Verkäufer Hinz betritt das Büro von Geschäftsführer Müller, dem potenziellen Kunden. Nachdem sich beide begrüßt und ihre Visitenkarten ausgetauscht haben, macht Hinz erst einmal Small Talk – wie immer. Über den Stau auf der Autobahn, das Wetter, die aktuelle Finanzkrise. Zwei, drei Minuten verstreichen so. Dann legt er los. In epischer Breite erläutert Hinz dem Geschäftsführer alle ihm bekannten Merkmale und Vorzüge seines Angebotes. Nach zwölf Minuten Monolog kommt Hinz zum Schluss und fragt Müller: „Wäre das was für Ihr Unternehmen?“ Müller antwortet: „Nein.“ Und halb entschuldigend fügt er hinzu: „Aktuell ist die wirtschaftliche Entwicklung so unüberschaubar, da müssen wir unser Pulver trocken halten.“ Dann erhebt er sich und signalisiert Hinz: Das Gespräch ist hiermit nun beendet. Wieder im Auto fragt sich Hinz enttäuscht: Warum sagte Müller so schnell „Nein“? Das Gespräch hat doch so gut begonnen?
Beim Kunden gut ankommen
Verkäufer Kunz agiert im Vorfeld von Verkaufsgesprächen völlig anders: Er versetzt sich vor dem Gespräch zunächst in eine Top-Laune – mittels ein, zwei mentaler Übungen im Auto auf dem Besucherparkplatz. Denn er weiß: Wie gut ich beim Kunden ankomme, hängt weitgehend von meiner Ausstrahlung ab. Bin ich gut drauf, kommt automatisch ein Lächeln in meine Stimme und meine Augen strahlen. Außerdem signalisiert meine Mimik und Gestik Offenheit. Das ist gerade in der Startphase des Gesprächs wichtig.
So präpariert betritt Kunz das Büro von Müller. Nach der Begrüßung und dem Austausch der Visitenkarten sieht Verkäufer Kunz sein Gegenüber freundlich an und sagt erst einmal nichts. Dadurch spürt Geschäftsführer Müller sofort: Dieser Verkäufer ist anders als die meisten seiner Kollegen. Das erzeugt bei ihm eine positive Erwartungshaltung. Und er fasst Vertrauen. Zuvorkommend fragt er deshalb Kunz nach seiner Anreise und bietet ihm etwas zu trinken an. Eine lockere Plauderei entsteht.
Gezielt mit Fragen führen
Eher beiläufig erkundigt sich Kunz nach einiger Zeit nach den Erwartungen des Kunden: „Herr Müller, sagen Sie mir bitte: Was erwarten Sie von unserem Gespräch? Wünschen Sie einen allgemeinen Überblick über unsere Produkte oder interessieren Sie sich für eine spezielle Lösung?“ Daraufhin erwidert Müller: „Nun, wir stehen vor dem Problem, dass unsere Produktionskosten zu hoch sind. Dafür suche ich eine Lösung.“ Kunz greift den Hinweis sofort auf: „Was erwarten Sie von der Lösung?“ Indem er dies tut, will Kunz eine Gemeinsamkeit erzeugen. Zugleich möchte er mit der Frage erkunden: Was ist dem Kunden wichtig? Nach welchen Kriterien trifft er die Kaufentscheidung?
Für Geschäftsführer Müller ist der Preis wichtig – na klar. Noch wichtiger ist ihm aber, dass die Lösung leicht handhabbar ist und störungsfrei funktioniert. Daraufhin fragt Kunz sofort nach: „Worin würde sich für Sie zeigen, dass die Lösung leicht handhabbar ist und welche Folgeprobleme möchten Sie ausschließen?“ Denn so erfährt er, was die zentralen Kaufentscheidungskriterien des Kunden sind. Er vermittelt zudem dem Kunden durch sein Nachfragen das Gefühl: Dieser Verkäufer interessiert sich wirklich für mich und meine Probleme.
Dann hat Kunz das Gefühl: Ich habe alle nötigen Informationen. Doch um ganz sicher zu sein, fasst er die Kundenwünsche noch einmal zusammen. „Also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, legen Sie besonderen Wert auf …“ Erst nachdem ihm der Kunde dies bestätigt hat, beginnt Kunz mit der Präsentation seines Lösungsvorschlags – in einer kundenorientierten Sprache. Er sagt also nicht „Wir können ...“ oder „Unser Produkt hat ...“, sondern „Mit diesem Produkt gewinnen Sie ...“ oder „Mit dieser Lösung erreichen Sie ...“ Und nachdem er ein Nutzenargument genannt hat, erkundigt er sich, ob dieses den Erwartungen des Kunden entspricht. Er fragt also zum Beispiel nach: „Wie interessant ist das für Sie?“ oder „Entspricht diese Lösung Ihren Idealvorstellungen?“ So beugt Kunz möglichen Einwänden in der Abschlussphase vor. Nur wenn er auf seine Fragen ein „Okay“ bekommt, fährt er fort.
Den Kunden zum Träumen bringen
Beim Präsentieren seines Lösungsvorschlags verwendet Kunz zudem Ausdrücke, die im Kopf seines Gegenübers Bilder entstehen lassen – zum Beispiel „Klar wie ein Gebirgsbach“, „Prickelnd wie Champagner“ oder „Weich wie Nubukleder“. Er spricht den Kunden also auch emotional an, weil er weiß: Bei dessen Kaufentscheidung spielt der Bauch eine wichtige Rolle.
Deshalb nutzt Verkäufer Kunz bei der Präsentation auch viele Magic Words – also Wörter, die den Kunden zum Träumen bringen, weil sie in ihm positive Assoziationen wecken und ihn so zum Zustimmen verleiten. Kunz sagt zum Beispiel nicht nüchtern „Das Produkt hilft Ihnen, Ihre Ziele zu erreichen“, sondern „Mit dieser innovativen Lösung macht Ihr Unternehmen einen Quantensprung“.
Dabei sucht er regelmäßig Blickkontakt mit dem Kunden und spricht ihn mit Namen an, Und er beobachtet genau, wie Müller auf seine Fragen und Aussagen reagiert. Wirkt der Geschäftsführer gelangweilt, ändert Kunz seine Strategie. Denn er weiß: Entscheidend ist, wie meine Argumente beim anderen ankommen.
Verkäufer Kunz macht im Gespräch auch häufig Pausen. Damit verfolgt er mehrere Ziele: Zum einen möchte er Zeit zum Voraus-Denken gewinnen. Zum anderen möchte er seinem Gegenüber Zeit geben, die erhaltenen Informationen zu verdauen. Außerdem nutzt er Pausen gezielt, um die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aussagen zu lenken. Er macht Spannungspausen vor einem Highlight wie „Mit dieser Lösung können Sie Ihre Durchlaufzeit um zehn Prozent verringern.“ Und Wirkungspausen nach besonderen Aussagen wie „Auch Marktführer xy ist hiervon begeistert. Er setzt diese Lösungen inzwischen an allen Standorten ein.“
Den Verkaufsabschluss gezielt herbeiführen
Nachdem Kunz die für Geschäftsführer Müller relevanten Nutzenargumente erläutert hat, leitet er allmählich zum Abschluss über. Er gibt seine gemütliche Sitzposition auf und nimmt eine aufrechte Sitzhaltung ein. Er sieht sein Gegenüber an und fasst die drei für den Kunden wichtigsten Nutzenargumente noch einmal zusammen. „Herr Müller, Sie sehen: Mit dieser Lösung sparen Sie … Sie erzielen … und Sie nutzen …“
Dabei signalisiert die veränderte Körperhaltung und -sprache dem Kunden: Nun beginnt eine neue Gesprächsphase. Zugleich zeigt der direkte Blickkontakt ihm Offenheit, Ehrlichkeit und Stärke. Dann geht Kunz in die Offensive: „Wie machen wir jetzt am besten weiter? Wollen Sie die Lösung erst mal in einer ihrer Niederlassungen testen oder gleich die größtmögliche Kostenersparnis erzielen?“ Kunz fragt also nicht „ob“ der Kunde kaufen will, sondern nur noch „was“, „wann“, „wie viel“. Dabei achtet er auf kurze Sätze, die klar und verbindlich zum Handeln, also zur Kaufentscheidung motivieren. Und hat der Kunde sich entschieden, dann beglückwünscht er ihn – zum Beispiel mit den Worten: „Herr Müller, ich gratuliere Ihnen. Sie haben eine ausgezeichnete Entscheidung getroffen.“ Entsprechend gut gelaunt gehen Kunz und Müller auseinander ... und freuen sich auf das nächste Mal.
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