekunden unseres Zusammenseins mit einer Person fällt, und das alles Weitere maßgeblich beeinflusst. Denn Vertrauen entsteht nur, wenn
- wir uns in der Gegenwart des Anderen wohl und sicher fühlen und
- all unsere archaischen und instinktiven Alarm-, Abwehr- und Überlebenssysteme ausgeschaltet sind.
Bei Misstrauen geschieht genau das Gegenteil. Dann sind unsere Warnsysteme weiter aktiv. Unser Radar arbeitet auf höchster Alarmstufe und unser Gehirn hat auf „Feind“ geschaltet. Also sucht es fortan nach Bestätigungen für seine negative Entscheidung, Erwartungshaltung und Einstellung. Positives wird nicht mehr wahrgenommen. Es wird ausschließlich nach Fehlern gesucht und das Negative beachtet. Wir sind also in einer „Hab-acht-Stellung“ und beäugen unseren Gesprächspartner kritisch, distanziert durch einen negativen Realitätstunnel. Befindet sich ein Kunde in diesem Modus, ist dies die schlechteste Basis für den Aufbau einer Beziehung und für ein erfolgreiches (Verkaufs-)Gespräch.
Ziel: den Glaubwürdigkeitscheck bestehen
Für unsere Ahnen in grauer Vorzeit war dieses Feind-Verhalten überlebenswichtig. Denn bei ihnen ging es nicht um Sympathie, ums Mögen und Kommunizieren, sondern um die nackte Existenz. Nahmen sie Signale des Angriffs oder der Bedrohung wahr, blieben ihnen nur die Möglichkeiten angreifen, flüchten oder in Starre verfallen.
Auch Sie kennen solche Reaktionen, wenn auch in einer weniger überlebenswichtigen Form. Bei Zeitgenossen, die Sie nicht mögen, legen Sie wahrscheinlich jedes Wort auf die Goldwaage. Ihr Gegenüber kann machen, was er will, er hat keine Chance. Denn er fiel bei Ihnen irgendwann durch den Glaubwürdigkeitscheck und wurde als „Feind“ eingestuft. Und das bleibt auch so! Es sei denn, er tut plötzlich etwas unerwartet Positives oder Sie entdecken völlig neue Seiten an ihm. Dann kann es passieren, dass Sie Ihr Urteil ändern und den Anderen auf Bewährung begnadigen.
Doch wie genau kommt es zu der folgenschweren „Freund- oder Feind-Entscheidung“ in unserem Gehirn? Ganz einfach: Sie ist das positive oder negative Ergebnis, eines unbewussten „Glaubwürdigkeitschecks“, den der Andere beim ersten Kennenlernen durchlief. Sie kennen diese spontane Prüfung, die der Volksmund „ersten Eindruck“ nennt. Er lässt sich nur schwer ändern und korrigieren.
Drei Faktoren werden bei dem Glaubwürdigkeitscheck beim ersten Kennenlernen in Sekundenschnelle gecheckt und auf Übereinstimmung hin übergeprüft, wobei die Reihenfolge zugleich eine Prioritätenfolge ist:
- Wie verhalten Sie sich (Körpersprache, Mimik, Gestik)?
- Wie klingen Sie (Stimme)? Und:
- Was sagen Sie (Sprache, Worte)?
Und
dabei geht es nicht so sehr um „richtig oder falsch“ sowie „angenehm
oder unangenehm“, sondern in erster Linie um Stimmigkeit, um
Übereinstimmung. Sie entscheidet darüber, ob Sie „echt“ wirken – ob also
Ihre verbale und non-verbale Ausstrahlung und Wirkung überzeugen.
Abhängig davon entscheidet Ihr Gegenüber, ob er Ihnen sein Vertrauen
schenkt:
Besonders wichtig: die Mimik und die Augensprache
Die
Prioritäten sind dabei eindeutig festgelegt: An erster Stelle steht
unser Verhalten – also unsere Körpersprache, Gestik und Mimik. Nichts
überzeugt Menschen mehr und nachhaltiger als ein in ihren Augen
eindeutiges, klar erkennbares, insgesamt positives Verhalten. Und kaum
etwas stößt uns so ab oder sorgt für so viel Misstrauen, wie ein
Verhalten, das feindselig oder nach Täuschung aussieht.
An
zweiter Stelle folgt die Stimme. Schon der Volksmund weiß: Der Ton macht
die Musik. Und genau so ist es. Der Ton der Stimme kann Ihre Worte
wertvoll unterstützen, diese emotionalisieren und Ihre Botschaft
dramatisch steigern. Er kann deren Wirkung aber auch zunichtemachen.
Die „schönsten“ Worte nutzen nichts, wenn der Ton der Stimme nicht dazu
passt. Wirklich interessierte Fragen, ehrlich begeisterte Worte und
motivierend gemeinte Appelle hören sich eben auch so an. Sie klingen
anders, als wenn Sie uninteressiert, unmotiviert oder geistig abwesend
sind. Und dafür oder dagegen können Sie nichts tun. Denn Ihr Ton
offenbart unverschämt offen und ehrlich die Emotionen, die Sie gerade
empfinden.
Noch folgenschwerer ist es, wenn Ihre Mimik und die
Ausstrahlung Ihrer Augen nicht zu Ihren Worten passen. Dann können Sie
sich all Ihre schönen Worte und Ihr Engagement sparen. Denn für die
Sprache des Gesichts und insbesondere der Augen sind wir Menschen seit
Urzeiten besonders empfindlich und empfänglich. Schließlich waren sie
das eindeutigste, ehrlichste (weil kaum manipulierbare) und am
schnellsten zu erkennende Signal, wer vor einem steht: Freund oder
Feind?
Die Mimik macht die (unbewusste) Deutung der sonstigen
Körpersprache letztlich eindeutig. Sie hilft uns die anderen
non-verbalen Botschaften wie Gestik und Haltung richtig einordnen – auch
ohne, dass wir ausgewiesene Körpersprache-Experten sind. Denn diese
non-verbalen Zeichen versteht jeder Mensch. Deshalb können wir zum
Beispiel ein aufgesetztes von einem echten Lächeln unterscheiden – denn
hierbei werden unterschiedliche Muskelpartien des Gesichts aktiviert.
Und jeder Mensch weiß, dass er ein lächelndes Gegenüber mit
verschränkten Armen nicht als Bedrohung empfinden muss – außer die Mimik
und die Sprache der Augen signalisieren ihm das Gegenteil.
Sind
Sie erstaunt, dass die Sprache in der Rangliste erst an dritter Stelle
steht? Das ist tatsächlich so! Denn sie ist das jüngste Element der
zwischenmenschlichen Kommunikation und spielt erst seit ein paar
Jahrzehntausenden eine Rolle. Ein kurzer Zeitraum, verglichen mit
unserer non-verbalen Kommunikation.
Unser Verhalten, also unsere
Körpersprache und hier insbesondere unsere Mimik und Augen spiegeln
unser Innerstes wider. Sie verraten alles über unsere wahren Gefühle,
Absichten und Charaktereigenschaften. Hier lässt sich so leicht nichts
vortäuschen. Und genau deshalb ist das Verhalten auch das A und O beim
Glaubwürdigkeitscheck, der über vertrauen oder nicht vertrauen
entscheidet.
Mut zu mehr Persönlichkeit
Vertrauen
heißt also vor allem, sich wechselseitig „trauen“. Und es wird nur
Personen geschenkt, die einem offen und ehrlich als Freund begegnen und
dies durch ihr Verhalten bestätigen. Nur bei ihnen schalten Kunden,
nachdem sie den Glaubwürdigkeitscheck durchlaufen haben, ihre
Alarmsysteme aus und öffnen sich für ihr Gegenüber.
Dafür dass dies geschieht, können Verkäufer viel tun. Sie können
- sich auf den Kunden freuen,
- ihm mit einer positiven Einstellung begegnen und
- sich wirklich für ihn als Mensch (und nicht nur als Umsatz- und Provisionsbringer) interessieren.
Und
was mindestens ebenso wichtig ist: Sie können sich, weil sie wirklich
interessiert sind, als Mensch hinter dem Verkäufer zu erkennen geben.
Denn warum sollte der Mensch Kunde sich für den Verkäufer öffnen, wenn
dieser ihm als Maske gegenüber tritt?
Verkäufer sollten also den
Mut zu mehr Persönlichkeit haben. Sie sollten den Mut haben, sich
Kunden als Mensch mit Ecken und Kanten zu offenbaren. Oder anders
formuliert: Sie müssen authentisch und glaubwürdig sein. Denn dann ist
im Kontakt Kunde-Verkäufer fast alles möglich, und der Vertriebserfolg
ist fast unvermeidbar.
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