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Fachartikel, 26.05.2006
Management (allgemein)
Einführung von Risikomanagement in mittelständischen Unternehmen - Teil 1
Erster Teil eines dreiteiligen Fachbeitrages zur Einführung von Risikomanagement in Unternehmen, den Zielsetzungen und wesentlichen Risikofaktoren, die es im Rahmen des Risikomanagement zu beleuchten gilt.
Jedes Unternehmen nimmt in seinem operativen Geschäft Chancen wahr, die sich bieten, allerdings gibt es keine Chancen ohne Risiken! Risiken sind daher unvermeidbar und nicht grundsätzlich schlecht. Allerdings müssen Chancen und Risiken in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und Risiken, die für das Unternehmen existenzbedrohend sind, müssen frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Daher ist ein systematischer Prozess zur rechtzeitigen Erkennung und Bewertung von Risiken notwendig. Auch zur Begrenzung der Geschäftsführerhaftung und zur Erlangung von Fremdkapital ist ein etablierter Risikomanagement-Prozess eine Voraussetzung!

1. Ausgangslage und Zielsetzungen

Bei jeder unternehmerischen Entscheidung ergeben sich Risiken, die mal unbedeutend, aber in anderen Fällen auch existenzbedrohend sein können. Manche Risiken beinhalten kurzfristige Auswirkungen, andere erst nach langer Zeit. Risiken können im Unternehmen selbst begründet oder durch Wettbewerb, technologische Neuerungen oder veränderte gesetzliche Grundlagen bedingt sein. Unternehmen sind alleine schon aufgrund der Branchenzugehörigkeit und der Konjunkturlage in der Branche Entwicklungen ausgesetzt, die Abweichungen von den im Business Plan angestrebten Zielen und Strategien zur Folge haben können. Diese Entwicklungen sind für das Unternehmen sowohl mit positiven (Chancen) aber auch mit negativen (Risiken) Auswirkungen verbunden. Konsequenzen können z.B. von der rechtzeitigen Erkenntnis zukünftiger Entwicklungen des Marktumfelds und des Wettbewerbs abgeleitet werden. Auch technologische Veränderungen und Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen beinhalten Risiken- und Chancenpotenziale.

Um mit den vielfältigen Risiken und ihren sehr unterschiedlichen potenziellen Auswirkungen richtig umgehen zu können, muss ein Prozess im Unternehmen etabliert werden, mit dem alle internen und externen Risiken regelmäßig und systematisch identifiziert, erfasst, bewertet und vergleichbar gemacht werden. Die Priorisierung ergibt sich aus den kombinierten Werten zur möglichen Schadenshöhe und der Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens. Erst auf der Grundlage dieser Daten können Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Nicht alle Risiken können vom Unternehmen selber beeinflusst werden und manche Gegenmaßnahmen beanspruchen Ressourcen, die eigentlich für andere Aufgaben eingeplant waren. Daher ist es unausweichlich, dass die Auswirkungen der Ergebnisse des Risikomanagement-Prozesses auf die Planung überprüft werden. Beide Prozesse ergänzen sich gegenseitig und sind verzahnt zu behandeln.

2. Externe Risiken

Externe Risiken ergeben sich für die Gesellschaft in Form von diversen Rahmenbedingungen und Umwelteinflüsse, die nicht unmittelbar von der Gesellschaft beeinflusst werden können. Auswirkungen aufgrund von Veränderungen in der Marktlage, dem Wettbewerb, der Konjunktur, bei technologischen und rechtlichen Regelungen sind nicht auf interne Entwicklungen zurück zu führen. Eine Gegensteuerung ist aber durch strategische Anpassungen der Grundausrichtung des Unternehmens möglich, seltener durch operative Maßnahmen.

2.1. Markt- und Wettbewerbsentwicklungen

Eine erschwerte wirtschaftliche Gesamtsituation, die auf Veränderungen der Markt- und Wettbewerbsbedingungen zurückzuführen ist, stellt eine mögliche Gefahrenquelle für das Unternehmen dar. Konjunkturelle Entwicklungen, verbunden mit verändertem Beschaffungsverhalten der Kunden, können zu Umsatzeinbußen führen. Weitere Einflussfaktoren ergeben sich aus der gesamtwirtschaftlichen Situation der Branche. Neben den Marktrisiken ergeben sich mögliche Risiken durch Veränderungen des Wettbewerbsumfeldes. Bei innovativen Entwicklungsvorhaben besteht immer ein Gefahrenpotential, so dass ein Zeitvorteil verloren gehen könnte. Dies gilt insbesondere, wenn kein strategischer Partner gefunden wird, der die notwendige weitere Entwicklung finanziert oder eine schnelle Vermarktung ermöglicht.

2.2. Sonstige Rahmenbedingungen

Zu weiteren externen Einflüssen auf das Unternehmen gehören Veränderungen der rechtlichen Umfeldbedingungen. Mögliche Reformen in diesem Bereich ergeben Chancen- und Gefährdungspotentiale. I.d.R. weniger bedeutende, aber dennoch vorhandene Einflussbereiche sind Veränderungen im Handels-, Aktien- und Steuerrecht. Entwicklungen der Besteuerungs- und Bilanzierungspolitik für Unternehmen können Auswirkungen auf die Finanzlage des Unternehmens nach sich ziehen. Schließlich zählen Naturereignisse und ähnliche nicht vorhersehbare Begebenheiten zu den externen Risiken. Brände, Wasserschäden, Stürme oder ähnliche Zerstörungen von Betriebseinrichtungen (aber auch von Lagermaterial und bei Geschäftspartnern) stellen eine eher unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende Bedrohung dar.

3. Interne Risiken

Im Gegensatz zu den externen Risiken sind die internen Risiken durch Entscheidungen und Handlungen des Unternehmens selbst bedingt. Risiken aus der Leistungserstellung, im finanzwirtschaftlichen Bereich, aus der Organisation und dem Management des Unternehmens gehören in diese Kategorie. Sie sind meist durch operative Entscheidungen und Maßnahmen direkt beeinflussbar und steuerbar.

3.1. Risiken aus der Leistungserbringung

Typische Risikofelder im Rahmen der Leistungserbringung beziehen sich auf die Bereiche Beschaffung, Produktion, Absatz, Betriebsmittel und EDV. Bei den Betriebsmitteln sollten sich die Analysen z.B. auf den Grad der Auslastung der Anlagen, deren technischem Stand sowie auf zukünftige Entwicklungen in diesem Segment richten. Stellt die Funktionsfähigkeit einer technischen Einrichtung eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Gesellschaft dar, so liegen in den Ausfallwahrscheinlichkeiten Gefahrenquellen. Im Bereich der EDV spielen vor allem Aspekte der Sicherung von relevanten Daten vor Verlust und Fremdzugriff, Zugriffsrechte für autorisierte Personen und die Wirtschaftlichkeit der Datenverarbeitung eine große Rolle. Dazu kommen Entscheidungen zwischen Fremdvergaben oder Eigenentwicklungen von Programmierungen.

Im Bereich der Beschaffung ergeben sich z.B. Vertragsrisiken mit den Lieferanten. Durch die Ausgestaltung der Vertragsmodalitäten entstehen in erster Linie Preisrisiken, aber auch die Qualität der gelieferten Produkte, die Liefertreue sowie Abhängigkeiten von nur wenigen Lieferanten stellen weitere Gefahrenpotenziale dar.

Zu den Leistungserbringungsrisiken der Gesellschaft zählen u.U. auch mögliche Mängel in der Funktionsfähigkeit und der Ordnungsmäßigkeit der Auftragsbearbeitung. Falsche Abrechnungen gegenüber den Kunden oder den Lieferanten bedeuten erhebliche Verlustpotentiale. Auf lange Sicht können sich Gefahren aus der Zusammensetzung des Produktprogramms ergeben, wenn einzelne Produkte nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Aufgrund fehlender Produktinnovationen, durch ungenügende Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, kann es zu Wettbewerbsnachteilen kommen. Schließlich bestehen im Bereich des Absatzes mögliche Risiken für das Unternehmen, z.B. in Form von Preisrisiken. Vielleicht besteht die Gefahr von steigendem Preisdruck und geringeren Margen als Ergebnis eines gestiegenen Wettbewerbs. Vertrieb und Marketing sollten Absatzrisiken mit gleichem Engagement entgegenwirken, wie sie auf der anderen Seite auf die Zielerreichung hin arbeiten. In der Qualifikation der Vertriebsmitarbeiter bei der Generierung neuer Kunden, der Wahl der Absatzwege sowie der Identifikation neuer Zielgruppen bestehen Möglichkeiten positiver oder negativer Einflussnahmen. Neben der Preis- und Konditionspolitik ist die Kundenstruktur ebenfalls bei den Absatzrisiken zu subsumieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Unternehmen von wenigen großen Kunden abhängig ist, die einen hohen Anteil am Umsatz ausmachen.

3.2. Finanzwirtschaftliche Risiken

Ein Schwerpunkt im monetären Bereich ist die Sicherung der Liquidität der Gesellschaft. Durch risikobehaftete Entscheidungen könnte sich für das Unternehmen ein zusätzlicher Kapitalbedarf ergeben, der über den geplanten Liquiditätsabflüssen liegt. Eine zu hohe Burn-Rate kann u.U. zu drohenden Liquiditätsengpässen bis hin zur Zahlungsunfähigkeit führen. Dieser Effekt wird durch niedrige Gewinnspannen und fehlende margenstarke Kunden verstärkt. In diesem Zusammenhang kann auch die Zielerreichung zu Umsatz- und Eigenkapitalrendite gefährdet sein.

Weitere Probleme im finanzwirtschaftlichen Sektor können sich aus der Finanzorganisation und aus dem Verhalten bei Kreditgeschäften ergeben. Ausfälle oder Verschiebungen von Zahlungen der Kunden sowie ungenaue Planungsprozesse oder fehlerhafte Prämissensetzungen bergen Gefahrenpotentiale.

3.3. Risiken aus dem Management und der Organisation

Nicht zuletzt liegen potenzielle Chancen- und Gefahrenquellen in der Organisation und im Management. Die gewählte Aufbau- und Ablauforganisation sowie Kommunikations- und Berichtswege im Unternehmen sowie der Entscheidungsfindungsprozess können positive oder negative Einflüsse auf die Erreichung der Unternehmensziele haben. In diesem Zusammenhang sind mögliche Gefahren zu erwähnen, die sich aus unzureichenden Informationssystemen ergeben, die dem Management die zügige und richtige Entscheidungsfindung erschweren. Ebenfalls in den Bereich dieser Risiken fallen die Gefahren, die sich aus einer zu hohen Mitarbeiter-Fluktuationsrate oder einer ungenügenden Motivation der Mitarbeiter ergeben. Solche Faktoren wirken sich fast immer nachteilig auf die Leistungsbereitschaft und die Produktivität der Organisation aus.

4. Überblick über mögliche Risiken

Eine zusammenfassende Übersicht über die verschiedenen bisher vorgestellten Risikobereiche gibt die folgende Auflistung, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und für die Gegebenheit in einem speziellen Unternehmen ergänzt oder angepasst werden muss:

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Externe Risiken
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::: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen (z.B. Wachstum, Kaukraft)

::: Gesetzliche Verordnungen, regulatorischer Rahmen zur Ausübung des Geschäftes (z.B. Umweltauflagen, Dosenpfand, Arbeitsschutz, Datenschutz, zusätzliche Auflagen, ...)

::: Geänderte Vergaberichtlinien für Fremdkapital

::: Änderungen im Kaufverhalten (Produktsubstitutionen, veränderte Einstellungen und Vorlieben)

::: Allgemeiner Preisverfall

::: Konkurrenz aus Niedriglohn-Ländern

::: Energie- und Treibstoffkosten

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Technologische Risiken
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::: Veränderungen auf der Lieferantenseite

::: Fehlende Entwicklungsressourcen

::: Ausfall eines Entwicklungspartners

::: Ähnliche Produkte vom Wettbewerb schneller auf dem Markt als die Eigenen

::: Technologische Entwicklungen, die bestehende Produkte ersetzen

::: Verzögerungen bei der Fertigstellung neuer Produkte

::: Neue Wettbewerber mit moderner Fertigungstechnologie

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Leistungswirtschaftliche Risiken
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::: Abhängigkeit von wenigen Lieferanten

::: Engpässe bei notwendigem Material

::: Abhängigkeit von wenigen Großkunden, Wegfall wichtiger Großkunden

::: Vermarktungsintensität

::: Steigende Vertriebskosten

::: Umsatzausfälle

::: Verlust von Vertriebskanälen

::: Fehler im Management von Geschäftspartnern

::: Fehlende Internationalisierung in Produktion und Vermarktung

::: Fehler in Kundenrechnungen, Forderungsausfälle

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Finanzwirtschaftliche Risiken
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::: Liquiditätsbedarf aufgrund neuer Angebote (z.B. Lease-Kauf)

::: Margenreduktion durch Wettbewerbsdruck auf Preise

::: Strittige Forderungen

::: Verlängerung bei Debitorenzielen

::: Verspätete Kapitalmaßnahmen

::: Zu niedrige Eigenkapitalquote

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Risiken aus der Organisation
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::: Fehlende Motivation

::: Unzureichende Unternehmenskultur

::: Schleppender Informationsfluss

::: Fehlende Entscheidungsbereitschaft

::: Störungen im technischen Ablauf

::: Brand, Wasserschaden etc.

::: Ausfall von Führungskräften, Kündigung von Leistungsträgern

::: Qualifikation von Mitarbeitern

::: Fehlende Nachfolgeregelung

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Lesen Sie in Kürze Im zweiten Teil, wie die Bewertung der Unternehmensrisiken, die Ableitung von Präventivmaßnahmen und Ausrichtung der Gesellschaft auf ein Risikomanagement vorzunehmen ist. Im 3. Teil erfahren Sie, was es bei der Einführung und Implementation des Risikomanagements in die Ablauf- und Aufbauorganisation und somit den unternehmerischen Alltag zu beachten gilt.
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