"Der letzte Beweis von Größe liegt darin, Kritik ohne Groll zu ertragen." (Victor Hugo)

Kritik ist eine Rückmeldung der Umwelt auf unser Verhalten, die uns helfen kann, zu lernen und zu wachsen, uns anspornen, aber auch frustrierend wirken kann. Natürlich weiß jeder, dass man Kritik im Berufsalltag nicht gleich persönlich nehmen sollte, und trotzdem fällt es den meisten Menschen schwer, sachlich und ruhig zu bleiben, wenn der Chef oder der Kollege einmal wieder am Ergebnis der eigenen mühevollen Arbeit herummäkeln. Wie wir kritische Bemerkungen aufnehmen, ob wir sie in den falschen Hals bekommen, gelassen darauf reagieren oder sogar dankbar annehmen können, liegt sowohl an äußeren als auch an inneren Faktoren:

• Der Ton macht die Musik: wenn der Ton oder die Formulierung als aggressiv und verurteilend wahrgenommen werden, haben wir kaum eine Chance dem Kritiker gelassen zu begegnen.
• Ein weiterer Aspekt ist auch, dass Kritik immer sowohl auf Inhalts- und als auch auf Beziehungsebene stattfindet und damit schnell als verletzend gedeutet wird.
• Kritisiert zu werden setzen wir oft gleich mit Kleinmachen, Erniedrigen und Statusverlust - und das wollen wir instinktiv zu vermeiden.

Typische Reaktionen sind u.a.:

• blocken/ignorieren
• sich rechtfertigen
• verbal zurückschlagen
• sich als Versager fühlen
  
• beleidigt sein
• innerlich erstarren
• Angst vor Konsequenzen

Kritik an unserem Verhalten verletzt also häufig unser Grundbedürfnis nach Selbstwert und Anerkennung, weil wir es nicht schaffen, unser Verhalten von unserer Persönlichkeit getrennt zu sehen. Wir sind aber nicht unser Verhalten!

Nachfolgend sieben Handlungsempfehlungen, wie Sie bei sich die Weichen für einen konstruktiven Umgang mit Kritik und jenen, die sie äußern, stellen.

1. Kontrollieren Sie Ihre erste Reaktion

Wenn es normalerweise Ihre erste Reaktion ist, sich bei Kritik sofort zu rechtfertigen oder persönlich zu werden, dann warten Sie erst einmal ein paar Sekunden ab, bevor Sie überhaupt reagieren. Atmen Sie tief ein und aus (!) und zählen Sie bis zehn. Das beruhigt und macht den Kopf wieder klar, da die Stresssymptome durch tiefes Atmen wieder verringert werden.

2. Fragen Sie nach

Eine der Kernfragen, die Sie sich zunächst stellen sollten, wenn Sie es mit Kritikern zu tun haben, lautet: „Auf was bezieht sich die Kritik eigentlich?“ Auf eine explizite Vereinbarung oder nur auf implizierte Erwartungen? Mit anderen Worten, handelt es sich überhaupt um berechtigte Kritik oder eher um eine ungerechtfertigte Erwartung, ein Missverständnis oder das Bedürfnis zu manipulieren? Fragen Sie also nach, warum Sie kritisiert werden und wie Sie es besser machen können.

3. Nehmen Sie zur Kenntnis

Es ist meistens hilfreich, wenn Sie die Meinung des Kritikers als „seine“ Meinung ansehen und sich gelassen klarmachen – man kann es auch anders sehen! Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. Auf diese Weise können Sie sich sogar für die Kritik bedanken – wer weiß, vielleicht war sie ja wirklich nützlich und hat Sie auf etwas Wichtiges aufmerksam gemacht?

4. Achten Sie auf Ihre Gefühle

Fühlen Sie Wut oder Angst oder Scham, Trauer…? Diese Gefühle führen Sie auf die Spur von alten Verletzungen, die noch darauf warten bewusst wahrgenommen, gefühlt und vergeben zu werden, anstatt mit Ärger oder Rückzug kompensiert zu werden.

5. Hinterfragen Sie die Motivation

Es gibt Menschen, die es gut mit uns meinen, Eltern, Lehrer, Freunde, Partner, etc. die uns „verbessern“ wollen. Hier ist es einerseits hilfreich, sich darüber bewusst zu werden, dass der andere es wohl gut gemeint hat. Andererseits sollte man in diesen Fällen darauf aufmerksam machen, dass man Kritik nur dann hören will, wenn man auch darum gebeten hat (dies gilt natürlich auch für einen selber!) und das man im Zweifel durch ein Lob noch mehr lernen könnte. Diese Vorgehensweise macht uns alle ein wenig sensibler im Umgang miteinander.

6. Machen Sie sich Ihre Fähigkeiten einmal bewusst

Wir sind das, was wir denken. Wenn wir uns unserer Fähigkeiten und Werte nicht bewusst sind, können wir auch nicht von uns überzeugt sein. Dann wird jede kritische Äußerung zu einer Waffe, die uns leicht und schnell verunsichern kann.

7. Überprüfen Sie Ihr Selbstbild

Müssen Sie eigentlich immer perfekt sein? Verletzt und gekränkt reagieren wir nämlich meist nur dann, wenn unser innerer Kritiker uns schon vorher verurteilt hat, ohne dass es uns bewusst war. Wären wir wirklich restlos von uns und unserem Tun überzeugt, würde es uns nicht kratzen, wenn andere etwas an uns auszusetzen haben. Wie müssten Sie über sich denken, um gelassener zu sein?

Das Interessante ist, dass die Veränderung der Einstellungen und Ansichten über sich selbst, auf Dauer zu einer souveräneren, gelasseneren Reaktion führen. Freuen Sie sich also auf die nächste „kritische“ Situation – jetzt können Sie gleich Ihre neuen Einstellungen und Fähigkeiten üben. Schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!